Jetzt in der dunkleren Phase des Jahres und insbesondere zum Weihnachtsfest kommt bei vielen Menschen wieder das Verlassensein und die Einsamkeit zur Erscheinung. Zwar ist die Zeit der Großfamilie vorbei. Doch in vielen Institutionen können Menschen der Einsamkeit entfliehen, meint luckx – das magazin.
Gesellschaftliches Phänomen
Neben vielen anderen Institutionen können insbesondere Sportvereine Einsamkeit in unserer Gesellschaft effektiv vorbeugen und lindern. Zu diesem Schluss kommt die wissenschaftliche Begleitung des vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) durchgeführten Projekts „Verein(t) gegen Einsamkeit“. In den rund 86.000 Sportvereine besteht die Möglichkeit, durch niedrigschwellige Angebote, meist in der direkten Nachbarschaft, soziale Kontakte zu finden. So können sie ein wichtiger Partner in der Bewältigung von Einsamkeit in unserer Gesellschaft sein und ein Ort des Wohlfühlens und der Gemeinsamkeit bieten. Kernergebnis des Projekts und des wissenschaftlichen Abschlussberichts ist, dass insbesondere leicht zugängliche, alltagsnahe Angebote von Sportvereinen effektiv zur Vorbeugung und Linderung von Einsamkeit in unserer Gesellschaft beitragen können. Dazu sollte das Bewegungsangebot sich in die Routinen der Menschen einbinden lassen – also beispielsweise dort stattfinden, wo sich Menschen ohnehin in ihrem Alltag aufhalten. Die Hemmschwelle zu einer Teilnahme sollte grundsätzlich so niedrig wie möglich sein. Sportvereine können etwa kostenlose Schnupperkurse anbieten, bei denen Menschen sich nicht direkt zu einer regelmäßigen Teilnahme verpflichten müssen.
Ein Tabu-Thema
Einsamkeit ist in unserer Gesellschaft eigentlich ein Tabu-Thema. Es gibt vielfältige Angebote unterschiedlichster Prägung, die genutzt werden könnten. Doch es sind wir Menschen, die sich dazu aufraffen müssen. Wir können nur dann der gefühlten Einsamkeit entfliehen. Wenngleich die Enttabuisierung von Einsamkeit in unserer Gesellschaft wichtig ist, sollten Sportvereine in der Kommunikation ihrer Angebote den Fokus auf die positiven Aspekte der Gemeinschaft legen und nicht so sehr auf die Einsamkeit als vermeintliches Defizit. Durch eine wertschätzende Gemeinschaft in Sportvereinen, die Vertrauen, Sicherheit und gemeinsame Erlebnisse schafft, werden Menschen mit Einsamkeitserleben dazu ermutigt, regelmäßig an den gemeinschafts- und gesundheitsfördernden Angeboten teilzunehmen. Dies kann zu einer Linderung des Einsamkeitserlebens führen und vielfältige positive Effekte für ihre Gesundheit haben. Aus dem Projekt wurde offensichtlich, dass 2022 mehr als 16 Prozent aller über 10-Jährigen in Deutschland häufig von Einsamkeit betroffen waren – das entspricht rund 12,2 Millionen Menschen.
Gesundheitliche Auswirkungen
Die Belastung durch Einsamkeit kann ernsthafte negative psychische und physische Auswirkungen auf die Gesundheit betroffener Menschen haben. Studien zeigen, dass das Erleben von Einsamkeit mit depressiven Störungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert ist, die Lebenszufriedenheit beeinträchtigt und insgesamt zu einem erhöhten Sterberisiko, vergleichbar mit dem Risiko des Rauchens oder von Adipositas, führt. Einsamkeitsbelastete Menschen haben zudem eine unterdurchschnittliche körperliche Gesundheit und sind weniger häufig körperlich aktiv. Im aktuellen Einsamkeitsbarometer der Bundesregierung wird deshalb der Stellenwert des Sports und des ehrenamtlichen Engagements im Verein bei der Bewältigung von Einsamkeit ausdrücklich betont.
Das im Projekt geschaffene Wissen, die entwickelten Werkzeuge und identifizierten erfolgreichen Beispiele aus der Praxis münden in einem kostenlosen Online-Kurs. Der Kurs „Mit Bewegung aus der Einsamkeit“ richtet sich an Fachkräfte und ehrenamtlich Engagierte im Sport und bietet umfassende Unterstützung für alle, die sich mit dem Thema Einsamkeit auseinandersetzen und aktiv Lösungen schaffen möchten. Sportvereine sollten ihr Engagement für soziale Verbundenheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt vermehrt sichtbar machen. Dazu wird sich der DOSB auch nach Ende der Projektlaufzeit weiterhin dem Themenfeld widmen. So ist ab 2025 ein neues Projekt „Fit und verbunden gegen Einsamkeit“ geplant, das vom Bundesministerium für Gesundheit sowie dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert wird. Menschen mit erhöhtem Einsamkeitsrisiko, insbesondere Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, sollen durch das neue Projekt durch Bewegungsangebote gezielt angesprochen werden. In sechs Teilprojekten sollen dazu deutschlandweit konkrete Angebote entwickelt und erprobt sowie nachhaltige Netzwerke aufgebaut werden.
Doch nur sich von einem Projekt zum nächsten Hangeln, wird dem Thema nicht gerecht. So ist wohl als Erstes das Bewusstsein für Ausgrenzung und Einsamkeit zu erlangen. Das beginnt schon bei den jüngsten Mitbürgern im Kindergarten, sollte als Thema in der Schule seinen Platz finden und im Berufsalltag sowie in der Freiheit gelebt werden. Dann lässt sich durch ein verstärktes Miteinander das Thema viel besser händeln.