Diagnose gefährlicher Herzfehler

Herz-Kreislauf-Erkrankungen nehmen in unser zivilisierten Welt ständig zu. Wir bewegen uns zu wenig, wir rauchen und trinken zu viel Alkohol. Doch es gibt auch angeborene Herzfehler, die früh erkannt werden müssen. Wie das funktioniert, hat luckx – das magazin recherchiert.

Hohes Risiko in jungen Jahren

Jedes Jahr kommen in Deutschland rund 8.700 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt. Dank medizinischer Fortschritte erreichen heute in der industrialisierten Welt mehr als 95 Prozent dieser Kinder das Erwachsenenalter. Die Bandbreite der Herzfehler ist groß – sie reichen von kleinen Löchern in der Herzscheidewand bis hin zu komplexen Fehlbildungen, die mehrere Operationen und eine lebenslange spezifische Nachsorge notwendig machen. Bei Patienten mit dem Herzfehler Fallot’sche Tetralogie nach chirurgischer Korrektur, die in der Regel innerhalb des ersten Lebensjahres erfolgt, zählen Herzrhythmusstörungen meist aus der rechten Herzkammer zu den häufigen und langfristig bedeutendsten Spätfolgen. Solche sogenannten Kammertachykardien sind lebensbedrohlich und können im schlimmsten Fall zum plötzlichen Herztod führen. Sie entstehen aufgrund von elektrisch langsam leitenden Bereichen zwischen natürlichen, anatomischen und chirurgischen Barrieren (Vernarbungen) in der rechten Herzkammer, kurz als SCAI (slow conducting anatomic isthmuses) bezeichnet.

Korrekturen erforderlich

Im Rahmen eines Forschungsvorhabens untersuchen die Kinderkardiologin Dr. Sophia Klehs und Oberarzt MUDr. Roman Gebauer, beide an der Abteilung für Kinderkardiologie am Herzzentrum Leipzig, an etwa 500 Patienten nach Fallot-Korrektur die Häufigkeit und die Entstehung der SCAI. Ebenso untersuchen die Leipziger Forscher, inwiefern der nicht-invasive Nachweis von SCAI mittels einer 3D-Kontrastmittel-Kardio-Magnetresonanztomographie (3D-KM-KMRT) und der invasive Nachweis per Katheter mit Hilfe einer elektrophysiologischen Untersuchung (EPU) und eines sogenannten elektroanatomischen Mappings (EAM) übereinstimmen. „Längerfristig können wir somit untersuchen, wie die Entstehung dieser gefährlichen langsam leitenden Bereiche aufgehalten werden kann“, erklärt Dr. Klehs. SCAI konnten bisher nur invasiv per Katheter mit Hilfe einer EPU und eines elektroanatomischen Mappings (EAM) nachgewiesen werden. Das Mapping ist eine Art dreidimensionale „Landkarte”, die Störungen der Reizleitung im Herzen anzeigt. Eine neuere Studie aus dem Jahr 2024 von Kimura et al. konnte erstmals zeigen, dass diese SCAI auch nicht-invasiv mittels 3D-KM-KMRT nachweisbar sind. „Diese nichtinvasive 3D-Herz-MRT-Diagnostik für den Nachweis oder Ausschluss von SCAI als Ursache für Rhythmusstörungen aus der rechten Herzkammer wäre für Patienten nach einer Fallot-Korrektur eine große Verbesserung. Einmal als Standard etabliert, könnte es einige invasive Untersuchungen verhindern“, betont Dr. Klehs.

Neues nicht-invasives Verfahren

Anknüpfend an die Studie von Kimura und Kollegen mit 53 Patienten, die SCAI mittels 3D-KM-KMRT mit einer hohen Zuverlässigkeit nachweisen konnte, forschen Dr. Klehs und ihr Leipziger Team im Rahmen ihrer eigenen Studie zur 3D-KM-KMRT für den Nachweis von SCAI nach Fallot-Korrektur – ergänzend oder alternativ zur EPU. Die Studie von Dr. Klehs wird in rund fünf Herzzentren, die Jugendliche und Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler herzmedizinisch betreuen, durchgeführt. Jedes Zentrum betreut zirka 500 Patienten nach Fallot-Korrektur. Die Patienten müssen keine zusätzlichen Untersuchungen durchführen lassen, sondern die regelmäßig durchgeführten Herz-MRT-Untersuchungen werden mit einer speziellen ADAS-3D-Software im Herzzentrum Leipzig ausgewertet. „Dank dieser Software könnten die rein diagnostischen EPUs zum Nachweis/Ausschluss der SCAI in Zukunft nicht-invasiv durchgeführt werden, das entspricht ca. 30-40 Prozent aller Untersuchungen mit dieser Fragestellung“, prognostiziert Dr. Klehs. Die Leipziger Forscher wollen einerseits die innovative 3D-Herz-MRT-Diagnostik für den SCAI-Nachweis bei Patienten nach Fallot-Korrektur weiter untersuchen und auswerten. Andererseits erforschen sie die Entstehung der SCAI auch bei jüngeren Patienten und im Langzeitverlauf mit Wiederholungsuntersuchungen, um so auch Risikofaktoren für SCAI zu ermitteln. Vor und nach einem Pulmonalklappenersatz (kathetergestützt oder chirurgisch) soll untersucht werden, wie sich dieser auf die Entwicklung der SCAI auswirkt.

Der schonende nicht-invasive SCAI-Nachweis ist in vielerlei Hinsicht ein Gewinn für die Patienten, denn die invasive diagnostische EPU erfordert drei venöse Zugänge, dauert etwa drei Stunden und wird in der Regel in Sedierung durchgeführt. Diagnostische EPUs, die keinen positiven SCAI-Nachweis ergeben, ließen sich mit Hilfe der 3D-KM-KMRT einsparen.

Fallot’sche Tetralogie

Die Fallot’sche Tetralogie ist die häufigste Form angeborener Herzfehler, die mit einer Blaufärbung der Haut (Zyanose) einhergehen. Eine Fallot’sche Tetralogie hat einen Anteil von etwa 20 Prozent an allen angeborenen Herzfehlern mit Zyanose. Kinder, die heute mit einer Fallot’schen Tetralogie geboren werden, dürfen in nahezu allen Fällen erwarten, die operative Korrektur ihres Herzfehlers zu überleben und zumindest die ersten drei bis vier Jahrzehnte ihres Lebens ein weitgehend normales Leben als Jugendliche und Erwachsene führen zu können. Die Kombination der vier anatomischen Fehler Pulmonalstenose, Kammerscheidewanddefekt, überreitende Aorta und Hypertrophie des rechten Ventrikels am Herzen bildet in ihrem gemeinsamen Auftreten die typische Fallot’sche Tetralogie. Étienne-Louis Arthur Fallot erkannte als Erster, dass eine seit dem 17. Jahrhundert bekannte bestimmte Kombination einzelner Fehlanlagen am Herzen immer zu dem gleichen Komplex von Symptomen führt. In seiner Erstbeschreibung 1888 bezeichnete er den komplexen Herzfehler als Maladie bleue oder als Blausucht, der heute den Namen Fallot’sche Tetralogie trägt (Quelle: Deutsche Herzstiftung).