Klimaveränderungen?

Auch wenn nicht jeder der französischen Küche zugeneigt ist, gilt Frankreich als das Land des Genusses. Das gilt auch bei den Weinen. Seit vielen Jahrzehnten legten Winzer und Genießer großen Wert auf Herkunftsbezeichnung. Das neigt sich anscheinend dem Ende zu, wie luckx – das magazin recherchierte.

Château Lafleur künftig ohne Appellation

Nun hat das angesehene Château Lafleur in Bordeaux angekündigt, seine Weine nicht mehr mit AOC-Herkunft zu versehen. Weder die Appellation Pomerol noch die Gebietsbezeichnung Bordeaux werden sich ab dem kommenden Jahrgang auf den Flaschen des Weinguts finden. Ab dem Jahrgang 2025 sollen dann die Weine des Châteaus nur noch als „Vin de France“ ausgezeichnet werden. Vin de France“ (VDF) ist eine französische Weinbezeichnung für einen Wein ohne strenge Herkunftsregeln, der seit 2009 existiert und die frühere Kategorie „Vin de Table“ (Tafelwein) ersetzt. Er erlaubt Winzern mehr kreative Freiheit, da sie Rebsorten und Trauben aus verschiedenen Regionen mischen dürfen, was die Herstellung individueller Cuvées ermöglicht. VDF-Weine können Rebsorte und Jahrgang angeben, aber nicht die spezifische Herkunftsregion.

Was „Vin de France“ bedeutet lediglich, dass der Wein aus Frankreich stammt. Winzer können Rebsorten, die nicht in strengen Appellationen erlaubt sind, mischen und eigene Kreationen schaffen. Es gibt keine spezifischen Regeln bezüglich der Weinbauregion oder der erlaubten Rebsorten innerhalb einer AOP (Appellation d’Origine Protégée) oder einer IGP (Indication Géographique Protégée), was die Herstellung origineller Cuvées erleichtert.

Warum als „Vin de France“ klassifizieren?

Die Bezeichnung „Vin de France“ erlaubt u.a. die Verwendung von Rebsorten, die nicht auf der Liste der zulässigen Sorten einer AOP oder IGP stehen. Die Trauben stammen aus Weinberglagen, die nicht als geschützte Ursprungsbezeichnung oder geschützte geografische Angabe klassifiziert wurden. Eine bewusste Entscheidung des Winzers, die strengen Vorgaben einer spezifischen Appellation zu umgehen, um mehr Freiheit bei der Weinbereitung zu haben. Damit verbunden ist eine neue Originalität. VDF-Weine bieten eine große Vielfalt an originellen und schmackhaften Cuvées, die das Ergebnis der Kreativität und Inspiration der Winzer sind. Die Kategorie kann sowohl einfache Massenproduktion als auch sehr hochwertige und anspruchsvolle Naturweine umfassen.

Eigentlich ist es eine relativ undankbare Weinkategorie, weil man in ihr tolle Weine finden kann, aber eben auch alles, was übrig bleibt. Vom furchterregendsten, billigen Fusel bis hin zu seltenen, aus alten Rebsorten hergestellten Tröpfchen… einfach alles. Seit Jahrzehnten Synonym für grobe, industrialisierte Massenproduktion, vergisst man oft, dass viele Gründe geben kann, weshalb ein Wein unter dem Logo Vin de France geführt werden kann.

Rebsorten und Lagen

Der häufigste Grund sind die Rebsorten. Jede AOP und IGP hat ihre eigene Liste zugelassener Rebsorten. Allein der Anbau der in den Listen aufgeführten Rebsorten gibt Zugang zur AOP oder IGP. Baut man Rebsorten an, die nicht auf der Liste stehen (eine einzige reicht!), wird der Wein automatisch als Vin de France abgestempelt. Pierre Cros, Winzer im Minervois hat gleich mehrere Cuvees anzubieten, die von dieser Regelung betroffen sind: Seine „Mal Aimés“, hergestellt aus alten, mediterranen Rebsorten (Picpoul noir, Alicante bouchet, Aramon, Carignan), den Rosé „Partouse“, eine fröhliche Mischung aus Aramon, Picpoul, Morrastel und Rivairenc… Ende der neunziger Jahre hat er auf seinem Weingut auch die aus Italien stammende Rebsorte Nebbiolo angepflanzt, sowie portugiesischen Touriga Nacional. Auch deren Etiketten tragen die Bezeichnung „Vin de France“.

Ein zweiter Grund kann die Lage des Weinberges sein. Wenn er von der INAO (Institut National des Appellations d’Origine) nicht als AOP oder IGP klassifiziert wurde, gilt die Produktion automatisch als Vin de France. Jede Winzerin und jeder Winzer kann sich übrigens auch frei für die Kategorie Vin de France entscheiden. Eine Herkunftsbezeichnung kann viele Vorteile haben: Einen gewissen Bekanntheitsgrad, ein gewisses Renommee, kollektives Auftreten auf dem Weinmarkt und auf Messen… Aber es gibt immer einen Gegenpart. Im Rahmen der französischen AOP und IGP sind dies mehr oder weniger strenge und einschränkende Produktionsregeln. Die Wahl, einen Vin de France zu produzieren, kann also auch als Wahl einer freien und hochwertigen Weinproduktion interpretiert werden.

Warum Château Lafleur nun zum Vin de France wird

Als Grund nannte die Inhaberfamilie Guinaudeau, dass die AOC-Vorschriften nicht die Änderungen bei der Weinproduktion zulassen würden, die aus ihrer Sicht notwendig seien. Ihre „Philosophie, neue Wege zu gehen“ habe sie zu „starken und manchmal sogar radikalen Veränderungen“ veranlasst, die entscheidend seien, wenn sie weiterhin die Lafleur-Weine produzieren wolle. Die Änderungen, die man auf Château Lafleur für notwendig erachte, seien vor allem dem „rasanten und drastischen»“ Klimawandel geschuldet. Dies habe sich zuletzt in den Jahrgängen 2015, 2019 und 2022 gezeigt.

Das Château führt nicht weiter aus, auf welche Regelungen genau es sich bezieht. In Bordeaux wird aber vermutet, dass es vor allem um Ausnahmeregelungen bei der Bewässerung von Weinbergen geht. Üblicherweise dürfen Reben dort nicht künstlich bewässert werden, nur in besonders trockenen Jahren kann man dafür Genehmigungen beantragen.

Das Château Lafleur hat keine offizielle Klassifikation im Bordeaux-System wie z. B. Premier Cru oder Grand Cru, da die Appellation Pomerol diese nicht vorsieht. Abgesehen davon verfügt das Château aber über sechs Cru-Lagen in Pomerol. Der Wein von Château Lafleur gehört zu den begehrtesten und angesehensten in der Region.