Wie alles begann

Es ist immer wie spannend zu erfahren, wie sich manche technischen Entwicklungen ausbreiten. Insbesondere dann, wenn daraus eine Erfolgsgeschichte wird. Es war eher ein Nischenprodukt als ein Renner: Das Balkonkraftwerk. Heute blinkt es fast von jedem Balkon. Wie es dazu kam, hat luckx – das magazin recherchiert.

Vom Nischenprodukt zum Solartrend

Die Energiewende ist nicht von heute auf morgen zu machen. Denn Ideologie nacht nichts über Überzeugung zu tun. Auch wenn manche es gern so hätten und bis heute noch nicht begriffen haben. Sicher ist eins: Die Energiewende hat viele Gesichter. Eines davon ist das Balkonkraftwerk. Was heute als unkomplizierte Möglichkeit für Haushalte gilt, selbst Strom zu erzeugen, hat eine spannende Entwicklung durchlaufen. Die Geschichte der Photovoltaik beginnt lange vor dem ersten Balkonkraftwerk. Schon 1839 entdeckte der französische Physiker Alexandre Edmond Becquerel den photovoltaischen Effekt – also die Fähigkeit bestimmter Materialien, durch Sonnenlicht elektrische Spannung zu erzeugen. In den 1950er-Jahren entwickelten Wissenschaftler in den USA die ersten funktionierenden Solarzellen aus Silizium, die zunächst in Satelliten und Raumfahrtmissionen zum Einsatz kamen. In den folgenden Jahrzehnten wurden Solaranlagen zwar auch auf der Erde genutzt – etwa in abgelegenen Regionen ohne Stromanschluss –, aber die Technologie war teuer und nicht für die breite Masse geeignet.

Solaranlagen für Privathaushalte

In den 1990er- und frühen 2000er-Jahren begann die Entwicklung von kleinen, modularen PV-Systemen für den Hausgebrauch. Während sich die großen Dachanlagen durch staatliche Förderprogramme etablierten, begannen einige Tüftler, kleinere Systeme zu bauen, die auch auf Balkonen oder Terrassen Platz fanden. Noch war das eher ein Hobbyprojekt, denn passende Wechselrichter und sichere Steckverbindungen fehlten weitgehend. Erst mit der zunehmenden Verbreitung von Wechselrichtern mit Netzanschluss-Funktion (Inverter) wurde es möglich, auch kleine Anlagen unkompliziert in das eigene Hausnetz einzuspeisen.

Ein wichtiger Treiber für die Verbreitung von Balkonkraftwerken war – und ist – die Gesetzgebung. In Deutschland regelt das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) seit 2000 die Einspeisung von Solarstrom. Doch das EEG war ursprünglich auf größere Anlagen ausgelegt, nicht auf Mini-Systeme. Lange herrschte rechtliche Unsicherheit darüber, ob und wie Balkonkraftwerke erlaubt sind. Erst mit der Novelle des EEG und neuen VDE-Richtlinien wurde der Weg geebnet: Seit Mitte der 2010er-Jahre sind Balkonkraftwerke in Deutschland erlaubt – wenn bestimmte technische Anforderungen eingehalten werden. Die Vereinfachung der Anmeldung, der Einsatz von Wieland-Steckdosen oder standardisierten Schuko-Steckern und die Befreiung von der Pflicht zur Umsatzsteuer bei Anlagen unter 600 Watt (heute 800 Watt) haben den Durchbruch erleichtert.

Technologische Fortschritte

Auch die Technik hat ihren Teil zur Geschichte des Balkonkraftwerks beigetragen. Besonders wichtig waren Fortschritte in den Bereichen Solarmodule: Höhere Wirkungsgrade bei gleichzeitig sinkenden Kosten machten kleine Anlagen wirtschaftlich interessant; Wechselrichter: Kompakte Geräte mit integrierter Netzsynchronisation ermöglichten es, Strom sicher ins Hausnetz einzuspeisen; Montagesysteme: Neue Halterungen und modulare Systeme erlaubten eine einfache Installation auf Geländern, Wänden oder Balkonbrüstungen. Hinzu kommt die wachsende Verfügbarkeit von Batteriespeichern, mit denen Du auch bei bewölktem Himmel oder abends vom selbst erzeugten Strom profitieren kannst.

Spätestens seit der Energiekrise 2022/23 und den steigenden Strompreisen ist das Balkonkraftwerk in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Große Baumärkte, Discounter und spezialisierte Onlineshops bieten heute Komplettsets an, die sich ohne Fachkenntnisse installieren lassen. Die Nachfrage ist so hoch, dass einige Hersteller zeitweise Lieferprobleme hatten. Auch die Politik hat das Potenzial erkannt: Immer mehr Bundesländer fördern Mini-Solaranlagen mit Zuschüssen. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Energieautarkie in der Bevölkerung.

Trends und Entwicklungen

Derzeit sind folgende Trends zu beobachten: Die Leistungsgrenze steigt: Seit 2024 dürfen in Deutschland Balkonkraftwerke bis zu 800 Watt eingespeist werden – vorher waren es 600 Watt; Smart-Home-Integration: Immer mehr Systeme lassen sich mit Apps steuern und in smarte Energiekonzepte einbinden; Design & Ästhetik: Hersteller bieten zunehmend optisch ansprechende Lösungen, z. B. schwarze rahmenlose Module oder Module mit integriertem Sichtschutz; Speicherlösungen: Mobile Powerstations und modulare Heimspeicher machen Balkonkraftwerke noch flexibler. Es wird seitens der Anbieter erwartet, dass der Markt weiter wächst – auch durch EU-weite Vereinheitlichungen und neue technische Standards.

Was als technische Spielerei begann, hat sich zu einem festen Bestandteil der Energiewende entwickelt. Das Balkonkraftwerk ist heute eine echte Option für Mieter, Hausbesitzer und alle, die ihren Stromverbrauch zumindest teilweise selbst decken wollen. Die Geschichte des Balkonkraftwerks zeigt eindrucksvoll, wie technologische Entwicklung, gesellschaftlicher Wandel und politische Entscheidungen zusammenspielen können sowie jeder daran teilhaben kann.