Schon seit einigen Jahren wird damit experimentiert, über landwirtschaftlichen Flächen eine Photovoltaikanlage zu bauen. So manches ging dabei schief. Doch anscheinend gibt es jetzt einiges positives zu berichten, wie luckx – das magazin recherchierte.
Agri-Photovoltaik
Wenn über landwirtschaftlichen Flächen Photovoltaikanlagen gebaut werden und weiterhin darunter Landwirtschaft betrieben wird, nennt man das Agri-Photovoltaikanlagen (Agri-PV). Die Flächen werden also gleichzeitig für die Pflanzenproduktion und zur Solarstromproduktion genutzt. Dabei kann die Landwirtschaft sehr vielfältig sein. Neben Ackerbau und Viehzucht steht aktuell besonders der Gemüse- und Obstbau im Fokus des Interesses. Bei der Viehzucht ist von Schwein über Rind, Schaf und Ziege alles möglich. Doch die Erfahrungen zeigen, dass bei niedriger Installation der Solarmodule die Ziegen auf die Module springen und dabei Schäden verursachen. Bei einer erhöhten Aufständerung um für Kühe Weideflächen zu nutzen, diese sich an den Ständern reiben und es dabei zu Beschädigungen der Ständer kommen kann. So bleibt als sinnvolle Nutzung nur der Obstbau möglich. Damit steigert Agri-PV die Flächeneffizienz und ermöglicht, mehr Solarstrom zu erzeugen und gleichzeitig fruchtbare Flächen für die Landwirtschaft zu erhalten. Die Agri-PV-Technologie hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt und weltweit verbreitet.
Flächennutzung
Für die Bundesrepublik Deuschland kann angenommen werden, dass 4 Prozent der landwirtschaftlichen Anbaufläche mit einer Abdeckung durch Agri-Photovoltaik ausreichen, um Deutaschland mit ausreichend Strom zu versorgen. Das entspricht etwa 2 Prozent der gesamten Fläche der Republik. Insbesondere bei den Obstsorten zeigen erste Ergebnisse Synergien. So werden die Pflanzen vor Frost, Hagel, Starkregen geschützt. Es entsteht ein Mikroklima, wodurch die Pflanzen weniger Wasser benötigen und trotzdem noch genug Sonnenstrahlen erhalten. Das Ganze ist aber von den benutzten Solarkollektoren und den Früchten abhängig. Es lässt sich wohl heute schon feststellen, dass es für Beerenobst und für manche Apfelsorten vorteilhaft ist. Ein guter Nebenerffekt: es werden 90 % weniger Pflanzenschutzmittel benötigt. Der Schatten ist vorteilhaft für die Pflanzenentwicklung. Diese bilden größere Blätter aus und es ist ein stärkeres Pflanzenwachstum zu beobachten. Es besteht kein Einfluß auf die Fruchtgröße. Aktuell wird davon ausgegangen, dass Agri-PV anscheinend nie so wirtschaftlich wie Freiflächen PV-Anlagen sein können. In der Kombination zum Beispiel beim Apfelanbau lassen sich etwa Umsätze von 15.000 Euro mit Äpfel und zusätzlich 80.000 Euro mit Strom pro Hektar erlösen.
Klimawandel
Gerade in Zeiten des Klimawandels mit zunehmender Trockenheit und Extremwetterereignissen kann so die Agri-PV mit ihrem Mehrfachnutzen vorteilhaft sein. Es kann emissionsfreier Solarstrom plus Nahrungsmittelproduktion plus Schutz der Kulturen vor Dürreschäden und Witterungseinflüssen wie Hagelschäden oder Starkregen. Herausforderungen für eine noch breitere Anwendung der Technik sind unter anderem die Investitionskosten. So liegen die Stromgestehungskosten der Agri-PV laut Angaben des Fraunhofer-ISE mit derzeit durchschnittlich 9 Cent pro Kilowattstunde noch deutlich über denen konventioneller Freiflächenanlagen. Dazu kommt, dass Landwirte, die in europäischen Ländern wie Deutschland auf Agri-PV setzen, für diese Flächen keinen Anspruch auf EU-Agrarsubventionen haben und die Anlagen einer aufwendigen baurechtlichen Zulassung bedürfen. Ein Verbesserung scheint in Sicht. Denn im novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind Innovationsausschreibungen u.a. für Agri-PV vorgesehen.
Das technische Potential für diese Anlagen ist jedenfalls mit rund 1,7 Terrawatt groß. In klimatisch geeigneten Regionen gilt die Agri-PV aufgrund von Synergieeffekten vor allem für Sonderkulturen wie Obst, Wein oder Gemüse als besonders erfolgversprechend.
Wie das im größeren Stil funktionieren kann, zeigt beispielsweise eine 2,7 MW starke Agri-PV-Anlage in der niederländischen Provinz Gelderland. Dort sind Himbeersträucher auf einer Fläche von 3,2 Hektar auf 2,50 Meter Höhe mit 10.250 halb-transparenten Modulen überdacht. Diese lassen genügend Sonnenlicht für die Pflanzen durch und schützen sie gleichzeitig vor extremem Wetter wie Hagel, Starkregen oder direkter Sonneneinstrahlung. Bisher nutzte der Betreiber Folienschutztunnel, die alle sechs Jahre entsorgt werden mussten.