Gelber Schein

Wer erkrankt und gesetzlich versichert ist, weiß was es mit dem gelben Schein auf sich hat: Diese Ausfertigung bekommt der Arbeitgeber im Krankheitsfall. Das es damit bald vorbei sein wird, hat nichts mit eventuell geringeren Krankenstand zu tun. Zukünftig werden Ärzte – wenn es den funktioniert – die Krankmeldung online erstellen. Arbeitgeber und Krankenversicherer werden dann von der Papierflut entlastet. Doch bis es soweit ist, werden weiterhin Krankmeldungen durch Papierausdruck dem Arbeitgeber zugestellt.

Wie jetzt die AOK meldete, haben gerade während der Corona-Pandemie insbesondere Erziehungs- und Gesundheitsberufe am stärksten Krankmeldungen abgegeben.

Analyse

Wie aus einer Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten der AOK-Mitglieder durch das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) zeigt, haben im Zeitraum März bis Oktober 2.672 je 100.000 Beschäftigte in dieser Berufsgruppe krankheitsbedingt im Zusammenhang mit Covid-19 an ihrem Arbeitsplatz gefehlt. Damit liegt deren Betroffenheit mehr als das 2,2-fache über dem Durchschnittswert von 1.183 Betroffenen je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte. Auch Gesundheitsberufe waren überdurchschnittlich oft im Zusammenhang mit Covid-19 arbeitsunfähig, stehen aber nicht mehr an der Spitze des Rankings. In einer früheren WIdO-Auswertung für die erste Phase der Pandemie von März bis Mai 2020 belegten Berufe in der Alten- und Krankenpflege die Spitzenplätze, jetzt finden sie sich im Ranking auf Platz 7 und 8. Medizinische Fachangestellte sind nach der aktuellen Auswertung bezogen auf den Zeitraum von März bis Oktober 2020 noch stärker betroffen und stehen mit 2.469 Erkrankten je 100.000 Beschäftigten auf Platz zwei der Liste. „Beschäftigtengruppen, die in der Pandemie weiter am Arbeitsplatz präsent sein mussten und nicht ins Homeoffice gehen konnten, sind im bisherigen Verlauf der Pandemie stärker von Covid-19 betroffen. Dies sind insbesondere Berufe mit direktem Kontakt zu anderen Menschen“, sagt Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO.

Arbeitsunfähig

Insgesamt erhielten von den 13,2 Millionen AOK-versicherten Erwerbstätigen von März bis Oktober 2020 circa 155.610 Beschäftigte von einem Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Zusammenhang mit einer Covid-19-Diagnose. Das entspricht 1.183 je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte. Dabei waren Frauen häufiger betroffen (1.378 je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte) als Männer (1.031 je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte). Krankmeldungen mit Bezug zu Covid-19 waren unter den jüngeren Beschäftigten bis zu 19 Jahren am häufigsten (1.773 je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte) und bei den über 60-jährigen Erwerbstätigen am seltensten (900 je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte) zu beobachten. Bei mehr als der Hälfte der betroffenen Beschäftigten wurde der gesicherte Nachweis der Infektion auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dokumentiert (53,9 Prozent). Bei den übrigen Fällen wurde auf den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ein klinischer Covid-19-Verdacht ohne Virusnachweis dokumentiert.

Tätigkeiten im Freien seltener von Covid-19 betroffen

Neben Berufen in der Kinderbetreuung und -erziehung waren insbesondere Medizinische Fachangestellte und Ergotherapeuten von März bis Oktober 2020 stark von Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid-19 betroffen. „Im Vergleich zu unserer ersten Auswertung für die Frühphase der Pandemie sind die erzieherischen Berufe nun in der Gesamtschau für März bis Oktober deutlich stärker betroffen. Offenbar wirkt sich hier die Entscheidung der Politik aus, Schulen und Kitas – anders als in der ersten Lockdown-Phase – offen zu halten“, sagt Schröder. Die niedrigsten krankheitsbedingten Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid-19 zeigten sich bei den Berufen in der Landwirtschaft (274 Betroffene je 100.000 Beschäftigte) und in der Nutztierhaltung (340 Betroffene je 100.000 Beschäftigte). Demnach sind Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid-19 bei Berufen wahrscheinlicher, in denen die Beschäftigten trotz Lockdown mit einer Vielzahl von Menschen in Kontakt kommen. Tätigkeiten, die eher in der freien Natur ausgeübt werden, waren dagegen mit einem niedrigeren Infektionsrisiko verbunden. „Berufe mit häufigen zwischenmenschlichen Kontakten, die aufgrund der präventiven Maßnahmen zu einer Reduzierung der Kontakte gezwungen waren oder ihren Beruf nicht ausüben konnten, hatten ein deutlich reduziertes Risiko zu erkranken“, so Schröder. Hierzu zählen beispielsweise Berufe in der Gastronomie (571 Betroffene je 100.000 Beschäftigte) oder im Kosmetikgewerbe (605 Betroffene je 100.000 Beschäftigte).

Die meisten Krankmeldungen im Oktober

Die wellenartige Prävalenz von Covid-19-Infektionen in der Bevölkerung spiegelt sich in den krankheitsbedingten Fehlzeiten der AOK-versicherten Beschäftigten wider. Im April 2020 kam es mit 330 Erkrankten je 100.000 Beschäftigte zu einem ersten Höhepunkt an Krankschreibungen im Zusammenhang mit Covid-19. Von Mai bis August 2020 zeigte sich dann ein deutlicher Rückgang, der jedoch ab September in die sogenannte „zweite Welle“ überging. Im Oktober 2020 wurde mit 417 Erkrankten je 100.000 Beschäftigte die bislang höchste Anzahl an Krankschreibungen im Zusammenhang mit Covid-19 erreicht.

Regionale Hotspots

Im Oktober 2020 lässt die regionale Verteilung der Krankschreibungen im Zusammenhang mit Covid-19 eine wesentlich geringere Belastung des Nordostens erkennen – mit Ausnahme von Berlin und vielen Regionen Sachsens. Besonders von der Ausbreitung des Virus betroffene Regionen waren im Oktober die bayerischen Landkreise Weiden in der Oberpfalz und Rosenheim. „Die regionalen Hotspots, die in den amtlichen tagesaktuellen Meldungen zum Infektionsgeschehen genannt werden, sind auch im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen zu erkennen. Das betrifft beispielsweise schon im Oktober 2020 zahlreiche Regionen Sachsens. Kurzfristig bleibt abzuwarten, ob die familiären Kontakte in der Weihnachtszeit und über den Jahreswechsel das Infektionsgeschehen in den Betrieben im neuen Jahr beeinflussen werden. Es ist zu hoffen, dass die beschlossenen Kontaktbeschränkungen zum gewünschten Erfolg führen und die Betriebe in Deutschland weiterhin auf ihre gesunden Beschäftigten setzen können“, so Schröder.