Wir sind in der glücklichen Lage, mit Bioenergie einen sehr vielseitigen energetischen Rohstoff zu haben. In ihren vielfältigen Formen leistet sie in den Sektoren Strom, Wärme und Mobilität wesentliche Beiträge zur Nachhaltigkeit. Trotz einer breiten Rohstoffbasis ist ihr Einsatz indes nicht beliebig steigerbar. In der nun vorgelegten Metaanalyse „Perspektiven fester, flüssiger und gasförmiger Bioenergieträger“ geht die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) der Frage nach, in welchen Formen und Einsatzgebieten die Bioenergie künftig laut Einschätzung maßgeblicher Studien genutzt werden soll. „Die neue Metaanalyse macht transparent, was hinter den Annahmen zur künftigen Rolle der Bioenergie in den Bereichen Strom, Wärme und Kraftstoffe steckt“, erklärt AEE-Geschäftsführer Philipp Vohrer anlässlich der Veröffentlichung der Metaanalyse im Forschungsradar Energiewende. Maßgeblichen Anteil an der Erstellung der Metaanalyse hatte das Beratungsbüro Energy Research Architecture (ERA).
Analysiert wird in dem neuen Papier die Verteilung der jeweils als verfügbar betrachteten Biomasse auf flüssige, feste und gasförmige Bioenergieträger in zwölf verschiedenen Szenarien aus sieben seit 2012 erschienenen Studien. Die Metaanalyse zeigt, dass die Schere zwischen den Szenarien bis 2050 immer größer wird. „Dies verdeutlicht die große Bandbreite an Aufgaben und den sehr unterschiedlichen Stellenwert, der der Bioenergie je nach Szenario zuerkannt wird. Zugleich dokumentiert es die enormen Chancen, aber auch die Unsicherheit, mit der es Betreiber von Biomasseanlagen in einem Umfeld viel zu niedriger fossiler Energiepreise aktuell zu tun haben“, kommentiert Vohrer.
Zwei Szenarien, die den gegenwärtigen Trend fortschreiben (Nitsch 2016; Prognos/EWI/GWS 2014), deuten darauf hin, dass die für die energie- und klimapolitischen Ziele als notwendig erachtete Bioenergiemenge bei Beibehaltung aktueller Rahmenbedingungen verfehlt würde. Eine Studie geht davon aus, dass anspruchsvolle Klimaziele auch ohne wachsende Beiträge der Bioenergie erreichbar sind (Öko-Institut/Fraunhofer ISI 2015). Die meisten Szenarien rechnen indes damit, dass auch künftig relevante Mengen an festen, gasförmigen und flüssigen Bioenergieträgern in Deutschland bereitgestellt werden. Dabei vollziehen sich jedoch Verschiebungen bei den Nutzungspfaden, die in einigen Szenarien auf Kosten der Bioenergie im Stromsektor gehen. Drei Studien bzw. Szenarien halten am heutigen Stellenwert der festen und gasförmigen Biomasse für die Stromproduktion fest bzw. bauen ihren Beitrag noch etwas aus und sehen die Bioenergie zunehmend als flexible Erzeugungsoption vor.
Übereinstimmend wird davon ausgegangen, dass die Nutzung flüssiger Biomasse zur Stromerzeugung verschwindet und feste Biomasse auch künftig der mengenmäßig wichtigste Bioenergieträger bleibt. Je nach Szenario sind die Anteile von Strom- und Wärmebereitstellung dabei recht unterschiedlich, wobei der Wärmesektor weiterhin dominiert. Die Analyse der Szenarien zeigt moderate bis deutliche Auswirkungen der Kopplung von Strom-, Wärme- und Verkehrssektor auf die Bioenergienutzung. So kann insbesondere die Elektrifizierung des Straßenverkehrs zu einer fokussierten Nutzung der Biokraftstoffe im Güter- und Flugverkehr führen. Die Biokraftstoffmengen nehmen dadurch auch in den stark auf strombasierten Kraftstoffen ausgerichteten Szenarien bis 2050 teilweise noch deutlich zu.