Wer es noch nicht weiß: Zur Hilfeleistung bei einem Unfall sind wir verpflichtet. Wer es unterlässt, kann mit einer Strafe wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt werden. Doch im Notfall hilft keine Strafe. Und jeder kann selbst einmal in so eine Situation geraten und Hilfe benötigen. Was zu tun ist, hat luckx – das magazin recherchiert.
Erste Hilfe
Bei vielen Menschen ist der letzte Erste-Hilfe-Kurs so alt wie ihr Führerschein. Dabei haben gerade erst die Fußball-Europameisterschaft und das plötzliche Zusammenbrechen des dänischen Nationalspielers Christian Eriksen uns schlagartig klargemacht, wie wichtig im Notfall Erste Hilfe ist – nicht nur im Sport. Und die Grundlagen sind schnell wieder aufgefrischt. Seit der Corona-Pandemie werden viele Kurse sogar online angeboten. Um eines vorwegzunehmen: Egal, wie gut oder schlecht das Wissen um die Erste Hilfe bestellt oder wie groß die Unsicherheit ist – der größte Fehler ist, gar nicht erst zu helfen.
In Deutschland ist Erste Hilfe nicht nur eine moralische Pflicht, sondern vor allem eine rechtliche. Daran hat sich auch durch das Coronavirus nichts geändert. Wer es unterlässt, im Notfall oder bei Gefahr Erste Hilfe zu leisten, macht sich strafbar und riskiert eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (Paragraf 323 c Strafgesetzbuch).
Wer helfen will, muss vor allem auf die eigene Sicherheit achten. Bei einem Verkehrsunfall bedeutet das beispielsweise, eine Warnweste anzulegen, den Warnblinker einzuschalten und sich hinter der Leitplanke zum Unfallort zu bewegen. Um Folgeunfälle zu vermeiden, sollte man sich als nächstes um die Absicherung des Unfallortes kümmern und ein Warndreieck am Straßenrand aufstellen – auf einer Landstraße in 100 Metern Entfernung vom Unfall, auf der Autobahn 200 Meter weit weg.
Notruf 112 wählen
Den Rettungsdienst erreichen Ersthelfer unter der 112. Bis der Rettungswagen am Unfallort eintrifft – durchschnittlich ist er in acht Minuten da – können Helfer auch telefonische Unterstützung von der Notrufzentrale bekommen.
Laut den Leitlinien des Europäischen Rates für Wiederbelebung wird bei bewusstlosen Personen kein Puls mehr kontrolliert, sondern nur noch die Atmung überprüft. Denn wer nicht atmet, hat in der Regel auch keinen Pulsschlag. Atmet das Opfer nicht oder nicht normal, gehört die Herzdruckmassage zu den wichtigsten Schritten der Ersthilfe. Dabei liegen beide Hände übereinander auf dem Brustkorb, der 100- bis 120-mal pro Minute mit ausgestreckten Armen kräftig gedrückt wird, so dass er sich fünf bis sechs Zentimeter senkt. Um eine Idee von der idealen Frequenz zu bekommen sollten solche Hits der Bee Gees „Stayin‘ Alive“ oder „Dancing Queen“ von Abba im Gedächnis abgespult werden. Diese Songs geben mit etwa 100 bpm (beats per minute, also Schläge pro Minute) den richtigen Takt für die Herzdruckmassage vor. Nach jedem Druckstoß muss der Brustkorb wieder vollständig entlastet werden. Auf eine Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung ohne eine Beatmungsmaske sollte in Zeiten von Corona dagegen verzichtet werden. Die Herzdruckmassage wird durchgeführt, bis der Rettungsdienst eintrifft.
Einen Defibrillator sollte man nur nutzen, wenn er in greifbarer Nähe ist oder ein Mithelfer ihn holen kann. Eine schrittweise Bedienungsanleitung für den Defibrillator findet sich im Gerät. Dabei darf man auf keinen Fall die Herzdruckmassage unterbrechen.
Helm auf oder ab?
Handelt es sich bei dem Unfallopfer um einen Motorradfahrer und ist er ansprechbar, kann man den Zweiradfahrer fragen, ob der Kopf verletzt ist. Ist er bewusstlos, muss der Helm ab, um die Atmung zu kontrollieren und gegebenenfalls eine Beatmung durchführen zu können. Beim Abstreifen des Helms sollte man darauf achten, dass dabei Kopf und Halswirbelsäule so stabil wie möglich bleiben und so wenig wie nötig bewegt werden.
Wenn Bewusstlose noch atmen, legt man sie in die stabile Seitenlage. Dazu greift man den Arm des Opfers, der näher beim Ersthelfer liegt, und legt ihn im rechten Winkel nach oben. Der andere Arm wird vor der Brust gekreuzt mit dem Handrücken an der Wange. Als nächstes zieht man das abgewandte Bein am Knie nach oben und rollt den Körper am angewinkelten Bein zu sich. Das Bein wird im rechten Winkel zur Hüfte auf dem Boden abgelegt. Am Ende wird der Kopf in Position gebracht, in dem man ihn leicht nach hinten überstreckt – hier gibt die zuvor an der Wange abgelegte Hand den wichtigen Halt – und den Mund leicht öffnet. Das Gesicht zeigt nach unten Richtung Boden.
Achtung, Schock!
Frieren, kalte Haut, Blässe oder Verwirrtheit können auf einen Schock hindeuten. In dem Fall ist das Opfer in die Schocklagerung zu bringen. Dazu wird die Person flach auf den Rücken gelegt und zugedeckt. Die Beine werden hochgelagert. Auch während der Schocklage sollte immer die Atmung überprüft werden.
Um Panik beim Opfer zu vermeiden, ist mit dem Opfer zu sprechen und es – je nach Zustand – zu informieren, was geschieht. Gleichzeitig sollte man dafür sorgen, dass der Verletzte möglichst ungestört vor schaulustigen Zuschauern bleibt. Auch leichte Berührungen an Hand oder Schulter können helfen, das Opfer zu beruhigen.
Um eine Ansteckung mit Corona zu vermeiden, ist der Erste-Hilfe-Kasten mit Desinfektionsmittel, einem Mundschutz sowie einer Beatmungsmaske auszustatten.