Viele unserer Mitmenschen sind seit Beginn der pandemischen Lage im Homeoffice. Seit März 2020 können sie bequem von Zuhause aus ihre Arbeit verrichten und halten zum Beispiel über Videokonferenzen den Kontakt zu ihren Kollegen. Wer noch nicht im Grünen Zuhause ist, sucht verzweifelt nach einer Immobilie. Doch ob sich das wirklich lohnt, hat luckx – das magazin recherchiert und setzt diesen Bericht fort.
Die Arbeitswelt dreht sich
Homeoffice-Regelungen in der Corona-Pandemie haben vielen Beschäftigten mehr Investitionschancen bietet auch das Hamburger Umland. Der Preisvorteil gegenüber dem Kauf in der Hansestadt ist recht groß, die Anbindung vielerorts gut. Bahnpendler aus Pinneberg, Seevetal und Ahrensburg profitieren mehr als 40 Jahre lang vom Erwerb im Speckgürtel.
Rund um Düsseldorf kommen Pendler neben Duisburg auch in Neuss und in Erkrath langfristig günstiger weg – auch dank schneller Verbindung in nur elf Minuten pro Strecke. Im Kölner Umland schafft es Hürth unter die Städte mit einem langfristigen Kaufpreisvorteil von mehr als 40 Jahren.
Damit sich das Pendeln lohnt, muss der Preisunterschied zwischen Metropole und Speckgürtel möglichst groß ausfallen. Rund um Stuttgart zum Beispiel sind die Kaufpreisvorteile im Umland verglichen mit dem Preisniveau in der baden-württembergischen Landeshauptstadt nicht so deutlich wie in anderen Städten. Das führt dazu, dass die Ersparnis im Pendleralltag schneller „verfahren“ wird. So findet sich im Stuttgarter Umland keine Stadt, in der die Kaufpreisvorteile vier Jahrzehnte oder länger Bestand haben. Pendler zehren die Ersparnis nach maximal 30 Jahren auf – wenn sie mit der Bahn fahren. Wer sich selbst hinters Steuer setzt, verfährt das gesparte Geld spätestens nach 16 Jahren.
Faktor Zeit
Neben dem Preisunterschied zwischen Stadt und Umland ist die Anbindung entscheidend. Die Pendelanalyse zeigt, dass Pendler nur langfristig profitieren, wenn die Strecke in weniger als 20 Minuten zu bewältigen ist. Besonders deutlich wird das beim Blick nach Berlin. Lediglich aus Teltow schaffen es Pendler in unter 20 Minuten in die City. Nur acht der 33 untersuchten Städte im Berliner Speckgürtel erreichen Bus- und Bahnzeiten von unter 30 Minuten pro Strecke.
Zudem verringert das Homeoffice die Pendelzeiten und -kosten. Doch Bürotage daheim lassen sich besser und angenehmer im Arbeitszimmer als am Küchentisch bestreiten. Die Wohnung im Grünen sollte also möglichst etwas größer ausfallen als die Stadtwohnung. Für eine verkehrsgünstige Lage müssen Käufer mit einem Aufschlag rechnen. Vor diesem Hintergrund hat das HWWI in diesem Jahr weitere Modellrechnungen erstellt: Wie lange profitieren Käufer vom günstigeren Umlandpreis, wenn sie mit zwei Homeoffice-Tagen pro Woche planen können, die neue Wohnung mit Arbeitszimmer 20 Quadratmeter größer ist und der Preis außerdem 20 Prozent über dem kreisweiten Durchschnitt liegt? Bei kreisfreien Städten entfällt der Aufschlag für die verkehrsgünstige Lage.
Eigenes Arbeitszimmer
Deutschlandweit beste Bedingungen gibt es unter diesen Voraussetzungen in Duisburg: Dank vergleichsweise niedriger Quadratmeterpreise lässt sich dort auch der Erwerb von 90 statt 70 Quadratmetern stemmen, um in einer großen Wohnung mit Arbeitszimmer zu arbeiten. Eine gute Anbindung sorgt dafür, dass das Office in Düsseldorf an den Bürotagen zügig zu erreichen ist. Der Kaufpreisvorteil bleibt rechnerisch 87 Jahre lang bestehen. Auf mehr als 40 Jahre kommen Langen (56 Jahre), die kreisfreie Stadt Offenbach (53 Jahre), Maintal (51 Jahre) und Dreieich (45 Jahre) – alle im Frankfurter Umland. Unter den Top Ten finden sich auch zwei Hamburger Umlandstädte: Schwarzenbek und Pinneberg bieten ebenfalls langfristige Vorteile für Teilzeit-Pendler*innen, die in einer etwas größeren und teureren Wohnung leben wollen.
Die Pendelanalyse zeigt, dass sich ein Umzug für Pendler langfristig in vielen Fällen nur lohnt, wenn ihre Ansprüche nicht mit den Entfernungskilometern wachsen. Weniger Pendel-Tage reduzieren zwar die Kosten, ein zusätzlicher Raum für das Homeoffice ist angesichts recht hoher Quadratmeterpreise aber auch jenseits der Stadtgrenze nicht überall drin. Wer länger profitieren möchte, müsste beim Erwerb selbst bei reduzierten Pendel-Tagen durch Homeoffice ein kleineres Arbeitszimmer in Kauf nehmen oder ein Objekt finden, das ohne Preisaufschlag auf den kreisweiten Durchschnitt auskommt.
Pendeln individuell betrachten
Dabei gilt: Wer sich nach Wohnen im Grünen sehnt, aber in einer Metropole arbeitet, sollte ganz genau rechnen. Unterschiedliche Kosten ergeben sich je nach Arbeitszeitmodell, Homeoffice-Regelungen und je nachdem, ob in einem Haushalt ein oder zwei Arbeitnehmer pendeln. Eine Rolle spielt auch, ob die Pendelei in die Metropole als Übergangslösung gedacht ist, weil etwa ein Jobwechsel geplant oder der Renteneintritt absehbar ist. Familien sollten berücksichtigen, dass Kinder in der Kita möglicherweise länger betreut werden müssen, während die Eltern noch in der Bahn unterwegs sind oder im Stau stehen. Auch das kostet Geld. So wird deutlich, dass es eine allgemeine Regel oder Berechnung nicht geben kann. Da sind dann wieder individuelle Berechnungen nötig.
Modellrechnung
Ausgangspunkt für die Modellrechnung sind die kalkulatorischen Kosten für den Kauf einer 70 Quadratmeter großen Eigentumswohnung aus dem Bestand zuzüglich Notargebühren (2% vom Kaufpreis) und Grunderwerbssteuer in der Metropole und im jeweiligen Umlandkreis. Der Erwerb erfolgt zum jeweiligen Durchschnittspreis des Jahres 2020, wobei in den Umlandstädten und -gemeinden der Durchschnittspreis des jeweiligen Landkreises zugrunde gelegt wird. Für die Kalkulation wird angenommen, dass die Fahrtzeiten für den Stadtbewohnenden innerhalb der City identisch sind mit denen des Pendelnden von seiner Haustür zum Bahnhof der betreffenden Stadt und vom Hauptbahnhof der Metropole zu seinem Arbeitsplatz. Zusätzliche Zeiten entstehen für Pendler*innen also vom Umland-Bahnhof zum Hauptbahnhof der Metropole. Analysiert wurden sowohl die Fahrtzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) als auch mit dem Auto.
Die Pendelkosten setzen sich aus den Ticketpreisen für Bus und Bahn beziehungsweise den laufenden Kosten für das Auto pro Kilometer zusammen. Hinzu kommen die Zeitkosten: Für den zusätzlichen Zeitaufwand durch das Pendeln wurde der im Mittel erzielte Bruttolohn im Jahr 2020 in der jeweiligen Metropole veranschlagt. In diesem Jahr wurde darüber hinaus erstmals eine weitere Variante berechnet: Eine Homeoffice-Lösung erlaubt es dem Berufspendelnden, nur noch an drei statt an fünf Tagen pro Woche ins Büro zu pendeln (130 statt 220 Tage im Jahr), dafür erfordert das Homeoffice ein zusätzliches Arbeitszimmer (20 Quadratmeter Wohnfläche mehr). Mit einem 20-Prozent-Preisaufschlag wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass verkehrsgünstig gelegene Wohnungen für Pendler*innen in den Umlandstädten und -gemeinden häufig nicht zum kreisweiten Durchschnittspreis zu haben sind. Eine Ausnahme bilden hier kreisfreie Städte.