Die Nachfrage nach Wohnmobilen, Wohnwagen und Freizeitfahrzeugen ist weiterhin sehr hoch. Das liegt nicht nur am Corona-Virus. Doch die Branche leidet unter Lieferkettenproblemen wie luckx – das magazin recherchierte.
Produktion stockt
Lieferzeiten von über einem Jahr sind in der Automobilenwelt aktuell keine Seltenheit. Die Gründe sind die Altbekannten. Die gesamte Fahrzeugbranche leidet unter Lieferschwierigkeiten. Doch die Gewinne sprudeln nur so. Denn die notwendigen Chips werden in den teureren Fahrzeugen verbaut. Da ist die Marge besser als beim Kleinwagen.
Auch die Caravaning-Industrie leidet unter Lieferproblemen wie der Caravaning Industrie Verband e.V. (CIVD) meldet. So wurden im ersten Halbjahr 2022 55.202 Freizeitfahrzeuge in Deutschland neu zugelassen. Das entspricht einem Minus von 12,2 Prozent im Vergleich zum Rekordjahr 2021, stellt aber trotzdem das zweitbeste Ergebnis der Branchengeschichte für diesen Zeitraum dar. Die Zahlen wären höher ausgefallen, doch stockende Lieferketten bereiten der Caravaning-Industrie seit über einem Jahr große Probleme. Bei den Reisemobilen fehlen insbesondere Fahrzeugchassis, weshalb die Sparte mit 40.985 Neuzulassungen ein Minus von 15,9 Prozent vermeldet. Der Caravan bewegt sich mit 14.217 Einheiten auf Vorjahresniveau (+ 0,8 Prozent).
Darüber hinaus hat der Marktführer Fiat die Fahrzeugaufbauer mit erheblichen Preisnachforderungen nach dem Caravan-Salon 2021 überrascht. Die während der Messe geschlossenen Verträge wurde kurz darauf gekündigt und neue Verträge mit mehreren tausend Euro Aufschlag angeboten. Ob Putin dieses Beispiel für seine Gaspreispolitik zugrunde legte, ist bisher nicht übermittelt worden.
Weiterhin beliebt – doch wie lange noch?
Caravaning erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit, wie die hohe Nachfrage nach Reisemobilen und Caravans zeigt. „Der Trend hin zum individuellen, naturnahen Urlaub hat lange vor der Pandemie eingesetzt und wird auch in Zukunft das Reiseverhalten vieler Menschen beeinflussen“, berichtet Daniel Onggowinarso, Geschäftsführer CIVD. Für die ersten sechs Monate des Jahres verzeichnet die Caravaning-Branche mit 55.202 Neuzulassungen das zweitbeste Ergebnis ihrer Geschichte, trotz massiver Probleme in der Produktion und Auslieferung, die durch die mangelnde Verfügbarkeit von Materialien und Bauteilen entstanden sind. Diese Entwicklung sorgt für ein Minus von 12,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresrekord. Die Neuzulassungen im Januar und Februar hatten die Werte aus 2021 sogar noch getoppt, doch Lieferkettenprobleme und globale Krisen verschärften im Laufe der folgenden Monate die Situation der Hersteller und Zulieferer erheblich.
Doch wenn die Preise weiterhin so steigen und die Qualität ins Unterirdische driftet, werden viele sich vom mobilen Camping verabschieden. Mangelnde Stellplätze, hohe Platzgebühren sind weitere Übel, die auf Camper zukommen.
Rahmenbedingungen
Im Vergleich zum Neuzulassungsrekord aus dem vorherigen Jahr liegt der Wert aber noch über den Wert aus 2020 (39.627 Einheiten). Sowohl teil- und vollintegrierte Fahrzeuge als auch kompakte Modelle sind bei Kunden und Händlern weiterhin sehr nachgefragt. Im Vergleich zu anderen Reisemobiltypen stellt sich die Versorgungslage bei Chassis für ultrakompakte Campervans besser dar, weshalb der Marktanteil dieser Modelle in diesem Jahr gewachsen ist. „Die Zulassungszahlen für Reisemobile sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und hätten sich ohne Lieferkettenprobleme dieses Jahr wahrscheinlich erneut auf Rekordniveau bewegt“, zieht Daniel Onggowinarso Bilanz.
Die Caravan-Produktion hatte im ersten Quartal des Jahres noch ein deutliches Plus von 7,9 Prozent aufgewiesen, da Caravans im Gegensatz zu Reisemobilen nicht von Fahrzeugchassis abhängig sind. Doch auch diese Fahrzeugsparte verzeichnete zum Sommer hin immer mehr lieferkettenbedingte Ausfälle, weshalb die 14.217 Neuzulassungen nur ein leichtes Plus von 0,8 Prozent darstellen. „Hersteller, die Reisemobile und Caravans produzieren, sind zuletzt vermehrt auf die Fertigung von Caravans ausgewichen, um die Produktion auszulasten und der hohen Nachfrage nachzukommen. Doch fehlendes Material und Bauteile sorgen auch in der Caravan-Produktion für immer größere Versorgungslücken“, erklärt der CIVD-Geschäftsführer.
Was wird in der zweiten Jahreshälfte erwartet?
Laut Daniel Onggowinarso werden auch die kommenden Monate die Caravaning-Industrie vor große Herausforderungen stellen: „Verlässliche Prognosen sind aktuell unmöglich. Die Rahmenbedingungen unserer Branche sind, wie bei vielen anderen Wirtschaftszweigen auch, aufgrund von Lieferketten und globalen Krisen sehr volatil. Wir hoffen auf eine Entspannung der Liefersituation bis zum Sommer nächsten Jahres und blicken trotz aller Probleme zuversichtlich in die Zukunft, denn die Begeisterung der Deutschen für Reisemobile und Caravans ist ungebrochen.“ Die Hoffnung auf einen erfolgreichen Caravan-Salon in Düsseldorf ist wohl erst einmal eingetrübt.