Sauberer werden

Alle reden über Umweltverschmutzung. Doch immer wieder werden Plastikflaschen zum Beispiel in der Mittelmeerregion ins Meer geworfen. Aber auch die deutschen Kunststoffexporte nach Asien tragen zur Meeresverschmutzung bei. So werden überall auf der Welt Lösungen gesucht, wie die Freisetzung von Mikroplastik in unsere Binnengewässer und Meere verhindert werden kann. Luckx – das magazin hat recherchiert.

Was ist Mikroplastik?

Als Mikroplastik werden feste und unlösliche synthetische Polymere – also Kunststoffe – bezeichnet, die kleiner als fünf Millimeter sind. Sie sind mit bloßem Auge kaum zu erkennen und wurden in Seen, Flüssen und Meeren gefunden, auch schon in den Sedimenten am Boden von Gewässern, sogar in der Tiefsee und in abgelegenen Meeresregionen wie der Arktis. Laut Greenpeace gibt es kaum ein Gewässer mehr auf der Welt, das nicht „plastikverseucht“ ist.

Das Problem: Die winzigen Plastikteilchen lassen sich nicht mehr aus der Umwelt entfernen. Sie sind wasserunlöslich und schwer abbaubar. Ein vollständiger chemischer Abbau kann einige hundert Jahre dauern. Und natürlich werden sie von Tieren und anderen Organismen gefressen und gelangen so in die menschliche Nahrungskette.

Woher das Mikroplastik genau stammt und wie es in die Gewässer gelangt ist noch nicht geklärt. Verschiedene internationale Studien kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass auf Kunstfasern basierende Textilien einen wesentlichen Anteil daran haben. Besonders Fleece-Materialien aus Polyester sind betroffen. Bei der Produktion und während Haushaltswäschen von Kunstfasertextilien werden – so die Beobachtung – Mikroplastikpartikel freigesetzt, die nicht vollständig von Kläranlagen zurückgehalten werden können.

Mikrofasern einfangen

Man geht davon aus“, erklärt Nicole Espey vom Bundesverband der Deutschen Sportartikel-Industrie e.V. (BSI), „dass etwa 95 Prozent der Mikrofasern hierzulande in Kläranlagen abgefangen werden, aber rund 5 Prozent gehen durch.“ In anderen Ländern, u.a. den Produktionsländern, kann der Prozentsatz wesentlich höher liegen. Der BSI beteiligte sich an dem dreijährigen multidisziplinären Forschungsprojekt „TextileMission“, das im September 2017 gestartet ist und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 1,7 Millionen Euro gefördert wurde. Der Maßnahmenkatalog war breit gefächert. Espey: „Es muss herausgefunden werden, wie hoch die Menge an Mikrofasern tatsächlich ist, die beim Waschen freigesetzt wird, es müssen Alternativen her für textiles Polyester und es müssen bessere Rückhaltetechniken in den Kläranlagen oder Waschmaschinen gefunden werden.“

Im Februar 2021 stellte TextileMission seine Ergebnisse vor. Schätzungsweise gelangen auf einhunderttausend Einwohner zwischen 2,5 und 59 Kg Mikroplastik über Kläranlagen in die Umwelt. Zur Verringerung dieser Menge präsentieren die Akteure des Forschungsprojektes zwei Lösungsansätze: Einer davon ist der Einsatz textiltechnischer Verfahren, um emissionsärmere Textilien herzustellen. Der zweite Lösungsansatz sieht vor, vermehrt auf Naturfasern zu setzen, um langfristig nachhaltige Textilien anzubieten, die sowohl umweltfreundlich produziert werden als auch beim Waschen und bei der Entsorgung keine zusätzliche Belastung darstellen.

Nachhaltigkeit

Schon jetzt reagieren verschiedene Sportmarken und präsentieren erste, optimierte Produkte. So hat Vaude gemeinsam mit dem italienischen Stoffproduzenten Pontetorto Anfang November 2017 den ersten biologisch abbaubaren Fleece „Biopile“ vorgestellt. Eine besondere Konstruktion des Stoffes verhindert die Absonderung von Mikrofasern beim Waschen und Tragen. Falls sich doch Fasern freisetzen, besteht die innere, angeraute Seite des Stoffes nicht aus Polyester, sondern zu 100 Prozent aus der Holz-Zellulosefaser Tencel von Lenzing, die auch im Meerwasser biologisch abbaubar ist.

Tatonka präsentierte für die Frühjahr/Sommersaison 2019 ebenfalls erste Biopile-Produkte von Pontetorto. Weniger Nähte sollen hier außerdem dazu beitragen, dass weniger Zuschnitt-Reste entstehen, die als Müll in die Gewässer gelangen können. Auch Polartec, größter Fleeceproduzent der Welt und Partner im Forschungsprojekt, präsentierte bereits im Herbst 2018 erste Projekte.

Mit die erste pragmatische Produktinnovation zum Thema Mikroplastik kam vom Berliner Start-up Guppy Friend. In den Guppy Friend Waschbeutel soll der Verbraucher all die Textilien packen, die leicht Fasern verlieren. Dabei soll der Beutel einerseits weniger Fasern aus den Stoffen lösen, vor allem aber soll die dichte Webart verhindern, dass sie ins Abwasser gelangen.

Das Problem dabei ist aber: Durch den Waschbeutel liegt die Verantwortung beim Verbraucher und dieser muss das Mikroplastik umsichtig entsorgen, um zu verhindern, dass es im Nachhinein vielleicht doch wieder im Wasser landet.