Ausgangssperre – und nun?

Viele Menschen können in der China-Virus-Zeit nicht so aktiv sein wie sie eigentlich möchten. Die Bundes- und Landesregierungen haben Kontaktsperren verordnet. In einigen Länder sind die Regeln soweit gehend, dass die meiste Zeit des Tages in der Wohnung verbracht wird. Luckx – das magazin hat versucht die Regelungen zusammenzufassen. Da es in einzelnen, besonders betroffenen Regionen weitergehende Regelungen gibt, können diese nur einen Überblick über die aktuelle Situation geben. Aber eines ist klar: diese Regelungen gelten vorerst bis zum 19. April 2020. Danach wird sich zeigen, ob wir alle dazu beigetragen haben, die Pandemie einzugrenzen.

Was bedeutet Ausgangssperre überhaupt?

Vereinfacht gesagt bedeutet eine Ausgangssperre bzw. Ausgangsbeschränkung, dass Menschen ihre Wohnungen oder Häuser für eine gewisse Zeit nicht mehr „ohne triftigen Grund“ verlassen dürfen. Eine generelle Ausgangssperre betrifft – anders als die Quarantäne – alle Bürgerinnen und Bürger ganz unabhängig von einer Erkrankung oder einem Verdachtsfall. In Anbetracht der Tatsache, dass trotz eindringlichen Appellen seitens aller handelnden Personen, derzeit teilweise immer noch Menschenansammlungen auf den Straßen und in den Parks unterwegs sind, soll eine Ausgangssperre zuvorderst dafür sorgen, dass die bereits erlassenen Anordnungen künftig strikt eingehalten werden. Eine Ausgangssperre wird aber mit zahlreichen Ausnahmeregelungen verbunden sein.

Auf welcher Grundlage können Ausgangssperren erlassen werden?

Durch eine Ausgangssperre werden die Grundrechte der Menschen gravierend eingeschränkt, darunter unter anderem der Allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) die Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG), die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG), die Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1, 2) und die Fortbewegungsfreiheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1).

Diese Grundrechte dürfen nur auf der Grundlage eines Gesetzes eingeschränkt werden, das die genauen Bedingungen für eine Ausgangssperre bestimmt. Das Gesetz muss einige Grundrechte, in die eingegriffen wird, wie zum Beispiel die Fortbewegungsfreiheit oder die Freizügigkeit, explizit nennen. Es bestehen also hohe Anforderungen.

Als Rechtsgrundlage kommen vor allem Normen aus dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Betracht, denn das IfSG erlaubt Maßnahmen gegenüber der Allgemeinheit, hier insbesondere die Generalklausel in § 28 IfSG. Danach können Behörden die „notwendigen Schutzmaßnahmen“ treffen, die zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten notwendig sind. In § 28 Abs. 1 S. 4 IfSG heißt es außerdem explizit, dass durch die Norm zum Beispiel die Grundrechte der Freiheit der Person und der Versammlungsfreiheit eingeschränkt werden.

Die Ausgangssperre indes ist aber eine Anordnung, das eigene zu Hause nicht zu verlassen. Ob das IfSG eine Ausnahmeregelung beinhaltet, die eine radikale Maßnahme wie Ausgangssperren ermöglicht, ist weiterhin umstritten.

Was ist jetzt noch erlaubt?

In Bayern ist eine Ausgangssperre in Kraft. So darf die eigene Wohnung nur noch aus triftigem Grund verlassen werden. Damit fährt Bayern als erstes Bundesland das öffentliche Leben fast vollständig zurück.

Erlaubt bleibt der Hin- und Rückweg zur und von der jeweiligen Arbeitsstätte (womöglich nur mit Bescheinigung des Arbeitgebers). Auch Spaziergänge oder sportliche Aktivitäten an der frischen Luft wie Joggen sind erlaubt. Dies jedoch nur alleine oder mit Personen, die im Haushalt wohnen. Einkäufe für den Bedarf des täglichen Lebens bleiben ebenso möglich, wie Besuche von Arztpraxen, Sanitätshäusern, Optikern, Hörgeräteakustikern und Gesundheitspraxen. Zudem werden auch Apothekenbesuche weiterhin möglich sein. Darüber hinaus wird auch das Tanken an Tankstellen sowie das Geldabheben bei Banken ermöglicht. Und auch Hilfeleistungen für Bedürftige können trotz Ausgangssperre getätigt werden. Unabdingbare Versorgungen von Haustieren bilden eine weitere Ausnahme.

Drohen Strafen, wenn man sich nicht an die Ausgangssperre hält?

Eine Ausgangssperre hat Ausnahmen z.B. zum Einkaufen oder Arbeiten gehen. Im Falle der Zuwiderhandlung gegen eine Ausgangssperre würde man sich nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) strafbar machen, wenn es sich um eine vollziehbare Anordnung handelt. Gemäß § 75 IfSG droht dann eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren, wenn man einer solchen Anordnung zuwiderhandelt. Zumindest eine teure Geldstrafe dürfte die Folge sein. Je nach Einkommen, können das dann mehrere tausend Euro sein. Bei einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen wäre man gar vorbestraft. Wer sich beharrlich gegen eine Ausgangssperre wehrt, dem droht letztlich eine Freiheitsstrafe.

Übrigens schützt Unwissenheit vor Strafe nicht. Auch eine fahrlässige Begehung der Verstöße sind nach § 75 IfSG mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedroht.

Wird kontrolliert?

Hierfür sind zunächst die Polizei und auch das Ordnungsamt zuständig. Ein Szenario, in welchem die örtlichen Behörden mit der Krisenbewältigung überfordert sein könnten, ist zumindest denkbar und nicht gänzlich ausgeschlossen. Dann kann es tatsächlich rechtlich dazu kommen, dass auch die Bundeswehr zu Hilfe eilt. Dafür müssen jedoch hohe Voraussetzungen erfüllt sein, denn der Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist eigentlich nach Art. 87a Abs. 2 Grundgesetz (GG) verboten. Eine Ausnahme lässt jedoch Art. 35 Abs. 2 und 3 GG zu, wonach im Katastrophenfall Amtshilfe geleistet werden darf. Dann darf die Bundeswehr sog. Amtshilfe leisten und auch im Bundesgebiet hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Darunter fielen dann auch Zwangsmaßnahmen gegenüber Personen, die sich nicht an die Anordnung halten.

Wenn ich einen systemrelevanten Job habe, brauche ich dann eine Bescheinigung vom Arbeitgeber? Oder kann jeder zu seinem Job?

Aktuell gilt, dass jeder zur Arbeit fahren darf. Allerdings auch nur das, denn erlaubt bleibt zunächst einmal „nur“ der Hin- und Rückweg zur Arbeit. Eine strenge Auslegung würde zum Beispiel für Journalisten wohl eine starke Einschränkung der Berufsausübung bedeuten. Da Presse und Rundfunk aber durch Artikel 5 des Grundgesetzes eine Sonderstellung innehaben und vom Bundesverfassungsgericht gar als systemrelevant eingestuft wurden, ist in Zeiten einer Krise wie der jetzigen gerade eine funktionierende Presse von höchster Wichtigkeit. Gerade jetzt ist der Bedarf, sich ungehindert aus allgemein zugänglichen und unabhängigen Quellen zu informieren, besonders hoch. Kommt es zur Verhängung einer Ausgangssperre, die den Weg zur Arbeit erlaubt, so können sich Journalisten auf ihre Berufsausübung berufen und ihrer Tätigkeit nachgehen. Selbst wenn es zu einer totalen Ausgangssperre kommen sollte (sofern eine Rechtsgrundlage hierfür gefunden wird), so müsste trotzdem eine Informations-Grundversorgung gegeben sein.