Nach Monaten der Balkon- und Garten-Urlaube sollen Reisen wieder erlaubt sein. Doch wie kann eine Corona-Reise aussehen? Welche Möglichkeiten bieten die Urlaubsorte in Norddeutschland? Wie schwierig ist das Einhalten der Abstandregelung? Mit diesen Fragen möchte sich luckx – das magazin auf einer Reise an die norddeutsche Küste beschäftigen. Gestartet sind wir in Braunschweig mit dem Redaktions-Wohnmobil. Denn unabhängiges Reisen scheint während der Pandemie eine sichere Sache zu sein. Alles ist an Bord. Hotelbuchungen sind nicht notwendig. Essen- und Getränkevorräte können für viele Tage gebunkert werden. Und Kontakt zur Außenwelt ist nur eingeschränkt notwendig. So steht einer Reise ohne Mitbringsel Corona-Virus nichts im Wege.
Start in Braunschweig
Nachdem das Fahrzeug nach langer Standpause gereinigt und Virus fest vorbereitet ist, kommen alle unbedingt notwendigen Dinge an Board. Um die Unabhängigkeit während der Reise zu gewährleisten, werden alle Wassertanks gefüllt und zusätzliche Wasserkanister in den Stauraum gehievt. Schon beim Betanken auf dem Braunschweiger Stellplatz fallen die neuen Regeln auf: nur jeder zweite Stellplatz ist befahrbar. Um wildes dazwischen Mogeln zu verhindern, sind die insbesondere für Volksfeste beschafften Betonhindernisse aufgestellt. Diese tonnenschweren Kolosse können in keinem Fall verschoben werden. Es fällt auf, dass trotz Feiertagswochenende nicht alle Plätze belegt sind.
Zwischenstopp in Lüneburg
Wer spät startet, kommt auf keinem Fall früh an. So wird Lüneburg auch erst gegen 22 Uhr erreicht. Jetzt noch mit einem freien Stellplatz zu rechnen, wäre vermessen. Das hatte sich schon in der Vergangenheit gezeigt. Und siehe da, wer später kommt, muss ausweichen. Alle Stellplätze sind belebt. Wohl gemerkt, alle zur Verfügung stehenden. Denn auch hier ist es so geregelt, dass jeder zweite Stellplatz freizuhalten ist. Oder besser: sein sollte. Zwar halten die Wohnmobilisten die Abstandsregeln für ihre Fahrzeuge ein, doch die Campingbestuhlung wird großzügig auf dem freien Platz zwischen den Fahrzeugen verteilt. Wir haben jetzt aber nicht schulmeisterhaft nachgemessen. Doch erschien der Abstand zu gering. By the way: wir haben zwar recherchiert, dass auch bei Tieren das Virus übertragen werden kann. Doch für Wohnmobile haben wir keinen Hinweis gefunden. So sollte in Lüneburg eigentlich kein Wohnmobil infiziert werden.
In der Hansestadt mit dem mittelalterlichen Stadtkern lässt sich prima zu Corona-Zeiten bummeln. Auch an einem Feiertag herrscht buntes, aber Corona bedingt eingeschränktes Treiben. Doch Eis geht immer, Imbiss und Restaurants sind geöffnet; Abstandsregeln scheinen zu funktionieren.
Die Ostsee wartet
Das Ziel der kleinen Reisegesellschaft ist nicht die Stadt an der Ilmenau. Weiter geht’s an die deutsche Ostseeküste. Denn das Bundesland zwischen den Meeren – Schleswig-Holstein – hat sich schon für Nicht-Landeskinder geöffnet. Dagegen wollen die Nachbarn auf der östlichen Seiten nur Einheimische begrüßen. So soll die Lübecker Bucht am Nachmittag erreicht werden. Sonnenschein und angenehme Temperaturen lassen hoffen, wie die immer im Augenwinkel beobachtete Wetter-App vorhersagt. Doch zur Stellplatz-Situation gibt sie leider keine Auskunft. Erwartungsgemäß ist somit der Stellplatz in Grömitz voll belegt. Die Fahrzeuge stehen dicht an dicht. Von der Empfehlung aus Niedersachsen ist dort nichts angekommen. So bleibt nur ein Ausweichplatz mit einigen anderen Wohnmobilen zum Parken.
Die Strandpromenade ist voll mit Gästen. Wenn auch der Publikumsverkehr nicht als wildes Getümmel bezeichnet werden kann, so herrscht doch lebhaftes Treiben. Immer unter den Augen von Polizei und Ordnungsamt. Wer ein Café- oder Restaurantplatz möchte, muss mit längeren Wartezeiten rechnen. Der Aufenthalt – weder zum Anlehnen noch zum Sitzen – auf oder an der Promenadenmauer wird sofort durch Ansagen unterbunden. Die Verantwortlichen scheinen sensibilisiert für die angespannte Situation zu sein. Denn wenn jetzt im Ort der Virus verstärkt auftreten sollte, ist der „Laden wieder dicht“.
Doch Sensibilität herrscht anscheinend nur in diesem Punkt, wie zu beobachten war. Das Ordnungsamt verteilt fleißig Verwarnungszettel an Wohnmobilisten, die nicht auf dem Stellplatz parken konnten. Und das, obwohl der daran anschließende riesige Platz genug Möglichkeiten bietet. Aber auch alle Camping-Plätze im und am Ort sind voll belegt. Zum Glück gibt es „Deinen Freund und Helfer“, die Polizei. Obwohl nicht ortskundig, stehen die Beamten mit Rat zur Verfügung. So ist auch für uns das abendliche Ziel dann das wenige Kilometer entfernt liegende Dahme. Dort ist auch für uns ein Platz in der Nähe der Ostsee frei.
Dahme entpuppt sich wohl gerade zu Corona-Zeiten als der angenehmere Küstenort. Etwas beschaulicher, aber nicht weniger frequentiert. Zwar sind die touristischen Möglichkeiten wie in allen Kur- und Erholungsorten weiterhin eingeschränkt. Doch Strandkorbvermietung, Mini-Golf und Trampolin-Hüpfen geht schon. Unserer Beobachtung nach kommt es den Gästen wohl insgesamt eher auf den „Tapetenwechsel“ an. Mal andere Gesichter sehen. Statt Rauhfaser rauhe See. Wind um die Nase wehen lassen. Sand an den Füßen spüren. Vielleicht sogar Füße ins Wasser halten oder Fische fangen. All das ist schon wieder möglich.
Fazit
Wie Reisen zu Corona-Zeiten geht, konnten wir leibhaftig erfahren. Auch wenn manches noch nicht rund läuft, so scheint es vorerst zu gelingen. Dass an einigen Stellen noch nachjustiert werden muss, sei den Verantwortlichen nahegelegt. Insbesondere jetzt Gäste durch Verwarngelder zu verärgern, um damit die magere Stadtkasse aufzufüllen, schafft keine zukünftigen Gäste. Gästezufriedenheit sieht anders aus. Wer verärgert abreist, wie wir bei drei Fahrzeugen beobachten konnten, verliert rund 300,- Euro an Umsatz in der Gastronomie und im Handel. Denn jeder Wohnmobilist gibt täglich etwas mehr als 50,- Euro aus. Und aus Gesprächen mit örtlichen Gastronomen und Händlern haben wir erfahren, dass diese dringend auf jeden Euro angewiesen sind.
Ein Gedanke zu „Reisen in Corona-Zeiten“
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