Tatsachen

Wir haben alle schon davon gelesen oder gehört, das gar nicht soviel Bio-Baumwolle auf dem Markt zur Verfügung steht, wie in Bekleidung verarbeitet werden sein soll. Auch bei den recycelten Kunststofffasern sollen ebenfalls mehr Textilien angeboten werden als recycelter Kunststoff auf dem Markt vorhanden ist. Das führt unweigerlich zur Frage, wie viel Recycling steckt tatsächlich in einem T-Shirt?

Marketing-Instrument

Gern werden „grüne Argumente“ verwendet, um bei uns Verbraucher ein gutes Gewissen zu schaffen. Denn jeder möchte etwas für den Erhalt unserer Umwelt tun. So kann das Verwenden von recycelten Kunststofffasern aus Polyester (R-PET) zum Herstellen von Kleidung oder Schuhen es Unternehmen ermöglichen, den ökologischen Fußabdruck zu verringern. Aus diesem Grund könnte R-PET auch ein Marketing-Instrument werden, denn immer mehr Kunden wollen umweltbewusster einkaufen. Das Problem: „Das R-PET unterscheidet sich chemisch nicht vom so genannten Virgin-PET, also dem erdölbasierten Polyester“, erklärt Tobias Herzog von Tailorlux (Münster). Da R-PET im Einkauf jedoch teurer sei als die neu hergestellten Kunststofffasern, bestehe ein großes Missbrauchspotenzial. Tailorlux will in einem Projekt, das die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fachlich und finanziell mit 88.000 Euro fördert, einen chemischen, umweltverträglichen Marker entwickeln. Damit sollen die R-PET-Fasern beim Herstellen gekennzeichnet werden, sodass sich mit einem Sensor der Recyclinganteil eines Produktes genau bestimmen lasse.

Hohe Umweltbelastung

Textilfasern bestehen größtenteils aus Baumwoll- oder Kunstfasern, deren Produktion die Umwelt belaste. Als Ausgangsstoff für Kunstfasern aus Polyester verwende man meistens Polyethylenterephthalat (PET), das auch zum Fertigen von Plastikflaschen genutzt werde. Das so genannte „Virgin-PET“ bestehe in der Regel aus dem endlichen Rohstoff Erdöl. „Aus den Polyesterfasern von gebrauchten Textilien kann man durch chemische Verfahren Recycling-PET, auch R-PET genannt, herstellen. Die Qualität des R-PET ist dabei genauso hoch wie die des Virgin-PET. So wird der Stoffkreislauf geschlossen – ein gutes Beispiel für circular economy“, erklärt Dr. Volker Berding, DBU-Referatsleiter Ressourcenmanagement.

Missbrauchspotenzial

Für die Kunststoff- und Textilindustrie sei das R-PET deswegen eine Maßnahme, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Viele Unternehmen nutzen die recycelten Fasern außerdem, um nachhaltig orientierte Kunden für ihre Produkte zu interessieren. „Das Problem ist, dass sich R-PET und Virgin-PET chemisch nicht voneinander unterscheiden lassen. Da das recycelte Material im Einkauf jedoch teurer ist, besteht hier ein hohes Missbrauchspotenzial“, so Herzog. Billigeres Virgin-PET könne leicht als das teurere und umweltfreundlichere R-PET gekennzeichnet und verkauft werden. Dabei seien sowohl die Hersteller als auch die Einkäufer daran interessiert, nachzuweisen, dass ihre Produkte tatsächlich aus Recyclingmaterial bestehen.

Marker setzen

Hier setze das Vorhaben von Tailorlux an. Das Unternehmen entwickle stabile, umweltverträgliche Materialien, die leuchtende Eigenschaften besitzen. Beim Herstellen der R-PET werde dieses Material eingebracht und hinterlasse so einen optischen Fingerabdruck, den man mit einem einfachen Sensor auslesen könne. Das Material bleibe Teil des Produktes, zum Beispiel eines T-Shirts, selbst wenn dieses beim Recycling zerstört werde. Getestet werden verschiedene Recyclingmethoden, die unterschiedliche Zusammensetzungen von Neu- und Recyclingmaterial ergeben. Der Sensor lese die Variationen aus und füttert damit einen lernenden Algorithmus. Tobias Herzog erklärt: „Mit diesem Verfahren kann dann per Knopfdruck der tatsächliche Anteil an Recyclingfasern im Produkt festgestellt werden.“ Zusätzlich ließen sich weitere Informationen wie Chargen oder Bezugsquellen der Rohstoffe auslesen und speichern. So könnten sowohl Hersteller als auch Käufer von R-PET falsche Angaben ausschließen.