Konzentration

Sport hat viel mit Ausdauer, Kraft und Technik zu tun. Doch hier kommen die Athletinnen und Athleten vielfach an ihre Grenzen. So ist es nicht verwunderlich, dass einige immer wieder zu unerlaubten Mitteln greifen, um ihre Leistung zu steigern. Dabei gibt es eine Vielzahl von völlig ungefährlichen und erlaubten Möglichkeiten, sich optimal auf den Wettkampf vorzubereiten. So ist es auch beim Bob-Sport.

Simulation

Was für die BMW Rennfahrer im Automobilsport wie zum Beispiel in der DTM und der Formel E schon längst Realität ist, soll für die Piloten des Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) ein Trumpf in der Vorbereitung auf die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking (China) werden: das realitätsnahe Training im High-Tech-Simulator von BMW Motorsport. Der Technologiepartner rüstet den Simulator in den kommenden Monaten entsprechend um und eröffnet den BSD-Athleten damit völlig neue Möglichkeiten.

Die Simulator-Technologie in der Münchner Zentrale ist eindrucksvoll: Auf einer Plattform, die sich in drei Dimensionen bewegen kann, ist das Original-Chassis eines DTM-Rennwagens montiert. Eine gigantische Leinwand, die das Fahrzeug umgibt und auf der die visuelle Simulation läuft, macht die Illusion perfekt. Wer hier auf die virtuelle Rennstrecke geht, erlebt fast die Realität. Möglich macht dies alles unter anderem eine komplexe Software, die für die Fahrzeugentwicklung programmiert wurde und von der Motorsport Abteilung für Fahrzeugperformance und Simulation auf den Rennsport angepasst wurde.

Bob-Simulator

Kein Wunder, dass sich hier die Motorsport Fahrer die Klinke in die Hand geben, um sich auf das nächste Rennen vorzubereiten – und zwar sowohl in der DTM als auch in der Formel E. Das System ist modular, es kann jederzeit zwischen dem DTM- und dem Formel-E-Chassis gewechselt und das entsprechende Programm gestartet werden. In naher Zukunft wird eine dritte – und revolutionäre – Variante dazukommen: ein Bob für den BSD, der damit seine Erfolgsgeschichte bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften fortschreiben will.

Der aktuelle Doppel-Olympiasieger Francesco Friedrich und der viermalige Weltmeister Johannes Lochner haben im Oktober bereits Probefahrten im DTM-Simulator absolviert, um einen Vorgeschmack zu bekommen. „Es ist schon Wahnsinn, wie nahe das der Realität kommt“, sagte der elfmalige Weltmeister Friedrich. „Wenn wir so etwas für den Bobsport umsetzen, könnte man neue Bahnen viel schneller lernen und detailgetrau das Lenkverhalten verbessern. Bevor ich die selber den Eiskanal herunterfahre, weiß ich bereits, welche Fehler ich auf gar keinen Fehler machen darf und was mich am schnellsten herunterbringt. Dieses Projekt verspricht ein echter Erfolg für uns zu werden.“

Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das große Ziel, die Olympischen Winterspiele 2022. „Das Problem ist: Wir haben in Peking eine neue Bahn, die wir nicht kennen“, erklärt Lochner. „Wir fahren dort nur in diesem Winter – und dann bei Olympia wieder. Wir haben also insgesamt vielleicht nur 30 oder 40 Fahrten. Mit dem Simulator haben wir aber die Möglichkeit, die Bahn den ganzen Sommer fahren zu können und uns Kurvenlängen, Lenkpunkte und generell das Gefühl für Ein- und Ausfahrten anzueignen. Die Fahrlinie haben wir uns dann schon eingeprägt, bevor wir überhaupt bei Olympia in den Eiskanal gehen.“

Ehe es soweit ist, muss noch Entwicklungsarbeit geleistet werden, wie Julian von Schleinitz, ehemaliger Rennrodler und derzeit Doktorand im Bereich Data Science bei BMW Motorsport, erläutert: „Zunächst scannen wir die Bobbahn am Königsee und erstellten davon ein 3D-Modell, das genau wie in der Realität auch gefahren werden kann. Für die Lenk-, Fahr- und Bewegungssimulation nutzen wie unser Rennsportfahrzeug-Modell und passen es auf den Bob an. Es gibt dabei einige Gemeinsamkeiten, die wir ausnutzen können. Außerdem machen wir sehr viele Messungen mit Sensoren in unserem Versuchs-Bob in der echten Bahn und messen im Simulator dieselben Parameter. Diese Daten werden übereinandergelegt, verglichen und der Simulator auf diese Weise optimiert. Genauso arbeiten wir auch im Motorsport.“

Im nächsten Schritt leisten dann die Athleten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung, denn es muss sichergestellt sein, dass sich der Simulator auch tatsächlich so verhält, wie es in der Realität der Fall wäre – und dieses Feedback kann niemand so präzise geben wie die Piloten.

Es wird noch einige Monate dauern, ehe die Experten bei BMW Motorsport auch dieses ehrgeizige Projekt realisiert haben. Aber in einem Punkt ist sich Friedrich schon jetzt sicher: „Wenn das jemand hinbekommt, dann BMW.“