Zwar ist das Feuerwerk – in Niedersachsen – nun nicht mehr generell verboten, wie das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg entschieden hat. Verboten bleibt das Feuerwerk auf belebten öffentlichen Plätzen, Straßen und Wegen. Welche Flächen genau von dieser Regelung betroffen sein werden, legt jede Kommune selbst fest. Doch Silvester und Neujahr ist ab 21 Uhr auch das Mitführen von Feuerwerk in diesen Bereichen nicht erlaubt, und zwar bis um 7 Uhr. Es bleibt aber beim Verkaufsverbot. Denn das Ziel der Landesregierung ist Ansammlungen von Menschen zu verhindern. Legal abbrennen können die Niedersachsen auch an einsamen Orten ohnehin nur Feuerwerkskörper, die sie noch übrig haben. Doch hier ist absolute Vorsicht geboten.
Vernichtung von 100 Millionen Euro
So wissen die Notaufnahmen aus den vergangenen Jahren, dass es zu schwersten Verletzungen gekommen ist. Aber nicht nur persönliche Schicksale mit dem Silvesterböllern ist damit verbunden. So werden etwa 4.000 t Feinstaub in die Luft geblasen und ca. 200 t Müll bleibt auf den Straßen liegen, der sich aus Feuerwerkskörpern, Flaschen und Verbrennungsrückständen zusammensetzt.
Rund 8.000 Menschen erleiden vorübergehende oder bleibende Hörschäden. Die hierdurch verursachte Feinstaubbelastung entspricht etwa 2 % der gesamten Feinstaubbelastung eines Jahres und 25 % der Feinstaubbelastung, die im ganzen Jahr aus Holzfeuerung in die Umwelt gelangt (Zahlen des Umweltbundesamtes).
Grund genug, sich mit dem mit der alljährlichen Luftverschmutzungsorgie kritisch auseinanderzusetzen. Eine Vielzahl von Studien belegt, dass vor allem Patienten mit Asthma und anderen chronischen Atemwegserkrankungen auch unter kurzzeitigen massiven Luftbelastungen relevante Schäden erleiden können, wie auch Lungengesunde Schaden nehmen können. Man muss sich klarmachen, dass in unseren Städten kurzfristig Werte von bis zu 1.000 Mikrogramm/cbm Luft für Feinstaub PM 10 erreicht werden. Konzentrationen, die auch in den Folgetagen sich nur langsam ausdünnen und damit das zwanzigfache des zulässigen Grenzwertes für Feinstaub (50 µg) erreichen. Die geltenden Umweltgesetze sehen vor, dass dieser Grenzwert nur an 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. So werden allein ein bis zwei Tage für das Silvesterfeuerwerk genutzt. Eigentlich sollten Überschreitungen nur noch an sieben Tagen im Jahr möglich sein, die Übergangsfristen laufen gerade ab.
Einfluß auf Atemwegserkrankungen und Corona-Virus
In diesem Jahr kommen nun Studienergebnisse hinzu, die zeigen, dass das Mortalitätsrisiko von COVID 19 durch regionale und globale Luftverschmutzung zusätzlich negativ beeinflusst wird. In einer Ende Oktober dieses Jahres erschienenen Arbeit werden die Beiträge einer regionalen Luftverschmutzung zum Todesrisiko von COVID 19 ausführlich dargestellt und intensiv diskutiert. Die Aussage dieser Arbeit lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass der Anteil der COVID 19-Übersterblichkeit, der auf die Exposition gegenüber Feinstaubbelastung in der Umgebung zurückzuführen ist (PM 2,5) weltweit 15 % beträgt, in Europa sogar 19 % und in den besonders stark belasteten ostasiatischen Staaten sage und schreibe 27 %.
Die langfristige Exposition gegenüber Luftverschmutzung erreicht damit das Risiko des inhalativen Tabakrauchens. In China, Italien und Amerika wurden eine Vielzahl von Studien aufgelegt, die zeigen, dass die Sterblichkeit an COVID-19 eng korreliert mit der Luftbelastung in der jeweiligen Region. Andererseits zeigt sich, dass sich in Regionen mit geringer Luftverschmutzung, wie beispielsweise Teilen von Australien keine Übersterblichkeit durch COVID 19 verifizieren lässt.
Vermehrte Virenbelastung
Akute entzündliche Veränderungen, die durch die Aufnahme von Luftschadstoffen ausgelöst und unterhalten werden, erleichtern offensichtlich die Vermehrung der Viren und verschlimmern den Verlauf der Erkrankung. Zwar sind naturgemäß die Folgen einer lang anhaltenden Luftverschmutzung gravierender als die einer kurzfristigen Exposition, sehr hohe Verschmutzungsgrade, wie sie eben an Silvester anzutreffen sind, sind gleichwohl geeignet, den Verlauf von Atemwegserkrankungen nachhaltig zu beeinflussen.
Insgesamt lässt sich klar sagen, dass es nie so sinnvoll war wie in diesem Jahr, die unnötige und in vielerlei Hinsicht schädliche Belastung von Menschen, Tieren und Umwelt durch die Silvester-Böllerei zu unterlassen, zumal ja auch die damit verbundenen Feiern als eher problematisch hinsichtlich der Infektionsmöglichkeiten gelten müssen.