Wohin zieht es die Deutschen?

Die Diskussion ist voll entbrannt: Wie entwickelt sich die Arbeitswelt? Nach einem Jahr Homeoffice möchten viele Arbeitenden diese Art des Arbeiten nicht mehr missen. Doch in der Arbeitgeberwelt macht sich Angst breit: Der Überwachungsverlust und die Kontrollmanie führt zu immer stärkeren emotionalen Reaktionen in den sozialen Netzwerken. Es wird ein Horrorszenario über die immer mehr vereinsamenden Laptop-Arbeiter in ihren Kellerbüros verbreitet. Das Fehlen der sozialen Kontakte im Pausenraum und an der Kaffeemaschine wird als Verlust von Lebensqualität dargestellt. Das was heute als „Soziale Errungenschaft“ schön geredet wird, war gerade früher der Zankapfel in vielen Büroetagen: Der Plausch am Wasserkocher wurde damals mit bösen Blicken gestraft.

Reale Welt

Doch die reale Welt von Arbeitnehmenden sieht ganz anders aus. Weiterhin ist der Wunsch nach „trauten Heim“ vorhanden. Doch steigende Immobilienpreise, hohe Mieten, knapper Wohnraum in den deutschen Metropolen zwingt nach Alternativen zu suchen. Ausgelöst durch die Corona-Pandemie ist die Arbeit aus dem Homeoffice für viele alltäglich geworden, der feste Schreibtisch im Büro wurde bei einigen Arbeitnehmer von einem flexiblen Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden abgelöst. Weil auch nach der Corona-Pandemie Homeoffice ein wichtiger Bestandteil der modernen Arbeitswelt bleiben wird, ziehen immer mehr Menschen ein Leben auf dem Land in Betracht. Und das kann sich finanziell lohnen. Nach einer Studie über Durchschnittsgehälter und Lebenshaltungskosten in Bundesdeutschen Großstädten mit denen der umgebenden Landkreise ist eine umfassende Analyse entstanden. Basierend auf 128.000 Gehaltsdaten sowie Mietkosten und weiteren Lebenshaltungskosten für Transport, Nahrungsmittel und Freizeitaktivitäten in insgesamt 395 Stadt- und Landkreisen zeigt sich ein ganz anderes Bild: Wer auf dem Land wohnt und arbeitet, verdient oft weniger als in der Großstadt. In der Regel bleibt am Ende des Monats jedoch trotzdem mehr Geld übrig, da die Lebenshaltungskosten erschwinglicher sind. „Wenn es darum geht, den richtigen Job zu finden, hat jeder Mensch andere Präferenzen. Während der Eine einen möglichst kurzen Arbeitsweg sucht und zentral in der Stadt nahe seines Arbeitgebers wohnen möchte, ist für den Anderen auch ein weiter entfernter Arbeitgeber attraktiv – flexible Arbeitszeitmodelle, Homeoffice-Möglichkeiten und Jobtickets oder Dienstwagen sei Dank”, sagt Arbeitsmarkt-Experte Dr. Tobias Zimmermann. „Für Unternehmen ist es wichtig, dass sie diese Vorteile von Beginn an benennen, um direkt die richtigen Mitarbeiter auf sich aufmerksam zu machen und für sich zu gewinnen.” Luckx – das magazin hat einige spannenden Vergleich ausgewählt.

Berlin vs. Landkreis Oder-Spree

Tausche Leben in der Hauptstadt gegen Land” – das lohnt sich: Das Durchschnittsgehalt von Arbeitnehmenden in Berlin beträgt 54.388 Euro brutto im Jahr und liegt damit unter dem deutschen Durchschnitt (58.758 Euro). Aufgrund der relativ hohen Lebenshaltungskosten bleibt den Berlinern jedoch nur rund 250 Euro am Ende des Monats übrig. Betrachtet man die angrenzenden Landkreise, wäre der Landkreis Oder-Spree die günstigere Alternative zum Leben: Das Durchschnittsgehalt von rund 52.495 Euro brutto liegt nur unwesentlich unter dem von Berlin, gleichzeitig sind die Lebenshaltungskosten erschwinglicher als in der Hauptstadt (2.015 Euro monatlich), sodass monatlich mit rund 610 Euro mehr als doppelt so viel wie in Berlin rausspringt.

Hamburg vs. Landkreis Stade

Stade gewinnt gegen die Metropole Hamburg. Mit einem Gehalt von 59.111 Euro brutto im Jahr und Lebenshaltungskosten von rund 2.614 Euro monatlich bleibt den Hamburgern monatlich nur 341 Euro zur freien Verfügung. Im Gegensatz dazu stehen Arbeitnehmern im Landkreis Stade deutlich besser da: In der nur eine Autostunde entfernten Region hat beispielsweise auch Airbus seinen Sitz. Zwar ist das Durchschnittsgehalt im Landkreis Stade rund 10 Prozent geringer als in Hamburg, dafür bleiben den Arbeitnehmern monatlich trotzdem rund 243 Euro mehr als den Hamburgern. München vs. Landkreis München

München gilt als eine der teuersten Städte Deutschlands. Trotzdem lohnt ein Umzug nur bedingt. Zwar liegt das Gehalt dort mit 67.404 Euro deutlich über dem Durchschnittsniveau – selbes gilt aber auch für die Kosten vor Ort, insbesondere für die Mieten. Noch viel schlechter sieht das Verhältnis von Gehalt und Lebenshaltungskosten im nahegelegenen Landkreis München aus – hier bleibt den Arbeitnehmern bei durchschnittlich 61.163 Euro im Jahr und Lebenshaltungskosten von über 3.000 Euro im Monat am Ende rein rechnerisch fast nichts mehr übrig (ca. 8 Euro). Arbeitnehmern im nur wenige Kilometer entfernten Landkreis Freising stehen hingegen deutlich besser da. Ihnen bleiben monatlich immerhin 490 Euro vom Monatslohn.

Köln vs. Rhein-Kreis Neuss

Den Kölnern bleibt am Ende des Monats rund 597 Euro, wenn man von ihrem Durchschnittsgehalt von 60.761 Euro jährlich brutto die Ausgaben für Wohnen, Essen, Transport und Freizeit abzieht (ca. 2.441 Euro im Monat). Im Vergleich dazu steht der Rhein-Kreis Neuss deutlich besser dar. Obwohl Arbeitnehmern hier weniger verdienen (ca. 58.326 Euro jährlich brutto), bleibt ihnen am Ende des Monats 234 Euro mehr als den Rheinländern – den günstigen Lebenshaltungskosten sei Dank.

Frankfurt am Main vs. Main-Kinzig-Kreis

Ein Leben im Frankfurter Umland lohnt sich mehr als ein Leben in der Finanzhochburg. Mit einem Gehalt von 70.974 Euro brutto führt Frankfurt am Main die Top 10 der größten Städte Deutschlands ins Sachen Gehalt an. Trotz der sehr hohen Mieten bleiben den Arbeitnehmern in der Bankerstadt immerhin rund 700 Euro monatlich zur Verfügung. Im Main-Kinzig-Kreis sieht es sogar noch besser aus. Hier verdienen die Menschen zwar jährlich über 10.000 Euro weniger – dafür bleibt ihnen monatlich durchschnittlich fast ein Drittel mehr vom Gehalt übrig als den Frankfurtern.

Mit dem StepStone Kostenreport „Leben und Gehalt im Fokus” wurden auf Basis von 128.000 Gehaltsdaten die Durchschnittsgehälter für 395 Stadt- und Landkreise in Deutschland erhoben und hierzu die jeweiligen Lebenshaltungskosten vor Ort – bestehend aus Miete, Transport, Nahrungsmitteln und Freizeitaktivitäten – in Bezug gesetzt.