Wo wollen wir leben?

Das Leben in der Stadt hat viele Vorteile: Die ärztliche Versorgung ist gesichert, Kinder haben alle Schulen vor Ort, Kino- und Restaurantbesuche mit Freunden oder die ausgedehnte Shoppingtour in der Innenstadt sind gesichert. Doch alle Vorzüge des Stadtlebens sind in Zeiten des Corona-Lockdowns wie weggefegt. Wer da vor einigen Jahren „freiwillig“ von der Stadt aufs Land gezogen ist, wurde milde belächelt, weil er diese tollen Vorzüge aufgegeben hat. Und heute?

Neue Landlust

Das Leben auf dem Land ist attraktiver als je zuvor, zeigt nun eine repräsentative, deutschlandweite Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut GfK Ende November 2020 durchführte. Demnach können sich rund 41 Prozent der Stadtbewohner grundsätzlich vorstellen, aufs Land zu ziehen. 21,0 Prozent können sich einen Umzug „ganz sicher“ vorstellen, 20,4 Prozent antworteten mit „ja, wahrscheinlich“. Der Prozentsatz derer, die sich einen Umzug „ganz sicher nicht“ oder „wahrscheinlich nicht“ vorstellen können, fiel mit insgesamt 29,9 Prozent geringer aus.

Besonders markant: Vor allem junge Familien würden Hektik und Stress der Großstadt lieber gegen die Ruhe auf dem Land eintauschen. So ist die Bereitschaft, dem urbanen Leben den Rücken zu kehren bei Familien am höchsten: Knapp die Hälfte (49,9 Prozent) der Familien mit einem Kind kann sich das Leben auf dem Land vorstellen. Die Befragung zeigt auch, dass der im Pandemie-Jahr 2020 beliebte Instagram-Hashtag „Cottagecore“ für jüngere Menschen mehr ist als ein Trend. Die Sehnsucht nach dem Landleben, das in den sozialen Medien Ausdruck findet, ist in der Altersgruppe von 30 bis 39 Jahren mit 47,3 Prozent und bei trendaffinen Menschen (48,3 Prozent) stärker ausgeprägt als beim Durchschnitt der Bevölkerung.

Längerer Arbeitsweg

Für den Umzug aufs Land würden Familien sogar einen längeren Anfahrtsweg zur Arbeitsstätte in Kauf nehmen. Stadt-Familien mit zwei Kindern sind zu 44,5 Prozent bereit, länger unterwegs zu sein. Über die Gesamtbevölkerung hinweg gesehen, überwiegt jedoch der Teil, der nicht bereit ist, länger zu pendeln (40,8 Prozent) gegenüber jenen, die es zugunsten des Landlebens tun würden (34,7 Prozent). Das könnte dann zu mehr Homeoffice führen, was aber mit den vorliegenden Daten nicht abgefragt wurde.

Bei den Gründen für die Attraktivität des Landlebens sind sich die Befragten einig: der Wunsch nach „mehr Natur“ steht bei 74,4 Prozent auf Platz eins und ist damit absoluter Spitzenreiter. Der Geräuschkulisse der Stadt zu entfliehen, wünschen sich 60, 6 Prozent der Befragten – damit folgt das Argument „weniger Lärm“ mit einem deutlichen Abstand von fast 15 Prozentpunkten auf Platz zwei. Der „eigene Garten“ landet mit 56, 4 Prozent auf Platz drei. Wirtschaftliche und finanzielle Gründe sind laut der Umfrage weniger relevant als die emotionalen: „Günstigere Kauf- und Mietpreise“ von Immobilien rangieren mit 45,8 Prozent erst auf Platz fünf.

Die Immobilie auf dem Land kann attraktiver sein. Dennoch: das das Gesamtpaket muss stimmen. Eine gute Infrastruktur mit z.B. schneller S-Bahn Verbindung in die Stadt, Highspeed-Internet oder das Angebot an hochwertigen Bildungseinrichtungen sind genauso entscheidend wie der Wunsch nach mehr Freiheit, Ruhe und Natur.