Für die meisten Autofahrer ist der auf Luft schwebende Zustand eher noch ein Traum. Außer sie steigen auf Luxus-Limousinen um oder nutzen Öffentliche Verkehrsmittel. Denn die meisten Busse sind statt mit Blattfedern und Öldruckdämpfern mit Luftfedern ausgestattet. Das bringt nicht nur einen ruhigeren Fahrzeuglauf, sondern auch eine bequemere Fahrt mit weniger Fahrgeräuschen und Durchrütteln. Worauf bei Elektrobussen geachtet werden muss, hat luckx – das magazin recherchiert.
ÖPNV
Rund zwölf Millionen Menschen leben im südchinesischen Shenzhen – mehr als in London oder New York City. Allerdings zählt das Perlfluss-Delta, in dem Shenzhen liegt, rund 45 Millionen Einwohner. Der Verkehr ist angesichts der schieren Menge an Fahrzeugen, Menschen, Lärm und Immissionen eine der größten Herausforderungen in der Stadt. Deshalb wurde vor einigen Jahren beschlossen, das Nahverkehrskonzept komplett zu überdenken, und die Stadt elektrifizierte daraufhin innerhalb von nur acht Jahren ihre gesamte Flotte von mehr als 16.000 Bussen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Dadurch wurden die CO2-Emissionen um mehr als 1,3 Millionen Tonnen pro Jahr reduziert, der Lärmpegel in der Stadt verbessert und die Sicherheit und der Komfort für die Busfahrgäste insgesamt erhöht. Damit ist Shenzhen ein Beispiel dafür, wie man große Ambitionen für die Zukunft mit der historisch gewachsenen Infrastruktur einer Stadt auf dem Weg zu moderner urbaner Mobilität verknüpfen kann.
Viele Städte auf der ganzen Welt von Amsterdam bis Santiago de Chile folgen dem Beispiel von Shenzhen, bestellen Elektrobusse und bauen ihre elektrifizierten Flotten nach und nach aus. Dementsprechend verstärken die Hersteller von Nutzfahrzeugen ihre Entwicklungsanstrengungen in diesem Bereich und stellen immer mehr elektrisch betriebene Busse bereit, die mindestens so sicher und komfortabel sind wie ihre alten, dieselbetriebenen Vorgänger. Ein Bereich, in dem die Ingenieure von Continental eine wichtige tragende Rolle spielen – im wahrsten Sinne des Wortes.
Gut gefedert
Eine Komponente, die für eine ruhige und sichere Fahrt in Bussen verantwortlich ist, ist für die meisten Betrachter unsichtbar: Luftfedern. Seit Jahrzehnten ersetzen Nutzfahrzeug-Hersteller die traditionellen Stahlblattfedern durch die modernen Versionen aus Gummi und Luft, um Achsen, Kabinen und sogar Fahrersitze zu federn. Der Grund ist einfach: Neben ihrer Robustheit bei extremen Temperaturen oder hoher Luftfeuchtigkeit können sich Luftfedern der jeweiligen Belastung anpassen und dabei ihre Eigenfrequenz konstant halten. Übertragen auf die Welt der Stadtbusse bedeutet dies, dass Komfort und Sicherheit gleich bleiben, egal ob ein Bus in der Rushhour voll ausgelastet ist oder spätabends nur wenige Fahrgäste befördert. Deshalb sind heute alle Busse in Europa und die meisten Busse, die in Städten auf der ganzen Welt unterwegs sind, mit adaptiven Luftfedern ausgestattet – sowohl jene mit Verbrennungsmotoren als auch die mit Elektroantrieb.
Das heißt aber nicht, dass die Ingenieure bei der Konstruktion von Luftfedern für die E-Mobilität nicht vor zusätzlichen Herausforderungen stehen. Zwar bleibt die grundlegende Physik zum Glück gleich, aber die Rahmenbedingungen und die entsprechenden Anforderungen der Hersteller müssen berücksichtigt werden.
Zum einen ist ein Elektrobus in der Regel schwerer als seine dieselbetriebenen Vorgängermodelle. Die jeweils bis zu 450 Kilogramm schweren Batterien bedeuten bis zu drei Tonnen und mehr Zusatzgewicht – je nach Größe, Reichweite und anderen Parametern. Der zweite Faktor ist die Position der Akkus: Im Gegensatz zu Elektro-Pkw, bei denen die Elektrobatterie meist unter der Fahrgastzelle positioniert sind, werden sie bei Bussen aus praktischen Gründen auf dem Dach montiert. Warum? Erstens, je weniger Komponenten des Antriebsstrangs sich unter der Fahrgastkabine befinden, einschließlich der Akku-Packs, desto tiefer kann der Boden positioniert werden, was eine höhere Barrierefreiheit ohne Zwischenräume oder Stufen ermöglicht. Zweitens bietet der vergrößerte Raum den Herstellern mehr Flexibilität bei der Innenraumgestaltung, zum Beispiel durch den Einbau größerer Fenster. Und drittens erleichtert die Position oben im Bus das Temperaturmanagement durch die Ableitung der von den Akkus erzeugten Wärme – ein wichtiger Faktor, da Elektrobatterien zwischen 20° und 40° Celsius am effizientesten arbeiten.
Herausforderung für Ingenieure
Die Position auf dem Busdach bringt zusätzliche Herausforderungen für die Stabilität und Statik des Busses mit sich, was sowohl die allgemeine Sicherheit als auch den Fahrgastkomfort beeinflusst. Das zusätzliche Gewicht auf dem Dach hebt den Gesamtschwerpunkt des Busses an, was dann zu einem Anstieg der Kräfte bei Roll- und Nickbewegungen führt. Achsluftfedern müssen diese größeren Kräfte abfangen, damit ein Bus in einer Kurve oder beim Bremsen fahrstabil bleibt. Und um diese schwere Arbeit leisten zu können, müssen Luftfedern für Elektrobusse und andere Nutzfahrzeuge größer sein: Jeder Millimeter mehr im Durchmesser der Luftfedern erhöht ihre Steifigkeit, um den Kräften standzuhalten, die durch die Gewichtspositionierung in einem E-Bus entstehen.
Größer bedeutet aber auch, dass die Luftfedern mehr Platz benötigen – das ist eine weitere Herausforderung für die Ingenieure. Vor allem, wenn sich die Hersteller bei ihren Elektrofahrzeugen für das Konzept des Radnabenmotors entschieden haben, ist der Platz um die Räder herum begrenzt. Hier müssen die Luftfedern mit Bremsen, Lenkung und anderen Komponenten konkurrieren. Die Erfahrung und das Fachwissen erfahrener Ingenieure – sowohl in der Technologie als auch in der Materialentwicklung – sind der Schlüssel, um jedem einzelnen Hersteller maßgeschneiderte Lösungen für seine spezifischen Anforderungen zu bieten.
Materialkompetenz in Gummi – und darüber hinaus
Bei der Entwicklung von Luftfedern spielt die Materialkompetenz eine große Rolle. Die Membran der Gummibälge besteht in der Regel aus einer Hochleistungsmischung auf Basis von natürlichem oder synthetischem Kautschuk und einem zweilagigen synthetischen Gewebe, das die Membran sowohl flexibel als auch verschleißfest macht – auch in rauer Umgebung mit hoher Ozonkonzentration und extremen Temperaturen.
Darüber hinaus ist das Wissen über Werkstoffe in Bezug auf Leichtbau und Designauslegung äußerst relevant, insbesondere wenn es um Energieeffizienz und CO2-Emissionen geht. Deshalb entwickelte Continental eine Leichtbauluftfeder mit integriertem innovativem Abrollkolben aus glasfaserverstärktem Polyamid statt aus Stahl oder Aluminium. Technische Thermoplaste bieten eine große Designfreiheit und die Möglichkeit zur individuellen, komfortorientierten Gestaltung. Gerade im Bereich der E-Mobilität kann Leichtbau ein entscheidender Vorteil sein, da diese Komponenten helfen können, das höhere Gewicht des Batteriepacks zu kompensieren und so die Reichweite des Fahrzeugs zu erhöhen. Das Ergebnis: Diese Leichtbauluftfedern für den Einsatz in Stadt- und Reisebussen bringen je nach Achstyp des Busses eine Gewichtseinsparung von bis zu drei Kilogramm pro Luftfedermodul.
Dies ist nur eine, im wahrsten Sinne des Wortes, tragende Rolle, die Continental-Komponenten spielen können, wenn es darum geht, die urbane Mobilität in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft zu transformieren. Und angesichts der Tatsache, dass bereits mehr als eine halbe Million Elektrobusse auf den Straßen der Welt unterwegs sind – und jedes Jahr kommen weitere hinzu – wird diese Rolle in Zukunft nur noch größer werden.