Schweigen ist Gold

Mein Pferd, mein Auto, meine Yacht“. Was vielleicht in anderen Kulturen üblich ist, wird unter Deutschen sehr zurückhalten behandelt: Das eigene Vermögen. Finanziell erfolgreiche Menschen sind eher schweigsam, wenn es um das eigene Geld geht. Warum das so ist, hat luckx – das magazin versucht herauszufinden.

Neidkultur

Vielfach erscheint nur die Spitze des Eisbergs in den Medien. Immer dann, wenn gerade eine prominente, vermögende Person entführt wurde und Geld erpresst werden soll, wird darüber berichtet. Aber nicht immer. Denn so ein leichter Funke kann überspringen und andere zum Nachmachen animieren. Zwar sind manche Mitmenschen mitteilungsfreudig, wenn es mit dem Geld nicht ganz so gut läuft. Doch woher kommt die Angst vor dem Neid der anderen? Eine aktuelle Studie gibt darüber Auskunft.

Es gibt kaum ein Thema, über das sich die Menschen hierzulande so beharrlich ausschweigen wie über das Geld. Für 70 Prozent der Deutschen sind Gespräche über Finanzen tabu, das ergibt eine aktuelle Kantar-Umfrage Die Mehrheit vermeidet in der Öffentlichkeit nicht nur Gespräche über Schulden (60 Prozent), Geldanlage (59 Prozent) und ihr Einkommen (44 Prozent), sondern auch über ihre wirtschaftlichen Erfolge. Laut Umfrage bezeichnen sich 39 Prozent der Befragten als finanziell erfolgreich, behalten das aber lieber für sich. Lediglich knapp sechs Prozent der Bundesbürger (5,5 Prozent), die sich selbst ein gutes Händchen in Finanzangelegenheiten attestieren, machen daraus kein Geheimnis. „Deutschland ist eines der neidischsten Länder“, stellt Psychologe und Buchautor Dr. Wolfgang Krüger fest. „Die Menschen haben Angst vor dem Neid der anderen, wenn sie finanziell erfolgreich sind.“ Zwar schämen sich viele Deutsche dafür, wenig zu verdienen. Dennoch fällt es den Bundesbürgern offenbar leichter, finanzielle Misserfolge zuzugeben, als wirtschaftlichen Erfolg zu zeigen: 34 Prozent der finanziell nicht besonders Erfolgreichen gehen offen damit um, 21 Prozent halten sich dazu lieber bedeckt, so die Postbank Umfrage.

Erfolgreich sein

Grund für die „Neidkultur“ in Deutschland ist laut Dr. Wolfgang Krüger ein Anspruch auf Gleichheit und Gerechtigkeit, der beispielsweise in den USA viel schwächer ausgeprägt ist. Offenbar ist es hierzulande fast schon unanständig, mehr zu verdienen als der Nachbar – erst recht, wenn man es ihm dann noch ungeniert unter die Nase reibt. Jenseits des Atlantiks sehen sich die Menschen vom wirtschaftlichen Erfolg der anderen motiviert. Schließlich hat prinzipiell jeder die Chance, vom Tellerwäscher zum Millionär aufzusteigen. Wer erfolgreich ist und dafür an den Pranger gestellt wird, wird meist mit Neid und Missgunst konfrontiert. Dem wollen sich unternehmerisch Tätige nicht hingeben. Ein kleiner Lichtblick: Junge Menschen kommunizieren überdurchschnittlich häufig, dass es in Finanzangelegenheiten gut für sie läuft. Elf Prozent der unter 30-Jährigen sprechen auch in der Öffentlichkeit über finanzielle Erfolge – das sind immerhin doppelt so viele wie der Durchschnitt (5,5 Prozent).

In einer repräsentativen Online-Befragung interviewte Kantar im Auftrag der Postbank zwischen dem 11. und 21. Juni 2021 insgesamt 1.000 Befragte ab 18 Jahren.