Mangel am Arbeitsplatz

Der Küchentisch dient als Schreibtisch, ein Klappstuhl muss als Sitzgelegenheit herhalten und die ausrangierte Stehleuchte wurde wieder aktiviert, um den Raum auszuleuchten. So sahen und sehen deutsche Homeoffice aus. So oder ähnliche wurde immer wieder kolportiert, dass die Mitarbeiter doch lieber ihren angestammten Büroarbeitsplatz nutzen sollten, als sich im Homeoffice auf ungeeigneten Möbel zu quälen. Doch wie ist die Realität in deutschen Büros? Dieser Frage ging luckx – das magazin nach.

Büroalltag

Deutsche Büroarbeiter kämpfen schon seit Jahren mit Rückenproblem. Aus medizinischen Fachzeitschriften erfahren wir, dass jeder siebte Arbeitnehmer (14,4 Prozent) bereits drei Monate oder länger unter Rückenschmerzen leidet. Hochgerechnet auf die erwerbstätige Bevölkerung gab es dadurch in 2017 rund 35 Millionen Ausfalltage im Job. Da lag die Homeoffice-Quote im niedrigen einstelligen Bereich. Ursache ist also nicht allein das von vielen Arbeitgebern gescholtene Homeoffice. Ein Blick in deutsche Amtsstuben als auch in Unternehmensbüros offenbart die mangelhafte Büroausstattung. Hier das Problem mit ergotherapeutischer Beratung zu lösen, scheint ein Kampf gegen Windmühlen zu sein. Denn solange hier nicht in ergonomische Ausstattung investiert wird, wird keine Verbesserung eintreten.

Aus einer alle zwei Jahre vorliegenden Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) sinken in 2020 diese Krankmeldungen aufgrund von Rückenschmerzen leicht. In ihren regelmäßigen Reports haben mehrere Krankenkassen die Auswirkungen der Pandemie auch in puncto Homeoffice beleuchtet. Von den Befragten der DAK etwa sind rund ein Drittel der Beschäftigten im Homeoffice. Die KKH berichtet von mehr und länger andauernden Krankmeldungen durch Muskel-Skelett-Erkrankungen bei ihren Mitgliedern. Sie führt dies teils auf die schlechtere Ausstattung im Homeoffice, teils auf psychische Belastungen zurück. Und das ganze ist umso unverständlicher, weil den Unternehmen der Fachkräftemangel mehr denn je beschäftigt. Mitarbeitern müsste also etwas geboten werden.

Bildschirmarbeit und Rückengesundheit

Gesundheit ist per se und derzeit verschärft durch die Pandemie eines der zentralen Themen. Wer konkurrenzfähig sein und bleiben möchte, muss demnach den Blick auf die Gesundheit der Mitarbeiter im Büro und im Homeoffice richten und im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements auf die besonderen Erfordernisse während der Pandemie eingehen. Diesen Bedarf decken außer Anbietern aus dem Bereich der Physiotherapie auf Ergonomie oder betriebliches Gesundheitsmanagement spezialisierte Ergotherapeuten – prophylaktisch, aber auch im Rahmen ärztlich verordneter Interventionen, wenn bereits Rückenprobleme bestehen. „Viele klagen über Rückenbeschwerden, seit sie im Homeoffice sind“, bestätigt Susanne Weber vonj Ergoplus. Das erstaunt nicht, denn die wenigsten verfügen über ein professionell ausgestattetes Arbeitszimmer mit entsprechendem Equipment. Oder über einen adäquaten Arbeitsplatz, der beim Einrichten professionell und körperzentriert auf die individuellen Anforderungen ausgerichtet wurde. Die Auswirkungen sind unterschätzt. „Was bei körperlichen Tätigkeiten außer Frage steht, gilt für die Arbeit im Office, Homeoffice oder unterwegs gleichermaßen“, so Weber, die betont, dass es selbstverständlich sein sollte, aus ergonomischer Sicht richtige, für die jeweilige Person passende Einstellungen am (Büro-)Arbeitsplatz vorzunehmen. Das sind für die Rückengesundheit maßgebliche Voraussetzungen.

In der Realität sieht es jedoch meist so aus, dass Berufstätige – wenn überhaupt – lediglich die Möglichkeiten des Stuhls austesten oder den Monitor verstellen. Inwiefern derart willkürlich vorgenommene Einstellungen passen und gut für den Rücken sind, sei dahingestellt. Wird dem Gedanken an ergonomische Aspekte in Geschäftsräumen noch eine gewisse Bedeutung zugemessen, gerät dies im Homeoffice oder unterwegs bei der mobilen Arbeit meist völlig in Vergessenheit. Auch sind sich nur wenige bewusst, dass im Homeoffice am Küchentisch vermeintlich gemütliche Positionen den Bandscheiben schaden. Diesem Missstand und weiter steigenden Zahlen von Menschen mit Rückenproblemen rücken auf Ergonomie spezialisierte Ergotherapeuten nachhaltig zu Leibe. Und zwar vor Ort. Ob im Rahmen von Verordnungen oder im Auftrag eines Unternehmens: Sie sind dort aktiv, wo die Arbeit stattfindet, sprich zuhause, im Büro oder wo immer. „Das ist der Königsweg“, bestätigt Weber dieses Vorgehen, welches insbesondere im Homeoffice viele Vorteile bietet. Sie analysieren die Gegebenheiten, gehen ihre speziellen Checklisten und Fragebogen durch, machen Tests und beobachten die betreffende Person an ihrem Arbeitsplatz, bei ihrer Tätigkeit und innerhalb ihres speziellen Umfelds, um den Arbeitsplatz optimal einzurichten und rückenfreundlich zu gestalten.