Es ist sehr ärgerlich, wenn zum Beispiel der vorausfahrende LKW einen Stein gegen die Frontscheibe wirft und diese reißt. In manchen Fällen können Scheibenprofis mit einer Reparatur die Scheibe retten. Doch vielfach ist der Austausch erforderlich. Der Rest landet auf dem Müll. Nun hat Audi ein Pilotprojekt zur Glasverwertung gestartet, wie luckx – das magazin erfuhr.
Glasrecycling
Defekte Autoscheiben sind häufig ein Fall für den Verwerter, wenn die gerissene Stelle nicht repariert werden kann. Einen geschlossenen Materialkreislauf für beschädigtes Autoglas gibt es bislang nicht. Hier leisten Audi und seine Partnerunternehmen Reiling Glas Recycling, Saint-Gobain Glass und Saint-Gobain Sekurit nun im Rahmen eines gemeinsamen Pilotprojekts Pionierarbeit. Die Partnerunternehmen wollen aus dem beschädigten Autoglas einen Wertstoff für die Serienproduktion machen und haben dafür einen mehrstufigen Prozess aufgesetzt: Die Autoscheibe wird mittels eines Recyclingprozesses zunächst zerkleinert. Anschließend werden alle glasfremden Störstoffe wie Kleberreste aussortiert. Das so gewonnene Glasgranulat wird eingeschmolzen und zu neuem Flachglas verarbeitet. Aus diesem Flachglas entsteht dann eine neue Autoscheibe. Verläuft dieser Pilot erfolgreich, sollen die so hergestellten Scheiben perspektivisch für die Modelle der Audi Q4 e-tron Baureihe verwendet werden.
Pilotprojekt
Mit diesem Pilotprojekt stellt sich Audi gemeinsam mit seinen Partnerunternehmen der Herausforderung, einen bilanziell geschlossenen Materialkreislauf für Autoglas zu etablieren. Das Vorhaben ist Teil der Circular-Economy-Strategie von Audi. Das Unternehmen betrachtet seine Produkte über den gesamten Lebenszyklus. Eingesetzte Rohstoffe sollen nach Nutzungsende möglichst wieder in den Produktionsprozess zurückgeführt werden. Bei Entwicklung und Herstellung können so Ressourcen geschont und die Umweltauswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette reduziert werden. Bereits seit 2017 führt Audi Aluminium-Verschnitte aus dem Presswerk in einem solchen bilanziell geschlossenen Kreislauf.
Mit Glas soll nun ein weiterer Materialkreislauf bilanziell geschlossen werden. „Unser Ziel ist es, überall dort Sekundärmaterial einzusetzen, wo es technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Wir arbeiten daran, Materialien, auf die wir direkten Zugriff haben, in geschlossenen Kreisläufen zu führen“, sagt Marco Philippi, Leiter Beschaffungsstrategie. „Alte Autoverglasung beispielsweise wird bislang nicht für die Produktion neuer Fahrzeugscheiben eingesetzt. Das wollen wir ändern.“
Aufbereitung
Die Wiederaufbereitung des beschädigten Glases führt dazu, dass insgesamt weniger Energie und Rohstoffe für die Herstellung von Scheiben aufgewendet werden müssen – schließlich ermöglicht der Einsatz von aufbereitetem Material eine Reduzierung des Bedarfs an Primärmaterialien wie beispielsweise Quarzsand. Das Unternehmen setzt für die Entwicklung neuer Materialkreisläufe auf die Zusammenarbeit mit Zulieferunternehmen, um die Wertschöpfungskette nachhaltiger zu gestalten. Potenzial ist ausreichend vorhanden: Bislang wird ein großer Teil der ausrangierten Autoscheiben oder Panoramadächer verwertet und beispielsweise zu Getränkeflaschen oder Dämmmaterialien weiterverarbeitet. Wenn es gelingt, beschädigte Autoscheiben wieder zu neuen Scheiben aufzubereiten, hat das mehrere Vorteile: Die Qualität des hochwertigen Autoglases bleibt erhalten. Auch einen positiven Effekt auf CO2-Emissionen gibt es. Im Vergleich zur Herstellung neuen Glases wird bei der Wiederaufbereitung bis zu 30 Prozent weniger Kohlenstoffdioxid emittiert.