Landwirtschaftliche Fläche ist knapp – und teuer. Also ist nach Möglichkeiten zu suchen, wie alles im wahrsten Sinne des Wortes unter einen Hut zu bringen ist. Gerade in Zeiten des Klimawandels mit zunehmender Trockenheit und Extremwetterereignissen sind Lösungen zu finden, wie luckx – das magazin meint.
Flächen mehrfach nutzen
Nun ist es keine neue Erfinden, dass landwirtschaftlich genutzte Flächen überdacht werden. Das geschieht von Norwegen bis Griechenland. Diese Gewächshäuser sind entweder aus Folie (und müssen etwa alle sechs Jahre erneuert werden) oder aus Glas. Wenn schon aus Glas, dann kann das Dach auch als Photovoltaik-Anlage ausgelegt werden. Bei dieser sogenannten Agri-Photovoltaik (Agri-PV) werden Flächen gleichzeitig für die Pflanzenproduktion und zur Solarstromproduktion genutzt. Damit steigert Agri-PV die Flächeneffizienz und ermöglicht, mehr Solarstrom zu erzeugen und gleichzeitig fruchtbare Flächen für die Landwirtschaft zu erhalten. Die Agri-PV-Technologie hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt und weltweit verbreitet. Die installierte Agri-PV-Leistung stieg von 5 MW im Jahr 2012 auf weltweit rund 2,9 Gigawatt (GW) in 2020.
Gerade in Zeiten des Klimawandels mit zunehmender Trockenheit und Extremwetterereignissen kann die Agri-PV mit ihrem Mehrfachnutzen punkten: Emissionsfreier Solarstrom plus Nahrungsmittelproduktion plus Schutz der Kulturen vor Dürreschäden und Witterungseinflüssen wie Hagelschäden oder Starkregen. So steht die weltweit größte Agri-PV-Anlage am Rande der Wüste Gobi in China. Unter Solarmodulen mit einer Leistung von 700 MW werden Beeren angebaut.
Kosten im Blick behalten
Herausforderungen für eine noch breitere Anwendung der innovativen Technik sind unter anderem die Investitionskosten. So liegen die Stromgestehungskosten der Agri-PV laut Angaben des Fraunhofer-ISE mit derzeit durchschnittlich 9 Cent pro Kilowattstunde noch deutlich über denen konventioneller Freiflächenanlagen. Dazu kommt, dass Landwirte, die in europäischen Ländern wie Deutschland auf Agri-PV setzen, für diese Flächen keinen Anspruch auf EU-Agrarsubventionen haben und die Anlagen einer aufwendigen baurechtlichen Zulassung bedürfen.
Doch nun verbessern sich die Rahmenbedingungen in Deutschland. Denn im novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind Innovationsausschreibungen u.a. für Agri-PV vorgesehen. Das technische Potential für die Agri-PV ist jedenfalls mit rund 1,7 Terrawatt riesig. In klimatisch geeigneten Regionen gilt die Agri-PV aufgrund von Synergieeffekten vor allem für Sonderkulturen wie Obst, Wein oder Gemüse als besonders erfolgversprechend.
Wie das im größeren Stil funktionieren kann, zeigt beispielsweise eine 2,7 MW starke Agri-PV-Anlage in der niederländischen Provinz Gelderland. Dort sind Himbeersträucher auf einer Fläche von 3,2 Hektar auf 2,50 Meter Höhe mit 10.250 halb-transparenten Modulen überdacht. Diese lassen genügend Sonnenlicht für die Pflanzen durch und schützen sie gleichzeitig vor extremem Wetter wie Hagel, Starkregen oder direkter Sonneneinstrahlung. Bisher nutzte der Betreiber Folienschutztunnel, die alle sechs Jahre entsorgt werden mussten.
Agri-PV gibt es auf der Intersolar Europe 2022 und der begleitenden Konferenz. Die Intersolar Europe findet in diesem Jahr vom 11. bis 13. Mai 2022 auf der Messe München im Rahmen von The smarter E Europe statt.