Risiko Immobilie

Was war die Immobilienverwaltung für Unternehmen vor der Corona-Pandemie einfach: Für jeden Mitarbeiter musste eine bestimmte Flächengröße vorgehalten werden. Und heute? Home-Office, Remote work, Nachhaltigkeit werfen alle früheren Maßstäbe über den Haufen wie luckx – das magazin recherchierte.

Komplexes Thema

Ging es früher eher darum, wo Schreibtische, Blumen oder Sitzecken platziert werden sollten, so müssen sich Immobilien-Verantwortliche in Industrieunternehmen vermehrt mit immer komplexeren Themen auseinandersetzen und mehr Schnittstellen zu anderen Unternehmensbereichen bilden. Nachhaltigkeit, New Work, Flächeneffizienz und der Wettbewerb um Talente stellen heute ganz andere Anforderungen an Unternehmen. Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt eine Trendstudie vom Februar 2023. Insgesamt 215 Immobilien-Verantwortliche aus verschiedenen Industrieunternehmen in Deutschland nahmen daran teil. In einer Online-Umfrage berichteten sie ihren Stand zu Organisation und Trends im Real Estate Management, Nachhaltigkeit und ESG (Environmental Social Governance), New Work sowie Digitalisierung. Rund 40 Prozent der Teilnehmenden ist in Unternehmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitenden beschäftigt.

Ein Vergleich mit den Umfrageergebnissen aus dem Vorjahr zeigt: Die Mehrheit der Immobilienorganisationen versteht sich weiterhin als Eigentümervertreter der Immobilien und deren Managementprozessen. So entwickeln sich die Verantwortlichen im Corporate Real Estate Management (CREM) immer mehr zu strategischen Partnern für andere Unternehmensbereiche, wie HR-Ressorts oder Stabsstellen im Vorstandsbereich. Dabei zeichnet sich ein Trend hin zu zentral organisierten Immobilienorganisationen ab: Gaben im vergangenen Jahr bereits 54 Prozent der befragten Immobilien-Verantwortlichen an, zentral organisiert zu sein, sind es in diesem Jahr 64 Prozent. „Unsere Erfahrungen aus Beratungsmandaten und Dialogen mit Corporate-Vertretern bestätigen diese Entwicklung. Die Organisationsform bringt viele Vorteile, wie Unternehmen mit professioneller CREM-Zentraleinheit zeigen. Sie konzipieren schneller und effizienter Lösungen für aktuelle Herausforderungen und setzen diese ebenso effizient um“, berichtet Thomas Häusser, Partner bei Drees & Sommer und Experte im Real Estate Consulting, dem Studienherausgeber.

Bewusstsein wächst

Neben mangelnder Transparenz und Aufmerksamkeit des Managements nehmen die CREM-Verantwortlichen Druck aus verschiedenen Richtungen wahr. Betreiberrisiken müssen von mehr als jedem Zweiten bewusst in Kauf genommen werden, weil diese aufgrund unterschiedlicher Verantwortlichkeiten im Unternehmen nicht gelöst werden können. Dazu kommen die Themen Nachhaltigkeit und ESG-Strategie: 85 Prozent spüren den Druck zum Handeln aus Gesellschaft, Politik und Medien. Doch obwohl das Bewusstsein für den Zugzwang wächst, gibt nur die Hälfte der Befragten an, sich damit im Detail auszukennen. Immerhin: Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Anteil derer, die noch keine ESG-Strategie für ihr Unternehmen haben, fast halbiert und liegt nur noch bei 16 Prozent.

Häufig ist die ESG-Strategie jedoch noch nicht mit der Immobilienstrategie synchronisiert, wie die Trendstudie zeigt: Während mehr als 80 Prozent der in der Umfrage vertretenen Firmen eine ESG-Strategie für das Unternehmen in Gänze oder zumindest in Teilen aufgestellt hat (Vorjahr: 71 Prozent), erkennt über ein Drittel der Befragten keine durchgängige ESG-Strategie für die CREM-Abteilung in ihrer Organisation.

Digitalisierung und Homeoffice

Die Digitalisierung bleibt weiterhin eine Baustelle und schreitet in den Unternehmen ganz unterschiedlich voran. Woran liegt das? Drei Viertel der Teilnehmenden sind der Meinung, dass Investitionskosten für die Implementierung von digitalen Tools und Systemen die größte Herausforderung sind. Dazu passt, dass das jährliche Digitalisierungs-Budget im Vergleich zu den vergangenen Jahren nur geringfügig gestiegen ist und bei rund der Hälfte der Befragten zwischen einem und fünf Prozent des Umsatzes liegt.

Eng damit verbunden ist die Entscheidung zwischen Home-Office und Büro. Die eigene Entscheidung der Mitarbeitenden steht in den meisten Unternehmen mittlerweile klar im Fokus. In mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen dürfen die Mitarbeitenden frei wählen, wo sie arbeiten. Dabei zeigt sich: Das Office bleibt eine wichtige Konstante im Arbeitsleben, die trotz der Freiheit noch gerne genutzt wird. So liegt in 28 Prozent der befragten Unternehmen die durchschnittliche Arbeitszeit im Homeoffice in der goldenen Mitte von drei Tagen, bei einem knappen Viertel bei zwei Tagen.

Ein vollbesetztes Büro ist dabei eher ungewöhnlich: Ein Drittel der Befragen meldet einen Leerstand von 40 Prozent und ein weiteres Drittel meldet eine ungenutzte Fläche von bis zu 60 Prozent. Fast zwei Drittel planen deshalb schon eine Anpassung der Fläche und 22 Prozent haben dies schon umgesetzt. Dabei will lediglich ein geringer Teil der Befragten die Flächen verkleinern. Wer Veränderung will, plant mehrheitlich, das Raumangebot auf den bestehenden Flächen neu zu konzipieren, um die Qualität der Räume zu steigern. Die Mitarbeiterbindung und Arbeitgeberattraktivität sind hier die Haupttreiber für Veränderung. Des Weiteren soll das Bürokonzept die Kommunikation unter den Mitarbeitenden fördern. Den monetären Aspekt (Kosteneffizienz durch Flächenreduzierung) nennen die Teilnehmenden erst an dritter Stelle.

Die dargestellten Ergebnissen sind der diesjährigen Trendstudie „Real Estate in der Industrie“ des Beratungsunternehmens Drees & Sommer SE entnommen.