Erdbeer-Zeit

Schon seit April sind frisch Erdbeeren im Handel erhältlich. Zwar kamen diese aus südeuropäischen Gefilden und so manche der Früchte wurde mit viel künstlichen Hilfsmitteln behandelt. Doch seit Wochen sind deutsche Erdbeeren zu kommen wie luckx – das magazin erfuhr.

Woher kommen unsere Erdbeeren?

Die meisten hier angebotenen Erdbeeren stammen aus Deutschland. Wegen der großen Nachfrage werden aber auch viele Früchte importiert, vor allem aus Spanien. In letzter Zeit häuften sich gerade aus diesem Land die Mängel. Von Schadstoffen war die Rede. Doch die Nachfrage ist weiterhin sehr groß. Dass auch ökologischen Gründen auf lange Transportwege verzichtet werden sollte, ist bei vielen Mitmenschen schon angekommen. Doch der Wunsch nach frischen Produkten ist einfach sehr groß. Und wenn diese Früchte auch noch biologischen Grundsätzen genügen, sollte aus vielerlei Gründen auch diese verzehrt werden. Denn das sichert Arbeitsplätze in meist wirtschaftlich benachteiligten regionen.

Im Jahr 2021 wurden in Deutschland im Freiland auf 10.643 Hektar mehr als 96.000 Tonnen Erdbeeren geerntet. Geschützten Anbau unter Schutzabdeckungen oder im Gewächshaus gab es auf rund 1.860 Hektar. Dort erntete man im Jahr 2021 rund 34.580 Tonnen Erdbeeren. Im geschützten Anbau liegen die Erträge mit 18,6 Tonnen je Hektar deutlich über denen im Freiland mit neun Tonnen je Hektar. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch von frischen Erdbeeren (einschließlich Verarbeitungserzeugnisse) lag 2020/21 in Deutschland bei 3,7 Kilogramm. Zum Vergleich: Jeder Bundesbürger verzehrte in der gleichen Zeit insgesamt 72,1 Kilogramm frisches Obst, davon 24,4 Kilogramm Äpfel. Damit übertrifft die Nachfrage die Erzeugung bei weitem, sodass 2020 weitere gut 120.000 Tonnen Erdbeeren importiert werden mussten. Diese werden aus Ländern Europas, insbesondere Spanien, den Niederlanden, Griechenland, Italien und Belgien importiert. In den Monaten November bis Februar bezieht Deutschland außerdem Früchte aus Ägypten und von Januar bis März aus Marokko.

Pflanzen- und Sortenkunde

Trotz des Namens handelt es sich bei Erdbeeren nicht um echte Beeren, sondern um Sammelnussfrüchte. Botanisch gesehen gehört die Erdbeere zur gleichen Familie wie Apfel, Birne und Pflaume: Sie ist ein Rosengewächs. Als Staude überdauert sie den Winter, dabei sterben die Blätter weitgehend ab und entstehen im nächsten Frühjahr erneut. Heute gibt es über 1.000 Erdbeersorten. Sie unterscheiden sich in Form und Farbe, Größe, Geschmack, Erntezeit und vielem mehr. Dabei schmecken die größten und schönsten Früchte längst nicht immer am besten. In Deutschland wird überwiegend die mittelfrühe Sorte ‘Elsanta’ angebaut, sie ist “die” Frischmarktsorte Mitteleuropas. Sie vereint viele Anforderungen von Produktion und Handel mit einem Geschmack, der als mittel bis gut gilt.

Erdbeeren werden hinsichtlich des Blühbeginns und der Fruchtreife in sehr frühe bis sehr späte Sorten unterteilt. Für den Anbau ist ein weiterer Unterschied wichtig: es gibt einmal- und zweimaltragende Sorten. Einmaltragende Sorten (zum Beispiel Bogota, Elvira, Fratina, Gorella oder Havelland) entwickeln ihre Blüten nur im Frühjahr, solange die Tage noch kurz sind. Zwei- oder mehrmals tragende Sorten (zum Beispiel Machern, Ostara) setzen dagegen auch während der längeren Sommertage noch Blüten an.

Wie wachsen Erdbeeren auf dem Feld?

Die Erdbeerpflanze ist winterfest, aber empfindlich gegen Austrocknung in rauen, windigen oder allzu heißen Lagen. Erdbeeren verlangen einen tiefgründigen, humosen Lehmboden beziehungsweise lehmigen Sandboden. Der sollte gut mit Nährstoffen versorgt sein, einen ausreichenden Humusgehalt aufweisen und durchlässig sein. Erdbeeren werden als landwirtschaftliche Kulturpflanze großflächig und weitgehend mit Maschineneinsatz angebaut. Dennoch verbleibt ein vergleichsweise hoher Anteil an Handarbeit. Sie können in Flachkultur oder auf Dämmen angebaut werden. Letzteres mindert den Krankheitsdruck durch Wurzelkrankheiten. Meist werden auf einem Damm zwei Reihen gepflanzt. Zur Pflanzung bereiten Landwirtinnen und Landwirte einen tiefgründig gelockerten und vor allem unkrautfreien Boden vor, auf dem sie Pflanzreihen von bis zu 50 Meter Länge anlegen. Es werden entweder Grünpflanzen oder Frigopflanzen gesetzt. Letztere sind laublos und bis kurz vor der Pflanzung eingefroren. Je nach Pflanzsystem, Maschinenpark und Wüchsigkeit der gepflanzten Erdbeersorte wird ein Reihenabstand von 80 bis 100 Zentimetern und ein Abstand in der Reihe von 20 bis 35 Zentimetern gewählt.

Im ökologischen Landbau ist der Abstand der Pflanzen größer. Der luftigere Stand schützt die Pflanzen vor zu großer Bodennässe. Das reduziert den Befallsdruck mit Pilzkrankheiten, verringert aber auch den Flächenertrag. Es werden in der Regel weniger empfindliche Sorten angebaut und bei der Fruchtfolge wird auf einen häufigen Flächenwechsel geachtet, um den Krankheitsdruck der Pflanzen gering zu halten.

Die Erdbeerernte

Ein Erdbeerfeld wird ein oder meist zwei Jahre beerntet, dann steigt der Krankheitsdruck der Pflanzen und die Fruchtqualität nimmt ab. Zur Vermeidung von Krankheiten ist es erst drei bis vier Jahre später sinnvoll auf dem gleichen Feld wieder Erdbeeren anzubauen. Eine reife Erdbeere ist voll ausgefärbt und ohne weiße Schulter oder Spitze. Nur in diesem Zustand hat sie ihr volles Aroma entwickelt. Gepflückt wird sie mit den grünen Kelchblättern, um das „Auslaufen” von Saft und den vorzeitigen Verderb zu verhindern.

Die Ernte beginnt früh morgens und am besten bei Trockenheit, denn nasse Früchte verlieren ihr Aroma schnell. Die Ernte endet spätestens mit der Mittagshitze, die den empfindlichen Früchten schadet.

Geerntet wird per Hand und meist von vielen Arbeitskräften. Es gibt aber auch Felder für Selbstpflücker, vor allem gegen Saisonende. Reife Früchte aus dem Freiland gibt es meist von Anfang Mai bis Ende Juli je nach Witterungsverlauf. Die empfindlichen Erdbeeren müssen rasch in den Handel oder nach Hause gebracht und am besten frisch gegessen oder zumindest kühl und luftig gelagert werden.

Auch außerhalb der heimischen Freiland-Saison sind Erdbeeren im Handel erhältlich. Deutsche Ware ist in deutlich kleineren Mengen noch bis Mitte Dezember aus geschütztem Anbau erhältlich. Die meisten Erdbeeren werden jedoch aus dem sonnigen Süden importiert, häufig aus Südeuropa oder Nordafrika. Dort werden sie in großen Monokulturen auf kargen Böden produziert. Der Wasserverbrauch und der Düngereinsatz sind hoch. Für die dortigen klimatischen Bedingungen wurden Sorten entwickelt, die festfleischiger sind, um den Transport unbeschadet zu überstehen. Drei bis zehn Tage liegen zwischen Ernte und Verzehr.

Es spricht einiges dafür, auf die heimische Freiland-Erdbeersaison (Hauptsaison von Mai bis Juli) zu warten. Deutsche Erdbeeren aus marktnaher Erzeugung werden reif geerntet und sind daher vollmundig im Geschmack. Reife Erdbeeren haben auch einen höheren Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen und bioaktiven Substanzen. Zusätzlich entfallen die langen Transportwege. Das kommt sowohl der Umwelt als auch den Früchten zugute.