Wohin geht die Immobilienbranche?

Rund 40.000 Makler, Manager, Projektentwickler und viele weitere Unternehmensvertreter der Immobilienbranche suchen nach Lösung für die aktuelle Krise. War die letztjährige Messe Expo Real durch Zweckoptimismus gezeichnet, so beobachtete luckx – das magazin dieses Jahr eine stark gedämpfte Stimmung.

Branche vor hohen Herausforderungen

Was Finanzdienstleister wie Creditreform oder Schufa schon seit Monaten beobachten und vorhersagen, trifft nun die Immobilienbranche sehr hart. Bundesweit gehen Projektentwickler und andere Immobilienunternehmen in die Insolvenz. Es trifft dabei nicht nur die „üblichen Verdächtigen“, sondern auch einige bisher gut dastehende Unternehmen. Steigende Zinsen, höhere Rohstoffpreise, Facharbeitermangel und steigende Löhne machen nicht nur diesen Unternehmen zu schaffen, sondern der gesamten Branche und darüber hinaus.

Es gab auf der vom 4. bis 6. Oktober 2023 in München stattfinden Messe Expo Real, übrigens Europas größter Messe für Immobilien und Investitionen, fast kein anderes Thema. Genau darum drehten sich die Gesprächsthemen während der Konferenzpausen. Im stark besuchten Konferenzprogramm, in dem Themen wie ESG (Environmental, Social und Governance), Digitalisierung, Städteentwicklung oder demographischer Wandel, sondern auch Themen wie Wohnungsbau oder (Re-)Finanzierung zum Teil kritisch diskutiert wurden.

Branche stellt sich den Herausforderungen

Das bestätigt Dr. Gertrud R. Traud, Managing Director und Chefvolkswirtin bei Helaba: „Zinsen, Nachhaltigkeit, Demographie und Digitalisierung waren die diesjährigen Themen. Die EXPO REAL hat gezeigt, dass die Marktteilnehmer sich diesen Herausforderungen bewusst sind und sich diesen auch stellen.“ Sascha Klaus, CEO bei der Berlin hyp AG, sieht „die diesjährige EXPO REAL als ein Gradmesser für die aktuellen Herausforderungen unserer Branche. Es hat sich wieder einmal gezeigt, wie wichtig Austausch und Vernetzung gerade in schwierigen Zeiten sind. Denn nur so können wir gemeinsam nach Lösungen suchen und Chancen nutzen.“

Trotz der schwierigen Vorzeichen signalisierte die Branche aber auch eine gewisse Zuversicht, wie Dieter Becken, Geschäftsführender Gesellschafter bei der Becken Holding GmbH, bestätigt: „Mit meiner persönlichen Erfahrung aus den vergangenen vier Krisen bin ich zuversichtlich, dass wir diese Herausforderungen gemeinsam meistern können. Die EXPO REAL ist für mich persönlich und für meine Mitarbeiter die geeignete Plattform, um in den konstruktiven Austausch mit anderen Marktteilnehmern zu kommen und Lösungsansätze voranzutreiben.“

Politik sorgt für Unsicherheit

Gerade im Wohnungsbau gelang es der Bundesregierung bisher nicht für Klarheit und Stabilität zu sorgen. Ein ständiges Hin und Her in der Klimapolitik sorgt für Unsicherheit.

Unsicherheit ist grundsätzlich keine schlechte Eigenschaft. Sie kann die Gedanken noch einmal sortieren und den Blick schärfen. Doch die Aufgabe von Politik ist es, Zweifeln zu reduzieren und Vertrauen in die politischen Entscheidungen zu stärken. Wer unsicher ist, glaubt nicht, dass er den Herausforderungen und Problemen gewachsen ist, denen er sich gegenüber sieht. Unsichere Menschen zweifeln an ihren eigenen Fähigkeiten und Entscheidungen. Sie befürchten ständig, etwas falsch zu machen und nicht gut genug zu sein. Politik muss deshalb für Menschen (und Unternehmen) Sicherheit geben. Sonst finden keine in die Zukunft gerichteten Investitionen statt.

Und gerade in diesem Punkt besteht enormer Handlungsbedarf, wie in den Gesprächen und Diskussionen deutlich wurde. Beispielsweise benötigt diese Regierung hunderttausende Wohnungen um die eigenen Ziele zu erreichen. Das die schon oben genannten Herausforderungen (Zinsen, Baumaterial, Facharbeiter) nur zur Zurückhaltung beim Wohnungsbau führten, ist aus der medialen Berichterstattung bekannt. Doch darüber hinaus sind es die vielen Bauverordnungen und Auflagen. So hat jedes Bundesland eine eigene Bauordnung. Es zeichnet sich auch nicht ab, dass hier eine Änderung zu erwarten ist. Ebenso ist es mit den Bauvorgaben. Waren es vor einigen Jahren einige hundert, so sind heute rund 20.000 Anforderungen in irgendeiner Weise zu berücksichtigen. Gleiches gilt auch für Förderprogramme. Nur größere Unternehmen sind in der Lage, sich in dem Dschungel zurecht zu finden.

Auswirkungen auf andere Branchen

Auch der Tourismus ist von gut funktionierenden Immobilien wie Hotels stark betroffen. Dabei geht es nicht nur um Laufwege des Personals von der Küche zum Gast. Auch die Pflege und Reinigung einer Immobilie entscheiden über deren Nachfrage durch die Gäste. Viel Personal kostet Geld und erhöht den Übernachtungspreis. Doch immer stärker tritt die Nachhaltigkeit des Urlaubs in den Fokus der Gäste. Bekannt ist, dass 40 Prozent der Emissionen durch den Reiseverkehr (Auto, Flugzeug, Bahn) emittiert wird. Allein 25 Prozent verursachen die Unterkünfte wie Hotels.

Etwas komplizierter wird die Betrachtung beim altersgerechten Wohnen. Unsere Demokratie, unsere Zivilisation, unser Sozial- und Krankensystem ermöglicht uns ein längeres und gesünderes Leben. Schon heute sind rund 20 Prozent der Bundesbevölkerung über 60 Jahre alt. Davon befinden sich rund 900.000 Mitbürgerinnen und Mitbürger in der stationären Pflege. Etwas über 4 Millionen werden zuhause von Angehörigen versorgt. Diese reduzierten Arbeitsstunden oder ließen sich komplett beurlauben und stehen damit teilweise oder ganz dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung. Der Bedarf an stationären Pflegeplätzen wird weiter steigen. Doch Fachkräftemangel, gedeckelte Pflegesätze usw. lassen keine 100 prozentige Belegung trotz Bedarf zu. Statt dessen müssen Betreiber Insolvenz anmelden, weil sie entsprechend der gesetzlichen Vorgaben die Pflege nicht anbieten können und ihre Häuser nur geringer belegen dürfen. Das hindert auch Projektentwickler trotz entsprechend Bedarf Pflegeheime am Markt zu platzieren. Dabei zeigen andere Länder, wie es funktionieren kann. So lassen Schweden und Finnland Zuwanderer mit geringen Sprachkenntnissen und einer kurzen Ausbildung pflegerische Arbeiten verrichten. Weil dies ein größeres gesellschaftliches und unsere Leserinnen und Leser stark betrifft, wird luckx – das magazin darüber noch einmal ausführlicher berichten.