Digitalisierung gestoppt

Zuerst wollten sie nicht so recht an die 5 Milliarden Euro ran. Doch dann kam die Corona-Pandemie und machte auch den Schulen Beine. Wie die aktuelle Situation des DigitalPakt Schule aussieht, hat luckx – das magazin recherchiert.

DigitalPakt Schule

Mit diesem Digitalpakt wollte die deutsche Bundesregierung die Digitalisierung in den allgemeinbildenden Schulen mit 5 Milliarden Euro fördern. 2019 wurde er beschlossen. Es war ein schwieriger Akt, weil damit die Bundesregierung in die Bildungshoheit der Länder eingreift. 2020 wurde die Förderung im Zuge der COVID-19-Pandemie um 1,5 Milliarden Euro erhöht. Wenn man allein die zuerst bewilligten 5 Milliarden Euro Gesamtsumme auf die rund 40.000 Schulen in Deutschland verteilt, so entfallen im Durchschnitt 120.000 Euro auf die einzelne Einrichtung. In der Anlaufphase wurden bis zu Jahresbeginn 2020 nur verhältnismäßig wenige Mittel abgerufen bzw. bewilligt. Bis zum Stichtag 30. Juni 2020 waren davon 15,7 Millionen Euro abgeflossen. Aktuell sind 90 Prozent der Gelder abgeflossen oder durch Anträge gebunden, obwohl es sehr hohe bürokratische Hürden zu überwinden galt. Die restlichen Milliarden können bis Mitte Mai 2024 beantragt werden. Doch wie es weitergehen soll, bleibt offen. Denn ein als „Digitalpaket Schule 2.0“ bezeichnetes Nachfolgeprogramm soll nicht vor 2025 kommen. Das ist auch aus dem Bundeshaushalt 2024 zu erfahren. Denn dieser wurde ohne neuen DigitalPakt verabschiedet. Eine bedauernswerte Entwicklung und ein völlig falsches Signal.

Einmalige Finanzspritze ungenügend

Jeder weiß, der sich schon einen PC angeschafft. Die technische Entwicklung geht weiterhin schnell voran. Zwar nicht so, wie in den Anfangsjahren. Doch insbesondere höhere Prozessorleistungen sind für die immer mächtigeren Programme erforderlich.

Um Schuldigitalisierung nicht nur anzuschieben, sondern nachhaltig zu gestalten und digitale Bildung fest im Schulalltag zu verankern, reicht deshalb eine einmalige Finanzspritze nicht aus. Hierzu braucht es langfristige Unterstützung und Planungssicherheit für Schulen und Kommunen. Hard- und Software sind keine Maschinen, die, einmal angeschafft, jahrzehntelang laufen. Die Innovations- und Wartungszyklen bei IT-Infrastruktur sind kürzer, und die Anforderungen an Netzwerk und Performance im Schulalltag durchaus hoch. Die öffentliche Hand muss Sorge dafür tragen, dass eine funktionierende IT genau wie Strom und Wasser zur Grundausstattung von Schulen gehört und so die Basis schafft für zeitgemäßen Unterricht und die Förderung digitaler Kompetenzen.

Mehr Finanzmittel für die Bildung

Deutschland braucht dringend einen zweiten DigitalPakt Schule, um technologisch nicht den Anschluss zu verlieren – KI ist hier nur eines von vielen Stichwörtern. Dabei muss unbedingt berücksichtigt werden, dass zur Hardware-Beschaffung, egal ob Tablets, Notebooks, Whiteboards oder Netzwerkkomponenten, auch eine kontinuierliche und professionelle Betreuung gehört. Aus den vielen Tausend Schulprojekten wird deutlich, dass in der Realität oft durch mangelhafte technische Betreuung Endgeräte mitunter nach der ersten Euphorie ungenutzt und verwaist bleiben, weil Funktionsstörungen durch mangelnde Wartung nicht behoben werden. Investitionen liegen brach.

Dass Schulbehörden und Verwaltungen die laufende Betreuung der digitalen Infrastruktur übernehmen, ist wenig realistisch. Der Fachkräftemangel und das Ringen um IT-Personal in freier Wirtschaft und öffentlichem Dienst verschärft die Lage. Lehrkräfte fehlen ebenfalls an fast allen Schulen und sollen sich um die Ausbildung der Kinder kümmern. Sie als Netzwerkadministratoren einzusetzen, kann ebenso wenig die Lösung sein.So ist schon jetzt aus dem aktuell laqufenden Programm zu erkennen: Wenn wir die Schulen mit den beschafften Geräten und der aufgebauten Infrastruktur alleine gelassen werden, stehen wir in wenigen Jahren wieder vor IT-Ruinen. Dann beginnt die Beschaffung bei null, anstatt mit gemäßigten Investitionen auf der Höhe der Technologieentwicklung zu bleiben. Es gibt Potentiale, die genutzt werden sollten, etwa die Verlagerung der Netzwerkverwaltung in die Cloud. Sie entlastet IT-Fachkräfte davon, ständig vor Ort zu sein, reduziert den Zeit- und Kostenaufwand und ermöglicht darüber hinaus das Outsourcing an spezialisierte IT-Dienstleister.

Forderungen

Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen alles dafür tun, dass unsere Kinder im weltweiten Vergleich nicht digital abgehängt werden. Computer- und Medienkompetenz ist heute praktisch an allen Arbeitsplätzen Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Berufsleben. Mehr noch: Digitalisierung kann helfen, die Folgen des Fachkräftemangels abzuschwächen, durch automatisierte Prozesse und smarte Lösungen, die den Personalaufwand reduzieren. Doch um diese in Deutschland zu entwickeln, braucht es gut ausgebildete Köpfe. Wenn wir nicht dort investieren, wo unsere Kinder ihre grundlegende Bildung erhalten, in unseren Schulen, sieht es für die Lösung des Fachkräftemangels und damit auch für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland schlecht aus.