Solarausbau geht voran

Es ist nicht zu übersehen: In vielen Discount-Märkten werden Balkon-Solaranlagen verkauft. Der Wunsch nach einer eigenen Stromversorgung verlockt zur Investition. Auch die Bundesregierung hat die Installation von Balkonkraftwerken nach langer Diskussion vereinfacht. Wohin die Reise geht, hat luckx – das magazin recherchiert.

Energiekrise lässt Solarausbau anwachsen

In den letzten drei Jahren konnten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) jedes Jahr um 40 Prozent oder mehr beim Solarausbau zulegen. Insgesamt wurden rund 56 Gigawatt (GW) ans Netz gebracht. Spitzenreiter Deutschland überschritt dabei mit Neuinstallationen von 14 GW zum ersten Mal in der EU die 10-GW-Marke. Verdoppelt auf 4,9 GW hat sich auch der italienische Markt, in Österreich wuchs der Markt um ganze 114 Prozent auf 2,2 GW. Laut einer Marktstudie verzeichneten 20 der 27 EU-Staaten 2023 ihr bestes Solarjahr, unter ihnen 14, die 1 Gigawatt oder mehr installierten. Dabei stieg die installierte Gesamtkapazität in der EU damit auf 263 Gigawatt an. Die Energiekrise in Folge des Ukraine-Konflikts löste einen dreijährigen Boom der Solarindustrie aus. Schlussendlich haben die EU-Staaten sowie die EU-Kommission die Bedeutung der Solarenergie als saubere und strategische Stromerzeugungsquelle erkannt und die Ambitionen zum Solarausbau dementsprechend angepasst. Dabei ist das Zugpferd dafür in Europa nach wie vor das Aufdachsegment – dort konnte der Bereich Handel und Industrie (engl. Commercial and Industrial – C&I) einen Zuwachs von 4 Prozent auf 33 Prozent erzielen (im Vergleich zu Privatanlagen: 33 Prozent und Großanlagen: 34 Prozent).

Die größten Märkte 2023

Deutschland klettert im Länderranking 2023 auf den ersten Platz zurück: Die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Juli 2023 hat unter anderem zu verbesserten Marktbedingungen mit Flächenöffnungen und höheren Einspeisevergütungen geführt. Der deutsche Markt hat sich im Vergleich zu 2022 verdoppelt. Auf Platz zwei landet die Solarnation Spanien mit 8,2 GW Wachstum. Dies bedeutet 0,2 GW Wachstum weniger als 2022 (8,4 GW). Ursächlich ist dieser Wachstumsrückgang im Privathaushaltssegment zu suchen sowie langwierige Genehmigungsprozesse verhindern einen erfolgreichen Ausbau.

Italien erfährt trotz der Einschränkung des Steuervergünstigungsprogramms SuperBonus im Jahr 2023 ein Rekordwachstum. Damit gehört das Land zum ersten Mal seit langem wieder zu den Top-5-Solarnationen. Treiber dafür ist unter anderem der Solarausbau im C&I-Segment. Polen landet mit 4,6 GW auf dem vierten Platz. 0,1 Prozentpunkte mehr Wachstum als 2022 (4,5 GW) – die Umstellung von Net Metering auf Net Billing hat der Nachfrage im Privatanlagenbereich einen Dämpfer verpasst.

Die Niederlande platzieren sich mit 4,5 GW Wachstum auf Platz fünf – und sind abermals Spitzenreiter bei den Pro-Kopf-Installationen (1,280 Watt/Kopf). Flächenbegrenzung zeichnet sich für das Land als Flaschenhals im weiteren Solarausbau ab. Auf den folgenden Plätzen des Rankings für Marktwachstum landen Frankreich mit 3,0 GW, Österreich mit 2,2 GW, Belgien mit 1,7 GW, Griechenland mit 1,6 GW und Ungarn, ebenfalls mit 1,6 GW.

Das Wachstum verringert sich

Mit dem Rückgang der Strompreise und dem gleichzeitig schwierigen Investitionsklima aufgrund hoher Zinsen prognostiziert der europäische Solarverband für die nächsten Jahre in seinem mittleren Szenario ein gebremstes Wachstum von elf Prozent im Jahr 2024 auf 19 Prozent 2025, 14 Prozent 2026 zurück zu elf Prozent im Jahr 2027. Abgesehen von der allgemeinen Situation der Wirtschaft, der Energiemärkte und der Finanzpolitik werden in der EU-Marktstudie strukturelle Hindernisse identifiziert, die für einen weiter ungebremsten Solarausbau dringend angegangen werden müssen. Eines davon stellen der Ausbau der Netze sowie deren Digitalisierung und Modernisierung dar. Die vermehrte Anwendung von Speichern, um Stromangebot und -nachfrage in Einklang mit dem Erzeugungsprofil der Solarenergie zu harmonisieren, hinkt hinterher. Regulatorische Hemmnisse seien der Grund dafür. Defizite von seitens der Länder sind auch bei den Genehmigungsverfahren für Neuanlagen festzumachen. Vor allem für Großanlagen ziehen sich diese in den EU-27 über mehrere Jahre, im Extremfall sogar bis zu sechs Jahre hin, doch auch im Privatanlagensegment dauert es noch zu lange (bis zu einem Jahr).

Weniger PV-Produktion

Das Ziel von 30 GW PV-Produktionskapazität in der EU bis 2025 wird laut des European Market Outlook klar verfehlt werden. Damit bleibt die EU weiterhin stark von Importen abhängig, um den heimischen Solarmarkt zu bedienen. Dabei bleibt die Wechselrichterherstellung die einzige Ausnahme; die Produktionsstufen Ingots&Wafer hingegen können derzeit nur zu einem Prozent aus Europa (von NorSun aus Norwegen) abgedeckt werden. Die Produktionsindustrie kommt nicht aus den Startlöchern, da die Investitionsbedingungen weiterhin vergleichsweise unattraktiv seien. Auf den Weg gebrachten Förderinstrumenten mangele es vor allem an Möglichkeiten zur Finanzierung.