Gastronomie und Hotelerie sind die Verlierer der Corona-Pandemie. Viele Mitarbeiter haben das Gastgewerbe verlassen, um in anderen Branchen einen sicheren und zuverlässigen Arbeitsplatz zu finden. So müssen viele Restaurants und Hotels ihren Betrieb einschränken. Wie die Zukunft aussehen soll, hat luckx – das magazin recherchiert.
Zukunft Gastgewerbe
Im Dienstleistungssektor der Bundesrepublik Deutschland arbeiten rund 35 Millionen Menschen. Das sind dreiviertel aller 46 Millionen Beschäftigten 2023. Dabei hat sich die Anzahl der Beschäftigten in der Dienstleistung um rund ein Prozent erhöht. Wenn wir nun einmal auf das Eingangs erwähnte Gastgewerbe schauen, arbeiten rund 6,2 Millionen Menschen in dieser Branche und erwirtschaften über 450 Milliarden Euro. Die 250.000 Unternehmen in dieser Gastwelt, wie sie die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG) gern bezeichnet, ist nach der Untersuchung des Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) nach den Beschäftigungs- bzw. nach den Wertschöpfungszahlen nach dem produzierenden Gewerbe bzw. der Automobilindustrie – jeweils auf Platz 2. In Tourismus, Travel, Hospitality, Foodservice & Freizeitwirtschaft arbeiten demnach 6,185 Millionen Menschen, was einen Anteil von 13,5 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland entspricht. „Wir sind der zweitgrößte private Arbeitgeber des Landes und faktisch in jeder der 11.000 Gemeinden in Deutschland präsent. Die Gastwelt ist damit nicht nur wirtschaftlich ein Big Player, sondern durch ihre Flächenpräsenz auch für ein gutes gesellschaftliches Miteinander unverzichtbar“, so DZG-Präsident Gerhard Bruder.
Hohe Bedeutung im gesamten Land
Ausgangspunkt der aktualisierten Wertschöpfungsberechnung ist eine vom Fraunhofer IAO im Jahr 2022 veröffentlichte Grundlagenstudie im Auftrag der DZG, in der die Branchen Tourismus, Travel, Hospitality, Foodservice & Freizeitwirtschaft zu einem vernetzten Ökosystem (inklusive Zulieferer) zusammenfasst. Die Untersuchung präsentiert mit der 360° Gastwelt ein ganz neues Verständnis von „Gastlichkeit“ als gemeinsames, branchenübergreifendes Dienstleistungsprodukt. Bruder weiter: „Wenn wir bislang über Gastlichkeit gesprochen haben, standen vor allem Reisende im Fokus. Gastlichkeit findet aber auch tagtäglich im Leben von uns allen statt – ob auf dem Weg zur Arbeit beim Bäcker oder im Coffeeshop, bei Events und Messen, in der Kantine zum Mittagessen, in Freizeitsparks, bei der Schul- und Krankenhausverpflegung, im Reisebüro oder eben in Hotels, Bars oder der Gastronomie.“ Laut Fraunhofer-Studie verbringe jeder Mensch bei uns im Land durchschnittlich 12 bis 15 Prozent seiner Lebenszeit in dieser Gastwelt und habe damit jede achte Minute einen Gastlichkeits-Touchpoint. „Die Arbeit unseres Dienstleistungssektors ist also kein ‚nice to have‘, sondern ein zentraler Eckpfeiler unseres ökonomischen Wohlstands und des sozialen Miteinanders“, betont Bruder.
Fehlende Anerkennung
Dass Servicekrafte im Dienstleistungsbereich immer wieder über die fehlende Anerkennung klagen, sollte somit auch in der hintersten Ecke der Republik angekommen sein. Seien es LKW-Fahrer, Serviererinnen als auch Küchenhilfen. Doch damit will die Gastwelt nun Schluss machen. Eine neue und vernetzte Betrachtung helfe auch gegenüber der Politik, mehr Gewicht und Unterstützung für ihr Anliegen im politischen Berlin zu erhalten, unterstreicht DZG-Vorstandssprecher Dr. Marcel Klinge. „Die fragmentierte Darstellung der Vergangenheit – in Teilen selbst verschuldet – ist ein echtes Problem, weil wir uns damit unnötig klein machen. Mit dem neuen Big Picture ‚Gastwelt‘ spielen wir bei den KPIs (Schlüsselkennzahlen) endlich auf Augenhöhe mit anderen Wirtschaftssektoren wie der Automobilindustrie, der Bauwirtschaft oder dem Handwerk“, so der ehemalige Bundestagsabgeordnete.
Neben den kumulierten Beschäftigungszahlen von 6,185 Millionen (3,195 Millionen direkt und 2,990 Millionen indirekt Beschäftigte) sowie einem BIP-Anteil von 453,1 Milliarden Euro (2021: 355,3 Milliarden Euro) aus 2023, wurden im vergangenen Jahr Investitionen von 36,3 Milliarden Euro durch Gastwelt-Unternehmen getätigt. In absoluten Zahlen ist das die zweithöchste Summe nach 2019 (40,5 Milliarden Euro). 82,2 Prozent des Gastwelt-Anteils am Bruttoinlandsprodukt geht auf „private Ausgaben“ (Leisure spending) zurück, während 17,8 Prozent auf den Geschäftsreisebereich (Business travel spending) entfielen. Die Gästeübernachtungen lagen im abgelaufenen Jahr mit 487,2 Millionen Übernachtungen „nur noch“ zwei Prozent unter dem Allzeithoch von 2019 (495,6 Millionen).
Methodische Hinweise: Die aufgeführten Daten beziehen sich in der Regel auf das Jahr 2023 und basieren auf aktuellen Veröffentlichungen des World Travel & Tourism Council (WTTC), Statistischen Bundesamtes (Destatis) und DEHOGAs. Sie beinhalten direkte als auch indirekte Effekte.