Den meisten Reisenden sind sie nicht bekannt oder nehmen sie nicht wahr: Die Fluggastrechte. Seit über 20 Jahren gibt es sie zum Schutz der Verbraucher und sie haben sich bewährt. Nun bekämpfen einige Fluggesellschaften diese massiv, wie luckx – das magazin recherchierte.
Verschlechterungen für Reisende geplant
Verbraucher müssen vor der Übermacht von einigen wenigen Anbietern geschützt werden. So ist es zum Beispiel bei Flugreisen. Während der Corona-Pandemie kam der Flugbetrieb völlig zum Erliegen. Erst nach und nach erholte sich die Branche. Durch massive finanzielle Unterstützung der Bundesregierung wurden Fluggesellschaften und Reiseanbieter gerettet. Dank einer starken Wirtschaft, die zu hohen Steueraufkommen durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geleistet wurde. Nun sollen die Retter von damals durch drastische Kürzungen der Entschädigungsleistungen bei Flugannullierungen, Verspätungen und Nichtbeförderung bestraft werden. So kritisiert das Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net) insbesondere die vorgeschlagenen neuen Entschädigungsregelungen bei Verspätungen. „Die geplante Anhebung der Schwellenwerte würde dazu führen, dass bis zu 85 % der betroffenen Passagiere keinen Anspruch auf Entschädigung mehr hätten“, warnt Karolina Wojtal, Co-Leiterin des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ) Deutschland. Dabei gehören nicht gezahlte Ausgleichszahlungen der Airlines zu den am häufigsten bearbeiteten Verbraucherbeschwerden im ECC-Net.
Entschädigungsregelungen
Bisher haben Fluggäste bei Verspätungen ab drei Stunden, für die die Fluggesellschaft verantwortlich ist, Anspruch auf eine pauschale Entschädigung von 250 Euro für Flüge bis 1.500 km, 400 Euro für Flüge bis 3.500 km und 600 Euro für Langstreckenflüge über 3.500 km. Der aktuelle Reformvorschlag der EU-Kommission sieht hingegen folgende Änderungen vor:
250 Euro erst ab 5 Stunden Verspätung (bis 3.500 km),
400 Euro erst ab 9 Stunden Verspätung (über 3.500 km innerhalb der EU),
400 Euro erst ab 9 Stunden Verspätung (über 6.000 km bei Flügen außerhalb der EU),
600 Euro erst ab 12 Stunden Verspätung (über 6.000 km).
„Diese Anpassung ist ein gravierender Rückschritt. Denn die meisten Verspätungen im Luftverkehr liegen zwischen zwei und vier Stunden. Verbraucher würden einen Großteil ihrer Ansprüche verlieren. Und Airlines könnten dazu verleitet werden, Flüge gezielt zu verspäten, anstatt sie zu annullieren, um Entschädigungen zu umgehen“, so Karolina Wojtal.
EuGH-Urteile nicht Berücksichtigung
„Hinzu kommt, dass der Regelungsentwurf die in den vergangenen 20 Jahren ergangene Rechtsprechung des EuGH zu den Fluggastrechten und die darin entwickelten Rechte der Verbraucher nicht ausreichend berücksichtigt. Die EuGH-Rechtsprechung hat in den letzten Jahren maßgeblich zur Stärkung der Fluggastrechte beigetragen“, fügt Wojtal hinzu. Insbesondere spricht sich das ECC-Net dafür aus, sowohl eine Positiv- als auch eine Negativliste der außergewöhnlichen Umstände (also was als außergewöhnlicher Umstand anzusehen ist und was nicht) aufzunehmen, die die bisherige Entscheidungspraxis des Europäischen Gerichtshofes berücksichtigt. Diese dürfen jedoch nicht abschließend sein, um zukünftigen Entwicklungen und Urteilen Rechnung tragen zu können.
Das ECC-Net fordert die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine Reform im Sinne der Verbraucher umzusetzen. Konkret fordert das Netzwerk:
Beibehaltung der bisherigen Entschädigungsregelungen für Verspätungen, um finanzielle Anreize für pünktliche Flugdurchführungen zu erhalten.
Stärkere Regulierung von Online-Ticketplattformen, um Verbraucher vor Intransparenz und verzögerten Erstattungen zu schützen. Insbesondere das Hin und Her zwischen Vermittlern und Fluggesellschaften bei Entschädigungen müsse beendet werden. Fluggäste sollten die Möglichkeit haben, ihre Ansprüche direkt bei der Airline geltend zu machen.
Verbot von „No-Show“-Klauseln, die dazu führen, dass ein Rück- oder Weiterflug verfällt, wenn der Hinflug nicht angetreten wurde.
Verpflichtung zur schnellstmöglichen Umbuchung auf alternative Verbindungen, auch mit anderen Airlines.
Bessere Insolvenzabsicherung für Airlines, damit Fluggäste im Falle von Zahlungsunfähigkeit nicht leer ausgehen.
Klare Regelungen beim Gepäck: Einheitliche und transparente Entschädigungsrichtlinien für Gepäckverluste und -schäden.
Klare Definitionen für Handgepäck und Aufgabegepäck, um versteckte Gebühren und unklare Regelungen zu vermeiden.
Verpflichtende Teilnahme der Airlines an Schlichtungsverfahren zur außergerichtlichen Beilegung von Streitfällen.
Bessere Durchsetzung der Fluggastrechte durch nationale Behörden, um sicherzustellen, dass Airlines ihre Pflichten nicht umgehen.
Auch wenn das ECC-Net nur die Beibehaltung fordert, reicht das nach Meinung von luckx – das magazin nicht aus. Denn von Mitarbeitern wird immer gefordert, ihre Arbeit zu 100 Prozent zu erfüllen, unbezahlte Überstunden zu leisten und sich ganz in den Dienst des Unternehmens zu stellen. Auch sind aktuell Forderung in den Raum gestellt, die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit zu verlängern. So sind Unternehmen, auch wenn sie nicht in Deutschland angesiedelt sind, aber in Deutschland geschäftlich aktiv sind, ebenfalls ihre Leistungen zu 100 Prozent zu erbringen. Wenn nicht, muss nachgearbeitet werden. Das ist bei Flugverspätungen usw. schwer möglich. Also sind Entschädigung fällig. Diese muss deutlich nach oben korrigiert werden, damit die Anbieter lernen, ihre Leistung vertragsgerecht zu erbringen. So wird ein Schuh draus.