Die Fahrbatterien von Elektroautos sind heute für eine lange Fahrstrecke ausgelegt. Mit der gleichen Batterie, die zuhause an der eigenen PV-Anlage aufgeladen werden kann, lässt sich auch das Eigenheim mit Strom versorgen, wie luckx – das magazin recherchierte.
Bidirektionales Laden
Die Messen zur Nutzung der Sonnenenergie in München brachten es an den Tag: Mit der gespeicherten Energie in den Batterien lässt sich viele hundert Kilometer mit den Fahrzeug fahren als auch die Stromversorgung des Eigenheim sicherstellen. So können Elektroautos nicht als nur Fortbewegungsmittel genutzt, sondern sie könnten in Zukunft zu mobilen Energiespeichern werden. Mit den verbauten Batterien kann sowohl Strom aufgenommen als auch ins Netz zurückgespeist werden. Bidirektionales Laden ermöglicht genau das und könnte eine echte Revolution für das Energiesystem darstellen. Doch wie funktioniert diese Technologie und welche Vorteile bringt sie für Autofahrer und das Stromnetz?
E-Autos als flexible Batteriespeicher zu nutzen, kann nicht nur das Netz stabilisieren, sondern auch Besitzern Geld sparen. Wer seinen überschüssigen Strom zu Spitzenzeiten ins Auto einspeist, profitiert von günstigeren Stromtarifen und reduziert die eigenen Energiekosten. Hier lesen Sie, wie bidirektionales Laden funktioniert und welche Automodelle diese Technologie bereits unterstützen.
Möglichkeiten
Die Technologie des bidirektionalen Ladens ist mittlerweile gut erforscht und wird in drei unterschiedlichen Varianten eingesetzt:
Vehicle-to-Device (V2D): Hier fungiert das Elektroauto als mobile Steckdose. Geräte wie Laptops, Elektrowerkzeuge oder Haushaltsgeräte können direkt aus der Fahrzeugbatterie mit Strom versorgt werden – eine praktische Lösung für Campingausflüge oder den Einsatz an Orten ohne Stromanschluss.
Vehicle-to-Home (V2H): In dieser Variante speist das Elektroauto Strom direkt ins Haus ein. Besonders Besitzer von Photovoltaikanlagen profitieren von dieser Möglichkeit: Überschüssige Energie, die tagsüber nicht sofort verbraucht wird, kann ins E-Auto geladen und später, beispielsweise in den Abendstunden, wieder ins Hausnetz zurückgeführt werden. So reduziert sich die Abhängigkeit vom Stromversorger und es lassen sich Energiekosten sparen.
Vehicle-to-Grid (V2G): Die fortschrittlichste Stufe ist die Rückspeisung des Stroms ins öffentliche Netz. Hier wird das Auto zu einem aktiven Bestandteil des Energiesystems und hilft, Lastspitzen auszugleichen. Besonders mittags, wenn Photovoltaikanlagen viel Strom produzieren, könnten Elektroautos als Puffer dienen, um Netzüberlastungen zu vermeiden. Umgekehrt könnte in Zeiten hoher Nachfrage Energie aus den Fahrzeugbatterien zurück ins Netz gespeist werden, was das gesamte Stromsystem effizienter macht.
Vorteile
Dabei ist die Technologie aus zahlreichen Gründen sinnvoll – sowohl für die Fahrzeugbesitzer als auch das Stromnetz und die gesamte Energiewirtschaft. Besonders vorteilhaft ist diese Technologie für Haushalte mit einer Photovoltaikanlage: Sie können überschüssigen Strom im Elektroauto speichern, anstatt ihn zu geringen Vergütungssätzen ins Netz einzuspeisen. Der selbst erzeugte Strom kann später genutzt werden, wenn die Sonne nicht scheint – etwa in den Abend- oder Nachtstunden. Dadurch lassen sich nicht nur Stromkosten senken, sondern auch CO₂-Emissionen reduzieren. Außerdem fungieren Elektroautos als dezentrale Stromspeicher und helfen, Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Ganz allgemein kann man durch eine bessere Nutzung von überschüssigem erneuerbarem Strom auch die fossilen Kraftwerke entlasten. Es gibt aktuell einige Automodelle, die die Technik des bidirektionalen Ladens voll ausschöpfen. Dazu zählen der Hyundai IONIQ, der Škoda Enyaq und der VW ID.4. Sie ermöglichen es Autobesitzern, flexibel auf den eigenen Energiebedarf zu reagieren und sogar von Preisschwankungen am Strommarkt zu profitieren.
Widerstände
Trotz des enormen Potenzials wird bidirektionales Laden in einigen Ländern, darunter Österreich, bislang nicht flächendeckend umgesetzt. Ein Grund dafür ist der Widerstand großer Energiekonzerne und Netzbetreiber, die befürchten, Marktanteile und Gewinne zu verlieren. Denn je mehr Haushalte ihre eigene Energie speichern und flexibel nutzen, desto weniger sind sie auf zentrale Stromanbieter angewiesen. Diese Entwicklung gleicht einem Kampf David gegen Goliath“: Während Verbraucher durch bidirektionales Laden unabhängiger werden könnten, haben große Unternehmen ein wirtschaftliches Interesse daran, die bestehenden Strukturen beizubehalten. Langfristig muss hier ein Umdenken stattfinden und aus klimatechnischer Sicht sollte man alles daran setzen, die Technologie voranzutreiben. Denn sie bietet sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile – für Verbraucher, das Stromnetz und die Energiewende insgesamt.