Schon seit einigen Jahren wird über das Thema Ultra-Fast-Fashion diskutiert. Dabei handelt es sich um Bekleidung, die in sehr kurzen Rhythmus in den Handel kommt. Aus den früheren Sommer- und Winterkollektionen entwickelte sich eine Geschwindigkeit, die den Verkauf an die Kunden nicht mithält, wie luckx – das magazin recherchierte.
Viele Kollektionen pro Jahr
Nach den zwei Kollektionen pro Jahr folgte dann je eine Kollektion für jede Jahreszeit. Doch damit hörte es nicht auf. So wird heute jeden Monat der Handel mit einer neuen Kollektion beglückt; manchmal auch 14-tägig. Das Ziel: Kunden soll so der Weg in den Handel quasi erforderlich erscheinen, nur um immer Top modisch gekleidet zu sein. Trotz intensiver Bemühungen des Verkaufspersonal gelingt der Abverkauf nicht. Da schon die nächste Kollektion auf dem Bügel hängt und die übernächste Kollektion auf dem Weg ist, muss Platz im Lager geschaffen werden. So bleibt nichts anderes übrig, als die Überhänge aus der vergangenen Kollektion zu vernichten. Dem hat nun die EU einen Riegel vorgeschoben. Mit dem geplanten Vernichtungsverbot unverkaufter Konsumgüter soll sozusagen die Ware gerettet werden. Doch das wird wohl nicht gelingen. So laufen die Verbände gegen diese Regelung Sturm. Ihrer Meinung nach geht dieses Vernichtungsverbot inhaltlich an den Marktmechanismen vorbei und verfehlt sein Ziel, wenn parallel asiatische E-Commerce Plattformen weiter den Markt mit qualitativ minderwertiger Ware überschwemmen.
Neue EU-Regelung
Im Rahmen der Ökodesign-Verordnung plant die Europäische Kommission die Vernichtung von unverkauften Konsumgütern wie Textilien oder Bekleidung zu verbieten. Stattdessen sollen Produkte aufbereitet, wiederverwendet und nur im Ausnahmefall vernichtet werden. Das Ziel dieser Regulierung, der massenhaften Vernichtung von Textilien vorzubeugen, ist zwar seitens der Verbände nachvollziehbar; verfehlt aber ihrer Meinung nach vor dem Hintergrund der aktuellen Marktmechanismen seine Wirkung. So stellt beispielsweise die Textil- und Bekleidungsindustrie in Baden-Württemberg fest, dass sie ein evidentes Interesse hat, nachhaltige Textilien zu produzieren, diese auch tatsächlich zu verkaufen und z.B. Retouren, soweit möglich, der Aufbereitung oder Wiederverwertung zuzuführen. Vernichtet wird nur, wenn eine Wiederverwertung ökonomisch keinen Sinn macht oder wichtige Produkteigenschaften beschädigt worden sind.
Die Verantwortung wird anderen zugeschoben
Demgegenüber überschwemmen, so der Verband, insbesondere asiatische Onlineplattformen mit zumeist minderwertigen Produkten den einheimischen Markt. Der sehr günstige Kaufpreis der Sendungen wird bei einem Rückgabewunsch der Kunden zwar erstattet, aber in der Regel als Retoure nicht zurückgenommen oder seitens des Kunden direkt vernichtet. Da es sich bei diesen Plattformen um reine Vermittler handelt und der asiatische Produzent nicht dem Geltungsbereich der europäischen Ökodesignverordnung unterliegt, läuft das Ziel des Vernichtungsverbots letztlich weitestgehend ins Leere. Demgegenüber werden Unternehmen der baden-württembergischen Textil- und Bekleidungsindustrie im Zuge dieser Verordnung weitere bürokratische Pflichten auferlegt, beispielsweise im Bereich des verantwortlichen Umgangs mit Retouren. Südwesttextil-Hauptgeschäftsführerin Edina Brenner erklärt: „In der europäischen Textil- und Bekleidungsindustrie werden unverkaufte Produkte nicht leichtfertig vernichtet. Im Gegenteil, unsere Branche ist bereit, Maßnahmen und Systeme für Kreislaufwirtschaft maßgeblich mitzugestalten. Umgekehrt sehen wir bereits nach wenigen Jahren des Markteintritts von Ultra Fast Fashion Plattformen aus dem asiatischen Raum ein stark erhöhtes Aufkommen von Produkten, die aufgrund mangelnder Qualität und schwer zu identifizierbaren Chemikalien bereits nicht mehr in der Abfallwirtschaft verwertbar sind. Trotz den Vorgaben der Europäischen Kommission, stehen wir schon jetzt vor Müllbergen, die nicht recycelt werden können.“
Minderwertige Produkte
Entscheidend ist aus Perspektive des Wirtschafts- und Arbeitgeberverbands Südwesttextil, dass Verbraucherinnen und Verbraucher für den ressourcenschonenden Umgang mit Produkten sensibilisiert werden, die Flut an minderwertigen Produkten zu Dumpingpreisen bereits an den EU-Außengrenzen effektiv eingedämmt, die Zollfreigrenze zeitnah geschlossen und eine Bereitstellung von Produkten innerhalb der EU zwingend an einen verantwortlichen Wirtschaftsakteur bzw. dessen Bevollmächtigen gebunden ist, der bei möglichen Verstößen finanziell greifbar ist. Für das von der EU geplante Vernichtungsverbot unverkaufter Konsumgüter sieht Südwesttextil den Bedarf, dass die darin enthaltenen Regelungen verhältnismäßig bleiben müssen. Im Fokus muss zuallererst stehen, ob die Wiederaufbereitung wirtschaftlich ist. Ausnahmeregelungen müssen erweitert werden für Produkte wie Hygieneartikel oder Arbeits- und Schutzbekleidung, die nach Beschädigung nicht wieder aufbereitet werden können. Offenlegungs- und Dokumentationspflichten sollten zudem reduziert, bestehende Nachweise anerkannt und Prüfmechanismen risikobasiert etabliert werden.
Das, was der Verband als Regelung anführt, ist nachvollziehbar – und trifft auch gar nicht auf den Kern der EU-Regelung zu. Beispielsweise laufen Kollektionen von Arbeitsbekleidung über mehrere Jahren. Es geht hier doch über die bewusst zu viel produzierte Fast-Fashion. So werden 130 Prozent den tatsächlichen Bedarfs produziert. Das ist dem Hersteller bewusst und wird so kalkuliert. Der Kunde bezahlt darüber hinaus auch diese Überproduktion. Um diese 30 oder mehr Prozent gilt es zu regeln. Das ist zwingend erforderlich, weil der Resourcenverbrauch extrem hoch ist. Ob Baumwolle, die angebaut, gewässert, geerntet und verarbeitet werden muss. Oder Kunstmaterialien, die aus Rohöl gewonnen und verarbeitet werden, danach verbrannt in der Luft und im Wasser landen. Hier soll die EU-Verordnung ansetzen.