Bei einer akuten Notsituation ist schnelles handeln erforderlich. Wenn ein medizinischer Notfall vorliegt, muss dringend der Notruf 112 angerufen werden. Manchmal sollte direkt der Rettungshubschrauber verständigt werden. Warum das insbesondere beim Herzinfarkt erforderlich ist, recherchierte luckx – das magazin und setzt die Recherche vom ersten Teil fort.
Herzinfarkt ist immer zeitkritisch
Der Herzinfarkt ist ein Notfall, jede Minute zählt. Zum einen führt der Infarkt im Herzmuskelareal des verschlossenen Herzkranzgefäßes zum Absterben von Herzmuskelgewebe. Wenn der Infarkt nicht unverzüglich behandelt wird („Time is Muscle“) und viel Gewebe zerstört ist, droht eine ausgeprägte Herzschwäche. Zum anderen kann der Infarkt jederzeit in bösartige Herzrhythmusstörungen übergehen. Dieses Kammerflimmern (über 300 Schläge/Minute) führt innerhalb weniger Sekunden zum Herzstillstand. Herzinfarkte ereignen sich meistens zu Hause, nur ein über den Notruf 112 herbeigerufenes Rettungsteam mit einem Defibrillator kann dann das flimmernde Herz wieder in seinen normalen Rhythmus bringen. Der Patient muss anschließend sofort in die nächstgelegene Klinik zur Infarktversorgung.
Dabei sind die Herzinfarkt-Warnzeichen leider nicht immer eindeutig. Betroffene erleben den akuten Herzinfarkt häufig schockartig wie aus heiterem Himmel mit plötzlich einsetzenden stark brennenden Schmerzen hinter dem Brustbein, die länger als fünf Minuten andauern. Fatalerweise kann er sich jedoch auch unspezifisch bemerkbar machen: mit Schmerzen im Oberbauch, oft mit Magenschmerzen verwechselt (häufiger bei Frauen), oder unerklärlicher Übelkeit. „Jährlich sterben rund 44.000 Menschen am Herzinfarkt, ein Großteil darunter außerhalb von Kliniken, auch weil Warnzeichen nicht oder zu spät erkannt wurden und so eine medizinische Versorgung zu spät oder gar nicht erfolgen konnte“, berichtet der Chef-Kardiologe am Deutschen Herzzentrum München Prof. Schunkert. „Jeder, besonders Risikopatienten, sollte die Herzinfarkt-Symptome kennen und sofort den Rettungsdienst mit der 112 alarmieren.“
Typische Beschwerden
Beim Herzinfarkt sind typische Beschwerden plötzlich einsetzende starke Schmerzen, die länger als fünf Minuten in Ruhe anhalten und die überwiegend im Brustkorb oder häufig auch ausschließlich hinter dem Brustbein auftreten
Schmerzen, die in Körperteile wie Arme (meist links), Oberbauch, Rücken, Hals, Kiefer oder Schulterblätter ausstrahlen
ein massives Engegefühl, heftiger Druck oder ein sehr starkes Einschnürungsgefühl im Brustkorb („Elefant auf der Brust“)
heftiges Brennen im Brustkorb. (Achtung: Verwechslungsgefahr mit Sodbrennen!)
Vor allem Frauen verspüren eher ein Engegefühl und der Schmerz strahlt vorrangig in den Rücken und den Oberbauch aus (Achtung: Verwechslungsgefahr mit Magenschmerzen!). Bei Frauen häufiger als bei Männern können – zusätzlich zu den oben genannten Schmerzen oder auch alleine – weitere Symptome wie Atemnot, Übelkeit oder Erbrechen, Schwitzen, Benommenheit oder Schwindel sowie unerklärliche Müdigkeit ein Alarmzeichen sein.
Untypischen Symptome
„Frauen, ältere Menschen und Diabetiker zeigen diese ,untypischen‘ Symptome besonders häufig, was die Diagnose oftmals erschwert und zeitlich verzögert. Je älter die Person mit Herzinfarkt, desto weniger ausgeprägt kann der typische Brustschmerz sein“, erklärt Kardiologe Schunkert. Zum Glück gibt es in der Klinik einfache Bluttests und das EKG, sodass schon nach Minuten eine sichere Diagnose gestellt werden kann.
Akute Brustschmerzen können auch von anderen lebensgefährlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen herrühren, die ebenfalls eine sofortige medizinische Versorgung erfordern. Für die Akutversorgung von Patienten mit akuten Brutschmerzen stehen in Deutschland 380 zertifizierte „Chest Pain Units“ (CPU) in Krankenhäusern an 365 Tagen rund um die Uhr zur Verfügung. Die über 380 der von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) zertifizierten CPU in Deutschland verfügen über eine 24-Stunden-Herzkatheterbereitschaft an sieben Wochentagen. Für eine rasche Ersteinschätzung bei Patienten mit akuten Brutschmerzen oder anderen Beschwerden mit Verdacht auf Herzinfarkt stehen in einer CPU sämtliche erforderlichen Verfahren der Diagnostik zur Verfügung wie:
12-Kanal-EKG (erstes EKG erfolgt bereits im Rettungswagen)
Bestimmung der Troponin-Spiegel im Blut (Blutmarker zeigt Herzmuskelschädigung an)
Herz-Ultraschalluntersuchung (Bildgebung von Bewegungsstörungen der Herzwand, Durchblutungsstörungen)
Computertomographie (bei Verdacht auf Aortendissektion)
Während der Untersuchungen beantwortet Patient je nach Zustand Fragen zu Symptomen/Vorgeschichte. So ermöglicht die CPU neben der raschen Abklärung eines akuten kardiologischen Notfalls wie Herzinfarkt auch die rasche Abklärung anderer ernsthafter Komplikationen wie die akute Lungenembolie oder die – seltene – Aortendissektion. Bei Frauen wird zudem gelegentlich das Syndrom des gebrochenen Herzens (Tako-Tsubo-Kardiomyopathie) beobachtet. Alle drei Erkrankungen weisen Herzinfarkt-ähnliche Symptome wie Brustschmerzen und Luftnot auf. Das CPU-Team schafft Klarheit darüber, wer welche Behandlung braucht und vor allem: wie schnell diese erfolgen muss.