Abgestellt

Glücklich schätzen kann sich der stolze Besitzer eines Wohnmobils, der sein Fahrzeug auf dem eigenen Grundstück abstellen kann. Doch das ist in vielen Städten – insbesondere Großstädten – nicht so einfach möglich. Da ist Parkraum Mangelware. Und so ein Wohnmobil nimmt aufgrund seiner Länge und Breite manchmal schon vier Parkplätze in Anspruch. Doch was gibt es schöneres und entspanntes endlich mit dem eigenen Gefährt auf eine kürzere oder längere Reise zu gehen. Was im „Heimathafen“ schon viele Nerven kostet, treibt den Blutdruck dann auf der Reise ebenfalls in die Höhe: kein Stellplatz weit und breit zu finden – alles belegt.

Engpässe auf Camping- und Stellplätzen

Und ein Ende der Stellplatznot ist nicht in Sicht. Einige Hersteller von Wohnmobilen haben schon seit Jahren regelmäßig ihre Produktion am Beginn des Jahres verkauft. Immer mehr Hersteller sind nun davon betroffen. Denn die Nachfrage steigt weiterhin unaufhaltsam. Die Caravaning-Industrie verzeichnet das neunte Rekordjahr in Folge: 2019 wurden rund 81.000 Freizeitfahrzeuge in Deutschland neu zugelassen, für das kommende Jahr sind bei vielen Herstellern schon mehr Bestellungen eingegangen, als Fahrzeuge produziert werden können. Der Boom bringt die Forderung nach einer geeigneten Infrastruktur mit sich. Wo viele Fahrzeuge unterwegs sind, werden auch viele Stellplätze benötigt. Doch nicht nur der Stellplatz-Bedarf steigt, auch die Ansprüche der Kunden wachsen und die Fahrzeuge werden immer größer. Auch bereits existierende Stellplatzbetreiber müssen deshalb überdenken und investieren, wenn sie weiter bestehen wollen. Da hilft kein reden; da ist machen angesagt.

Vom Empfehlungsmarketing profitieren

Stellplätze zu vermarkten scheint in einer Zeit des Mangels wohl das geringere Problem zu sein. Doch negative Bewertungen im Netz führen trotzdem schnell zu einem Kundenschwund. Das musste der Wohnmobilstellplatz Mettnau in Radolfzell nach einer Preiserhöhung erfahren. Daraufhin habe sich die Tourismus- und Stadtmarketing Radolfzell GmbH mit Gemeinderat und Stadtverwaltung zusammengesetzt und nach ausgiebiger Beratung und einem Zuschuss des Landes den Stellplatz neu angelegt. Inzwischen hat sich der Platz am Bodensee zu einem Best Practice Beispiel entwickelt, wie die Geschäftsführerin Nina Hanstein beim Stellplatz-Gipfel berichtete. Entscheidend sei dafür aber nicht nur die Qualität des Platzes und die Übernachtungspreise, sondern auch die richtige Vermarktung und die Auffindbarkeit des Platzes in Stellplatzführern oder Routen-Apps. Auch Prädikate, die nach ausgiebiger Prüfung von Experten vergeben werden, seien entscheidend für die Kunden, ergänzte Löhrer. Nicht zu unterschätzen sei aber das persönliche Empfehlungsmarketing in einer so stark vernetzten Zielgruppe wie die der Camper.

Da die überwiegende Zahl der Camper im eigenen Land bleibt, ist handeln gefragt. Denn Camper sind – obwohl sie ihre eigene Unterkunft mitbringen – eine wirtschaftlich interessante touristische Zielgruppe für Gastronomie und Handel. Doch Camper müssen auch ernst genommen werden. So verliert schnell jeder Wohnmobilist die Freude am Besuch eines Ortes, wenn er schon am Ortseingang von der Weiterfahrt ausgeschlossen wird und ihm nicht passende Stellmöglichkeiten angeboten werden. Ja, liebe Bodensee-Region, da ist großer Handlungsbedarf.

Stellplatzführer

Stellplatzführer können dabei hilfreich sein, den passenden Aufenthaltsort zu finden. So springt auch ein völlig unbedarfter Anbieter wie der Baden-Württembergische Heilbäderverband auf diesen Zug auf. Mit „Mein Thermenstellplatz“ informiert er Reisemobilisten mittels einer interaktiven Karte über Stellplätze an Heilbädern, Thermen und Kurorten und bietet Informationen zum jeweiligen Angebot vor Ort. Denn Kurorte und Thermen profitieren sehr stark von Caravanern. Das belegen die Zahlen: Mit über 880.000 Übernachtungen auf in baden-württembergischen Kurorten und Heilbädern gelegenen Stellplätzen stellen die Reisemobilisten einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor für die Kommunen dar, den es weiter zu nutzen und auszubauen gelte, so die Verantwortlichen.

Auch der ADAC ist mit seiner Marke Pimcamp bei der elektronischen Vermarktung aktiv. Doch das schafft alles keine neuen Plätze. Mit rund 3.000 Campingplätzen stagniert die Anzahl in Deutschland; in Europa sinkt die Zahl der Plätze sogar. Wie viel Wohnmobilstellplätze es in Deutschland gibt, ist immer noch nicht genau bekannt. Jedenfalls viel zu wenig . . .