Wir kennen das alle oder haben schon davon gehört: was in Onlineshops, auf Flohmärkten oder im stationären Handel angeboten wird, muss nicht unbedingt echt sein. So manches Schnäppchen entpuppt sich als gefälscht. Wie sich dieser Markt im Automobilsektor entwickelt hat, recherchierte luckx – das magazin.
Produktfälschungen
Es ist eine erschreckende Zahl, die Mercedes-Benz kommuniziert: Weltweit werden täglich durchschnittlich mehr als zwei Razzien von Gewerbeaufsichts- und Strafverfolgungsbehörden zu Produktfälschungen von Mercedes-Benz Teilen durchgeführt. Dabei wurden über 142.000 Angebote von Produktfälschungen auf Social Media- und Online-Plattformen gelöscht. Das ist für einen Premiumproduktanbieter wie Mercedes-Benz nicht nur ein großer finanzieller Schaden. Auch die Reputation leidet darunter. Was vielen nicht bewusst ist: solche Produkte können auch die Sicherheit der Fahrzeuge beeinflussen. Okay, das muss nicht immer sein. Doch gerade bei Premiumprodukten ist der Reiz zur Fälschung mit geringer Qualität hoch, weil dadurch hohe Gewinne winken. So ist es nur Verständlich, dass eine enge Zusammenarbeit mit Gewerbeaufsichts- und Strafverfolgungsbehörden Fälschern den Kampf angesagt wird. Im Fokus stehen dabei sicherheitsrelevante Fälschungen, die für alle Verkehrsteilnehmer zur Gefahr werden können, wenn sie nicht die Qualität von Originalteilen haben. So wurden beispielsweise im Mai und Juni 2023 Luftfilter aus Papier sichergestellt, die nach dem Einbau schwere Unfälle verursachen können. Auch gefälschte Bremsteile, Räder sowie Karosserie- und Lenkungsteile konnten sichergestellt werden. Die gefälschten Teile werden nach Beschlagnahme vernichtet. Allein im Jahr 2023 haben die Behörden mehr als 1,6 Millionen Mercedes-Benz-Produktfälschungen in über 740 Razzien weltweit beschlagnahmt. Damit stieg die Zahl der Razzien im Vergleich zum Vorjahr deutlich um knapp 20 Prozent an.
Fälschung hat industrielle Formen angenommen
Um es klar zu stellen: Alle Automobilhersteller sind auf die Zulieferindustrie angewiesen. Dass diese auch den Ersatzteilhandel mit Original- und gleichwertigen Produkten beliefert, ist selbstverständlich. Doch daneben gibt es eine richtige „Fälscherindustrie“, die enorme Margen erzielt und anscheinend die Strukturen von organisiertem Verbrechen aufweist, berichtet der schwäbische Automobilhersteller. Diese gefährdet die Sicherheit im Straßenverkehr, nimmt keine Rücksicht auf die Umwelt und steht weder für fairen Lohn noch für Arbeitssicherheit. Qualitätskontrollen gibt es nicht.
Razzien gehen oft monatelange Ermittlungen und Vorbereitungen voraus. Die Markenschützerinnen und Markenschützer bei Mercedes-Benz prüfen Angebote auf Internetseiten, gehen Hinweise auf Fälschungen nach und recherchieren intensiv, um die Fabriken der Fälscher auszumachen. Die Ergebnisse stellt das Team den Behörden zur Verfügung, die für die Durchführung von Razzien zuständig sind. Um Produktfälschungen sicher zu erkennen, sind ein geschultes Auge und langjährige Erfahrung notwendig, weil sich eine Fälschung optisch oft kaum von einem Originalteil unterscheidet.
Fälscherbanden bewegen sich verstärkt auf Online-Plattformen und Social Media, um Produktfälschungen großflächig zu vertreiben, so die Stuttgarter. Beim Handel mit gefälschten Waren nutzen die Fälscher die weitgehende Anonymität sowie die dezentrale Natur der Online-Marktplätze und -Technologien.
Wie lassen sich Produktfälschungen erkennen?
Ein paar einfache Punkte beim Einkauf können Verbraucherinnen und Verbrauchern helfen, um nicht auf Produktfälschungen zu stoßen. Das fängt bei der sorgfältigen Prüfung von auffällig erscheinenden Angeboten im (Online-)Alltag an. Typische Alarmsignale für Produktfälschungen sind ein deutlich niedrigerer Preis, Auffälligkeiten in der Produktqualität oder der Verkauf über zweifelhafte (Online-)Quellen. Teilweise lässt sich sofort an den Produktbildern oder an den Bezeichnungen erkennen, dass es sich nicht um Originale handeln kann, zum Beispiel, wenn Mercedes-Benz diese Produkte gar nicht selbst herstellt. Viele der Angebote lassen sich jedoch für die Laien optisch nicht vom Original unterscheiden.
Leider ist das Problem nicht nur auf den Stuttgarter Premiumhersteller begrenzt. Auch andere Fahrzeugproduzenten klagen über Produktfälschung. Wer darüber hinaus aufmerksam die Internetseiten verschiedener Anbieter aus anderen Branchen betrachtet, wird ebenso Fälschungen bei Textilien, Elektrogeräten und vielen mehr entdecken.