Ungenutzt

So mancher Stromverbraucher wird einmal eingeschaltet und gerät in Vergessenheit. Das gilt zum Beispiel für Heizungspumpen. Sie arbeiten meist Tag und Nacht. Bis sie irgendwann ausfallen. Auch bei den Energiequelle schlummert eine Quelle im Verborgenen, wie luckx – das magazin recherchierte.

Flächennutzung

Kommen wir zuerst noch einmal auf die Heizungspumpe zu sprechen. Meist arbeitet sie ohne Unterlass 10, 15 oder 20 Jahre. Das in dieser Zeit neuere Modelle mit geringerem Verbrauch auf dem Markt erhältlich sind, fällt dem Eigentümer erst bei deren Ausfall auf. So sollten nicht nur Heizungspumpen, sondern eigentlich alle Verbraucher, regelmäßig geprüft werden. Das bedeutet aber nicht, dass ein funktionierendes Gerät einfach getauscht wird, nur weil eine neueres einige Watt weniger verbraucht. Denn Umweltschutz fängt auch dort an, wo Geräte länger genutzt werden.

Bei den Photovoltaikanlage ist es ähnlich. So manche Fläche liegt den ganzen Tag unter Sonneneinstrahlung, so dass darauf montierte PV-Anlagen viel elektrische Energie produzieren könnten. So könnte der Firmen- oder Wohngebäudeparkplatz mit einer Überdachung durch PV-Module nicht nur Strom produzieren. Sondern auch den Mitarbeitern und Mietern einen Schutz für ihr Fahrzeug bieten. Als eine Art Carport sind dann die Fahrzeuge vor Sonne, Regen und Schnee geschützt, was gleichzeitig auch der Fahrzeugwerterhaltung dient. Darüber hinaus entfällt im Sommer das durchlüften und eine geringerer Kraftstoffverbrauch als auch im Winter das Eiskratzen. Außerdem werden solche Anlagen gefördert. Die Vorzüge sind eindeutig: Doppelnutzung von bereits versiegelten Flächen und im Verbund mit Wallboxen und Ladesäulen kann der Strom direkt dort genutzt werden, wo er erzeugt wird.

CO2-Einsparung

Parkplatz-PV-Anlagen bieten heute Versorgungslösungen fernab individuell umgesetzter Eigenheim-Solarcarports: Im großen Stil können sie im Gewerbesegment und in der kommerziellen Nutzung einerseits die Eigenversorgung von Unternehmen und Gewerbeimmobilien mit Solarstrom sicherstellen. Andererseits können große Parkplatzanlagen zum Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur für E-Mobilität und damit zur Verkehrswende beitragen. Der Imagegewinn ist ein positiver Faktor für die Betreiber, die so auch wirksame CO2-Einsparmaßnahmen umsetzen, ihren Klimaschutzverpflichtungen nachkommen und Wertschöpfung aus Parkplatzflächen generieren können. Nebenbei schont die Überdachung den Parkplatzbelag. Kommunen können mit Parkplatz-PV auf öffentlichen Parkplätzen in Verbindung mit Ladesäulen ihren Beitrag zur Mobilitäts- und Energiewende leisten. Trotzdem muss Parkplatz-PV noch einige Hürden nehmen: Derzeit sind der Planungsaufwand sowie die Anforderungen aufgrund baurechtlicher Vorgaben noch höher als im Vergleich zu traditionellen Dachanlagen, ebenso die Investitionskosten, schließt man die speziellen Überdachungskonstruktionen in die Berechnung mit ein.

Potenziale

Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich und der RWTH Aachen haben jüngst in einer geospatialen Flächenanalyse in Einklang mit der bestehenden Gesetzgebung das Potenzial von Parkplatz-PV in Deutschland ermittelt. Sie kommen in der Studie zu der Schlussfolgerung, dass für bereits bestehenden Parkplätzen mit mehr als 35 Stellplätzen insgesamt ein technisches Potenzial von 24,6 Gigawatt, für Parkplätze mit mehr als 50 Stellplätzen insgesamt 22,2 Gigawatt und für solche mit mehr als 100 Stellplätzen ein Potenzial von insgesamt 16,5 Gigawatt bestehen. Dabei weist Nordrhein-Westfalen mit 5 Gigawatt das größte Potenzial auf.

Das Problem: Die in verschiedenen deutschen Bundesländern verabschiedeten Verpflichtungen zu Parkplatz-PV gelten derzeit nur für Neubauten, nicht für Parkplätze im Bestand. Eine PV-Pflicht bei neuen Parkplatzen gibt es in Deutschland in den Bundesländern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Um die Parkplatz-PV weiterhin in Deutschland zu fördern, wurde diese Anwendung mit dem Solarpaket I, das die Bundesregierung im Mai 2024 verabschiedete, in das Untersegment „besondere Solaranlagen“ aufgenommen. Diese Anlagen haben nun einen eigenen Höchstwert von 9,5 ct/kWh. Ob Parkplatz-PV förderfähig ist, hängt in Deutschland weiterhin davon ab, ob die Überdachung als bauliche Anlage gewertet wird – falls dies der Fall ist, liegt die Vergütung wie bei normalen Freiflächenanlagen bei 7 ct/kWh. In Frankreich ist die Gesetzgebung schon einen Schritt weiter: Dort wurde im Juli 2023 eine allumfassende PV-Pflicht auf Parkplätzen (Neubauten und Bestand) mit einer Fläche ab 1.500 Quadratmetern eingeführt.

Programm „Parkplatzüberdachung mit Photovoltaik“

Baden-Württemberg zeigt, wie staatliche Förderung für Parkplatz-PV funktionieren kann: 1,5 Millionen Euro stellt das Land für 10 Projekte zur Verfügung. Die Förderung liegt dem Programm „Parkplatzüberdachung mit Photovoltaik“ des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zugrunde. Im Vergleich zu Dachanlagen fallen bei Parkplatz-PV-Anlagen 50 Prozent höhere Kosten an – dies ist der Unterkonstruktion, auf der die Module installiert werden, geschuldet. Bei einer Vergütungshöhe von 7 ct/kWh lohnt sich die Installation nur, wenn von Synergieeffekten profitiert werden kann. Diese können das Laden von Elektrofahrzeugen, aber auch die Verringerung von Netzstrombezug eines Unternehmens sein. Darüber hinaus muss freilich der Nutzen durch die Parkplatz-Überdachung wie Schonung des Parkplatzbelags und Schutz der Fahrzeuge vor Witterungseinflüssen in die Wirtschaftlichkeitsberechnung mit einbezogen werden.

Pionierprojekte

Projekte, die auch bei Parkplatz-PV neue Maßstäbe setzen, gibt es in Deutschland und weltweit viele: Den größten PV-Parkplatz Deutschlands errichtet derzeit die Mosolf-Gruppe in ihrem Logistikzentrum in Rackwitz, Sachsen. Auf einer Fläche von neun Hektar wird die Anlage, bestehend aus 35.000 Solarmodulen, nach Fertigstellung eine Spitzenkapazität von 16 MW erreichen und etwa 6.000 Kraftfahrzeugstellplätze überdachen. Der erzeugte Grünstrom wird ins Netz eingespeist, die Anlage erzeugt 40-mal so viel Strom, wie das Unternehmen selbst verbraucht. Erst jüngst wurde im Juli 2024 der erste Bauabschnitt von Deutschlands künftig größter PV-Parkplatzüberdachung in Betrieb genommen.

Die größte Parkplatz-PV-Anlage weltweit lässt sich derzeit in Hainaut in Belgien finden: Ein 40 MW-Solarcarport ist dort auf der Fläche des Zoos und botanischen Gartens Pairi Daiza errichtet worden. Das gesamte Investment dafür belief sich auf 40 Millionen Euro, die Unterkonstruktion besteht vollständig aus Holz, um den Nachhaltigkeitsfaktor der Anlage zu erhöhen.