Wer tauscht mit wem?

Wir leben in einer Sharing economy. Jedenfalls wollen uns das viele nahelegen. Da wird alles getauscht, was möglich ist: Handwerkszeug, Fotoapparate und nun auch Wohnungen. Luckx – das magazin hat recherchiert, was diese Urlaubsform zu bieten hat.

Das Zuhause teilen

Kleidung tauschen, ein Carsharing-Auto fahren oder Werkzeuge teilen: Viele Menschen nutzen bereits Sharing-Dienste in ihrem Alltag. Die Sharing Economy ermöglicht es nicht nur, Kosten zu sparen, sondern auch bewusster zu konsumieren und Ressourcen zu schonen. Selbst im Urlaub ist es möglich, statt in einem Hotel in der Wohnung eines anderen zu übernachten. Allerdings sind nicht alle privaten Unterkünfte wirklich nachhaltig, denn die Vermietung von Wohnungen an Touristen ist längst ein Geschäftsmodell. Doch es gibt Alternativen zu kommerziellen Angeboten. Bei der Sharing Economy geht es um die gemeinsame Nutzung von Ressourcen, die sonst nicht genutzt werden würden. Plattformen für kurzfristige Touristenvermietungen und Carsharing-Anbieter sind klassische Beispiele für diese Form der Wirtschaft. Bei den Unterkünften ist sie jedoch auffällig: Statt privater Wohnungen, in denen die Gastgeber tatsächlich wohnen, werden ganze Ferienwohnungen und -häuser über Plattformen angeboten. Mit dem Grundgedanken der Sharing Economy hat das wenig zu tun. Vielmehr verschärft die kommerzialisierte Kurzzeitvermietung an Urlauber oft die Situation auf dem lokalen Wohnungsmarkt, weil dadurch Wohnraum für Einheimische verloren geht.

Echtes Zuhause

Einen anderen Ansatz verfolgen Haustauschgemeinschaften. Hier tauschen Singles, Paare und Familien ihre Wohnungen mit anderen Mitgliedern für die Dauer ihres Urlaubs auf Vertrauensbasis. „Unsere Vision ist es, den Tourismus ethisch und nachhaltig zu gestalten“, erklärt Emmanuel Arnaud, Mitbegründer von HomeExchange. In Deutschland sind 88 Prozent der angebotenen Wohnungen und Häuser Erstwohnsitze. „Da die Mitglieder ihren Wohnraum kostenlos zur Verfügung stellen, wird die Unterkunft weder monetarisiert noch zum Spekulationsobjekt“, so Arnaud weiter. Für die Nutzung der Plattform wird lediglich ein jährlicher Mitgliedsbeitrag erhoben. Darin enthalten ist auch eine Versicherung für den Fall, dass in der Wohnung des Gastgebers etwas kaputt geht. Gut zu wissen: 99,7 Prozent der Tauschvorgänge verlaufen ohne Zwischenfälle, denn die Gäste bemühen sich, die Wohnungen der Gastgeber pfleglich zu behandeln.

Nachhaltigkeit

Die Erfahrung des Mitglieds Petra zeigt, dass Tauschreisen generell das Bewusstsein für einen schonenderen Umgang mit Ressourcen schärfen können. Das Reisen mit dieser Urlaubsform war für sie ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einem umweltfreundlicheren Leben. „Nicht nur der Austausch selbst, sondern das ganze Konzept hat uns dazu inspiriert, unsere Nachbarländer und Deutschland mehr zu erkunden. Außerdem versuchen wir, unsere Emissionen durch Bahnfahrten und Ähnliches zu reduzieren“, sagt die Grundschullehrerin aus Meerbusch. Auch Mitglied Carolin, die in Berlin lebt und seit fünf Jahren so verreist, achtet auf ihren ökologischen Fußabdruck bei der An- und Abreise. „Innerhalb Europas fahre ich mit dem Zug und ich finde es toll, wenn mir jemand sagt, dass er mit dem Zug zu mir kommt. Ich sage ihnen immer, wie sehr ich mich darauf freue, und ich glaube, das schafft eine Verbindung“, sagt sie. Sie wählt den Zug auch deshalb gerne, weil sie ihre Tauschpartner inspirieren möchte: „Ich habe zweimal mit einer Frau aus Kopenhagen getauscht. Letztes Jahr ist sie mit dem Flugzeug nach Berlin geflogen und dieses Jahr hat sie den Zug genommen.“

Mehr als Unterkunft

Die Unterkunft ist bei weitem nicht das Einzige, was die Gastgeber ihren Tauschpartnern bei einem Wohnungs- und Haustauschurlaub zur Verfügung stellen. „In vielen Wohnungen und Häusern warten Kinderspielzeug, Brettspiele oder Bücher auf die Gäste. Manche Gastgeber stellen vorbereitete Lebensmittel in den Kühlschrank, andere vereinbaren mit dem Tauschpartner, dass er sich um die Katze oder den Goldfisch kümmert. Manche Mitglieder bieten sogar an, ihr Auto zu teilen“, sagt Arnaud. Viele schätzen auch die Möglichkeit, die Fahrräder ihrer Gastgeber vor Ort zu benutzen. Sie können auf der Plattform nach solchen Sharing-Optionen filtern. Mitglied Maria aus Unna und ihre Familie nutzten diesen Service zum ersten Mal im Jahr 2023, als sie eine Wohnung in Italien tauschten. „Seitdem suchen wir nur noch Wohnungstauschbörsen mit Fahrrädern und genießen wunderbare Ausflüge, ohne dass wir unsere Räder vorher transportieren müssen.