Glauben wir der Politik und selbsternannten Wirtschaftsexperten, so steht Deutschland wirtschaftlich am Abgrund. Um das zu verhindern, sollen alle auf ein oder besser mehrere Feiertage verzichten. Dass das Problem auch anders gelöst werden kann, ist so manchen noch nicht in den Sinn gekommen, meint luckx – das magazin.
Deutsches Wirtschaftswunder?
Es fehlen Arbeits- und Fachkräfte in Deutschland. Darüber hinaus werden von den Deutschen zu wenig Arbeitsstunden geleistet. Trotzdem gehört die Deutsche Wirtschaft zu den Führenden in der Welt. Was läuft da falsch? Oder ist es gar nicht so, dass die Deutschen zu wenig arbeiten? Gibt es gar andere Schwierigkeiten, die wir noch nicht erkannt haben? Wenn wir uns die Klimadebatte über Starkregen, Stürme, Hitzewellen anschauen, wird eines immer vergessen: Die Hitze gehört zu den wirtschaftliche Risiken. Während Überschwemmungen, Orkane oder zerstörte Infrastruktur sichtbare Spuren hinterlassen und mediale Aufmerksamkeit erhalten, bleiben andere Folgen oft unsichtbar – aber mindestens ebenso folgenreich. Die wirtschaftlich gravierendsten Klimarisiken entstehen zunehmend durch Hitze – mitten im Alltag der Unternehmen. Die Produktivität sinkt, die Gesundheitsrisiken nehmen zu, die Betriebskosten steigen. Laut dem aktuellen Lancet Countdown Policy Brief für Deutschland gingen allein im Jahr 2023 rund 37 Millionen Arbeitsstunden durch Hitzebelastung verloren – ein volkswirtschaftlicher Schaden von nahezu einer Milliarde US-Dollar. Doch dieser Wert unterschätzt das wahre Ausmaß. Denn: Nicht berücksichtigt sind die indirekten Verluste durch verlangsamte Abläufe, reduzierte Produktionsmengen, Fehlerhäufungen, Qualitätsprobleme in sensiblen Fertigungen, IT-Störungen, gestörte Lieferketten oder personelle Engpässe. All das kann die wirtschaftlichen Schäden durch Hitze um ein Vielfaches erhöhen – gerade für mittelständische Unternehmen, die stark standortgebunden und personalkritisch arbeiten.
Dennoch fehlt vielen Unternehmen bislang ein systematischer Zugang zu diesem Thema – und eine Kennzahl, die das Risiko überhaupt greifbar macht.
Die Gefahr im Unternehmensalltag
Nicht berücksichtigt wird, dass Hitze ist ein schleichender Produktivitätskiller ist. Sie beeinträchtigt nicht nur das Wohlbefinden, sondern führt zu konkreten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schäden. Die Auswirkungen von Hitze sind branchenübergreifend und vielfältig. Die meisten Unternehmen unterschätzen die Auswirkungen jedoch. Dabei sind die Kosten schon heute spürbar und werden in Zukunft weiter steigen. So können sich bei den Mitarbeiter bestehende chronische Erkrankungen während Hitzewellen deutlich verschlechtern, so dass die Krankenstände im Sommer schon jetzt zunehmen. Gleichzeitig führt Hitzebelastung dazu, dass Mitarbeiter weniger erholsam schlafen und die allgemeine Produktivität abnimmt. Ohne Anpassungsmaßnahmen ist somit zu erwarten, dass die Produktivität der Mitarbeiter branchenunabhängig mit fortschreitender Klimakrise im Sommer immer weiter abnimmt. Gleichzeitig müssen die bestehenden Arbeitsschutzrichtlinien eingehalten werden. Aufgrund der zunehmenden Hitze ist zu erwarten, dass sich diese in den kommenden Jahren verschärfen werden. Hitzewellen sind häufig assoziiert mit Dürren. Niedrigwasser in Flüssen schränkt auch in diesem Sommer die Transportkapazitäten beispielsweise auf dem Rhein ein. Bei extremer Hitze können außerdem Schienen verbiegen und Autobahnen durch sogenannte Blow-Ups beschädigt werden.
Technik- und Marktveränderungen
Ebenso wie die öffentliche Infrastruktur ist auch die unternehmenseigene Infrastruktur von den Auswirkungen von Hitze betroffen. Die einfach Klimatisierung aller Anlagen ist dabei kostenintensiv und schwierig. Klassische Split-Klimaanlagen sind ineffizient, verbrauchen viel Strom und können klimaschädliche Kühlgase emittieren, die in der EU in wenigen Jahren verboten sein werden. Es ist daher entscheidend, dass bauliche Klimaanpassungsmaßnahmen gut durchdacht sind und den Klimawandel nicht weiter verschärfen. Hier gibt es bereits alternative effektive naturbasierte Maßnahmen. Sie kühlen effizient, verbessern gleichzeitig die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden und sorgen für saubere Luft.
Mit fortschreitender Klimakrise wird sich das Konsumverhalten der Menschen verändern. Darin liegen Risiken, aber vor Allem auch Chancen. Einzelhändler in klimatisierten Shoppingmalls können ihren Umsatz während Hitzewellen beispielsweise erhöhen. Ob Landwirtschaft, Bauwesen, Pharmaindustrie oder Gesundheitssektor – in nahezu allen Branchen ist es notwendig, dass die bestehenden Geschäftsmodelle kritisch hinterfragt und angepasst werden müssen, wenn Unternehmen auch in einer fortschreitenden Klimakrise erfolgreich sein wollen.
Fazit
Unternehmen müssen gezielte Maßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen von Hitze zu minimieren. Das können technische Anpassungen sein wie die Installationen von nachhaltigen Kühlsystemen und Verbesserung der Belüftungssysteme. Bei der Organisation können flexible Arbeitszeiten und -orte als auch die Einführung von Hitzepausen sowie strategische Hitzekonzepte und Anpassung von Prozessen sein. Die Schulungen von Mitarbeitern muss im Hinblick zur Sensibilisierung für Selbstschutzmaßnahmen stattfinden. Dieses sind erste, kurzfristige Lösungen. Doch prinzipiell müssen Unternehmen ihre Infrastruktur und Prozesse an die neuen klimatischen Bedingungen anpassen. Der Vorteil lässt sich dann schnell in Milliarden Euro für unsere Wirtschaft messen. Dann könnten der vor 30 Jahren abgeschaffte Buß- und Bettag ebenso wie der 1990 im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung abgeschaffte 17. Juni wieder zum arbeitsfreien Tag erklärt werden.