Wo der Strom herkommt, interessiert uns relativ wenig. Der Strom ist einfach da. Doch für so manchen Zeitgenossen hat es eine tiefere Bedeutung, weil er den Strom selbst erzeugt. Das das Speichern des selben bereit weiterhin schwierigkeiten, wie luckx – das magazin recherchierte.

Bidirektional bekommt mehr Bedeutung

Batteriespeicher werden mit Strom aufgeladen und anschließend für bestimmte Zwecke genutzt. Das können sowohl kleine Zellen im Mobiltelefon (zum Telefonieren), im Auto (zum Starten und für Beleuchtung) als auch für E-Fahrzeuge (zum Antrieb) sein. Wofür der Strom aus den Batterien benutzt wird, ist ihm völlig egal. Er kann auch wieder zurück fließen. Also auch in Richtung Quelle. So kann die E-Autobatterie auch als Hausspeicher zum Betrieb von Waschmaschine, Trockner und vielem mehr dienen. Das wollten die Autohersteller aber nicht – jedenfalls bisher. Nun kommt dem bidirektionalen Laden eine größere Bedeutung zu. In Kombination mit einer passenden Wallbox können sie zukünftig nicht nur Strom in den Auto-Akku laden, sondern auch in den Haushalt oder das Stromnetz zurückspeisen. Sie fungieren damit ähnlich wie eine Powerbank fürs Eigenheim.

Potenzial

„In Deutschland haben bereits mehr als 225.000 der zugelassenen E-Autos die technischen Voraussetzungen für bidirektionales Laden. Das Potenzial der verbauten Akkus als Stromspeicher ist riesig: Würden 60 Prozent der Batteriekapazitäten nachts flexibel zur Verfügung stehen, hätten wir fast 8.000 Megawattstunden Energie, die kurzfristig und dezentral nutzbar wären. Das ist genug Strom, um zweieinhalb Millionen Haushalte von 17:30 Uhr abends bis 5:30 Uhr am Morgen zu versorgen, also beispielsweise genau dann, wenn viele Geräte laufen, aber weniger Solarenergie zur Verfügung steht“, erklärt Filip Thon, CEO von E.ON Energie Deutschland. „Diese Leistung entspricht der von knapp zweieinhalb großen Gaskraftwerken, die in dieser Zeit stillstehen könnten.“

Die bidi-ready E-Autos in Deutschland haben im Schnitt eine Akkukapazität von knapp 65 Kilowattstunden, wie auf Basis der Daten des Kraftfahrtbundesamts analysiert wurdd. Mit der Annahme, dass 60 Prozent dieser Kapazität zur Verfügung stünden, könnte ein einzelnes Auto über Abend und Nacht durchschnittlich elf Haushalte mit Energie beliefern.

Über einen kürzeren Zeitraum von fünf Stunden (17:30-22:30 Uhr), könnte ein einziges Auto rechnerisch sogar fast 19 Haushalte in dieser Zeit komplett versorgen – und das, obwohl die Abendstunden oftmals zum Kochen genutzt werden und energieintensive Geräte wie Geschirrspül- und Waschmaschine laufen. Alle zugelassenen bidirektional ladefähigen E-Autos zusammen könnten abends in dem genannten Fünf-Stunden-Zeitraum Strom für 4,2 Millionen Haushalte abgeben – das entspricht der Leistung von fünfeinhalb großen Gaskraftwerken. Auch wenn nur 25 Prozent der Akkukapazität eines E-Autos für bidirektionales Laden zur Verfügung ständen, könnten 1,8 Millionen Haushalte für fünf Stunden oder knapp 1,1 Millionen Haushalte über die gesamte Nacht versorgt werden.

Erdgas- und CO2-Einsparpotenzial

Durch die intelligente Verwendung von gespeichertem – und idealerweise zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gewonnenen – Strom und dem entsprechend geringeren Einsatz von Gaskraftwerken könnten dank bidirektionalem Laden zukünftig große Mengen Erdgas und somit CO2-Emissionen vermieden werden. Würde die heutige deutsche Flotte bidirektional vorbereiteter E-Autos 200 mal im Jahr einen solchen Teilentladezyklus mit 60 Prozent der jeweiligen Batterieleistung durchführen, könnte das rein rechnerisch rund 238 Millionen Kubikmeter Erdgas einsparen. Das entspricht ungefähr dem Jahres-Erdgasbedarf von 186.000 Haushalten mit Gasheizung und über 500.000 Tonnen CO2-Emissionen.

Die meisten bidi-ready E-Autos sind aktuell in NRW mit mehr als 46.000 rollenden Batterien, die mit 60 Prozent ihrer Kapazität, nämlich 1.611 MWh, mehr als 517.000 Haushalte für zwölf Stunden versorgen könnten. In Bayern stünden 1.340 MWh aus gut 38.000 E-Autos zur Verfügung – genug für 430.000 Haushalte und in Niedersachsen könnten knapp 33.000 bidi-ready Fahrzeuge (1.143 MWh) 367.000 mal Strom für Abend und Nacht bereitstellen.

Datenanalyse

Der Bestand der bidirektional vorbereiteten Fahrzeuge wurde anhand von Herstellerangaben, ADAC und KBA identifiziert (Fahrzeugbestand 1.1.25, veröffentlicht am 30.7.25), auf dieser Basis wurde der gewichtete Durchschnitt der Batteriekapazitäten gebildet und die gesamte verfügbare Strommenge errechnet. Die maximale Entladeleistung wurde mit 11 kW angenommen. Anhand des Standardlastprofils eines durchschnittlichen Haushalts (2.500 kWh/Jahr) wurde errechnet, wie viel Energie in den Zeitfenstern von 17:30 – 22:30 Uhr (5 Stunden) und zwischen 17:30 – 05:30 Uhr (12 Stunden) durchschnittlich pro Stunde benötigt wird. Die errechnete Produktionsleistung eines Gasturbinenkraftwerks mit mehr als 100 MW Nettonennleistung (Quelle: Bundesnetzagentur) wurde gegen die Entladeleistung der bidi-ready Fahrzeuge in den verschiedenen Fällen aufgehalten und so ein Verhältnis zwischen ihnen gebildet. Anhand der durchschnittlichen Energiedichte von H-Gas lt. BNetzA und einem Wirkungsgrad von 57,3 Prozent von Gasturbinenkraftwerken wurde die nötige Gasmenge errechnet, die zur Erzeugung der in der bidi-ready Fahrzeugflotte enthaltenen Strommenge nötig ist.