Der Herzinfarkt ist heute nicht unbedingt mehr ein Todesrisiko, wie es früher einmal war. Durch die medizinischen Fortschritte und Therapiemöglichkeiten sind die Überlebenschancen deutlich gestiegen. Dagegen nehmen andere Herzerkrankungen zu, wie luckx – das magazin recherchierte.
Herzinsuffizienz
Dass die Herzinsuffizienz hierzulande die häufigste Einzeldiagnose bei Krankenhausaufnahmen ist, dafür sind neben der Altersentwicklung auch Fortschritte in der Therapie der Herzschwäche (Device-Therapie, moderne Medikamente) und ihrer Grunderkrankungen wie Vorhofflimmern, Klappenerkrankungen oder Koronare Herzkrankheiten (KHK) verantwortlich. Die Herzinsuffizienz war 2023 der Anlass für 468.579 (2022: 446.814) Krankenhausfälle. Eine weitere Erklärung für die Zunahme der Herzschwäche ist, dass immer mehr Patienten aufgrund der besseren Therapien schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkte überleben. „Nach Überleben eines solchen Ereignisses bleibt in vielen Fällen eine Schädigung am Herzmuskel zurück. Daraus kann sich eine Herzinsuffizienz entwickeln. Das impliziert: Mehr überlebte Herzinfarkte – mehr Folgeerkrankungen, die dann wiederum Ursache eines plötzlichen Herztods sein können“, erklärt Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK)-Präsident Prof. Blankenberg.
Patientenversorgung
Der akute Herzinfarkt ist mit 43.839 Sterbefällen die vierthäufigste Todesursache und Anlass für fast 186.000 Klinikeinweisungen pro Jahr (2023). In der Versorgung der koronaren Herzerkrankung zeigt sich ein Trend zur Ambulantisierung, zum Beispiel bei den Koronarangiographien (+26 Prozent) und teils auch bei den Koronarinterventionen. 2023 wurden 353.512 Perkutane Koronarintervention (PCI) stationär und 15.417 ambulant durchgeführt. Im Vergleich zu 2019 verzeichnen die stationären PCI 2023 damit einen Rückgang um 5,2 Prozent, die ambulanten PCI hingegen innerhalb nur eines Jahres (im Vergleich zu 2022) eine Zunahme von 8,5 Prozent. Die Zunahme der ambulanten Durchführung der PCI lässt sich insbesondere mit dem zunehmenden Druck durch die Kostenträger erklären. Die PCI ist ein minimal-invasives Verfahren zur Öffnung verengter Herzkranzgefäße mit Ballonkatheter und Stent.
Besonders deutlich hat seit 2019 die Zahl der ambulanten Koronaren CT-Angiographien (CCTA) zugenommen, deren Kosten seit 2024 auch von den gesetzlichen Kassen übernommen werden können: von 42.446 Untersuchungen auf 59.757 (2023). In der Herzmedizin erhofft man sich von der Ausweitung der CCTA zusätzliche Effekte auf die Infarktprävention. „Die Ambulantisierung kann in Zeiten knapper Ressourcen und dank der Entwicklungen in der interventionellen Kardiologie ein Vorteil sein, indem sie die kardiologische Versorgung trotz Krisen- und Umbruchseffekten im Gesundheitswesen sicherzustellen hilft“, erklärt der Herzstiftungs-Vize-Vorsitzende Prof. Schunkert.
Kardiologische Reha senkt Risiko für erneute Herzinfarkte
Eine Kardiologische Rehabilitation (KardReha) ist bei allen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wirksam und kann die körperliche Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und auch Lebenszeit der Patienten verbessern. Als fester Bestandteil der Versorgung wird daher eine KardReha zum Beispiel nach einem Herzinfarkt und nach einer Bypass-Operation empfohlen. Denn vor allem in den ersten Monaten nach dem Herzinfarkt besteht ein erhöhtes Risiko für einen erneuten Infarkt (Reinfarkt). Und bis zu einem Drittel der Betroffenen bekommen innerhalb weniger Jahre einen zweiten Infarkt. Diesem Schicksal kann eine Kardiologische Reha vorbeugen. „Herzpatienten sollten direkt im Anschluss an ihren Klinikaufenthalt ihre kardiologische Reha antreten. Diese wird am besten bereits in der Akutklinik beantragt“, empfiehlt der Reha-Spezialist und Kardiologe Dr. Eike Langheim, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR). Nach einem akuten kardialen Ereignis mit Krankenhausaufenthalt steht allen Patienten auch eine kardiologische Rehabilitation (Anschluss-Heilbehandlung (AHB), Anschluss-Rehabilitation ( AR)) zu. Und gerade in den ersten Wochen nach dem Akutereignis ist auch der Bedarf an Unterstützung zur Krankheitsverarbeitung und zur Bewältigung der Angst besonders hoch.
Risikofaktoren
Wie wichtig die KardReha für die Sekundärprävention von Reinfarkten ist, zeigt ein Blick auf die Risikofaktoren und Komorbiditäten der Rehabilitanden. Aus den Daten von 106.166 Patienten aus 63 Reha-Einrichtungen, die im Rahmen einer DGPR-Umfrage (2023) erhoben wurden und im aktuellen Deutschen Herzbericht vorliegen, geht hervor, dass die „Big Five“ unter den Risikofaktoren überwogen: einen Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) wiesen 49,7 Prozent der Patienten auf (35.885 Rehabilitanden), gefolgt von Fettstoffwechselstörung (47,3 Prozent/32.329), Diabetes mellitus Typ 1/2 (24 Prozent/17.309), Adipositas (21,1 Prozent/14.243) und Rauchen (19 Prozent/10.326). Alarmierend: Mit Ausnahme der Raucher ist der Anteil von Patienten, die diese ,Big Five‘ aufwiesen, im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. „In einer KardReha können wir mit konkreten therapeutischen Maßnahmen wie einem Egometertraining oder einer medizinischen Trainingstherapie sowie mit Schulungsmaßnahmen wie einer Diabetesberatung und Seminaren zur Stärkung der Gesundheitskompetenz wirkungsvoll der Reinfarktgefahr bei KHK-Patienten entgegentreten“, erklärt DGPR-Präsident Dr. Langheim. „Studiendaten bestätigen, dass die Teilnahme an einer Reha-Maßnahme die Therapietreue hinsichtlich Medikamenteneinnahme, körperlicher Bewegung, Nikotinverzicht, gesunder Ernährung und Lebensstil fördert sowie die Lebensqualität deutlich verbessert.“
Genauer zu beobachten ist aus DGPR-Sicht die noch hohe Rate an arbeitsunfähigen kardiologischen Rehabilitanden nach Entlassung aus der Reha. Diese Rate liegt mit 69 Prozent deutlich höher gegenüber den 54 Prozent Arbeitsunfähigen der Vergleichsgruppe mit allen Rehabilitanden. Wird fortgesetzt.