Es ist zum verzweifeln: In anderen Ländern wie Spanien öffnen die Hotels und in Deutschland rollte die dritte Welle an. Gleichzeitig werden Friseure, Blumenläden und Schulen geöffnet. Alles Hotspots, wo die Virus-Übertragung prima stattfinden kann. Okay, beim Blumenladen und beim Friseur scheint es der Druck der Straße zu sein, der zur Öffnung führt. Ein Hotspot wohl eher nicht (passte aber gut die die Aufzählungsreihe!). Doch bei der Schulöffnung zeugt das nicht von überlegter politischer Verantwortung. Konnten wir Bürger uns am Beginn der Pandemie im ganzen letzten Jahr auf zuverlässige politische Entscheidungen verlassen, so liegt dem jetzige Szenario ein völlig unüberlegtes Handeln zu Grunde. Denn in anderen Ländern wurde die Erfahrung schon gemacht, was passiert, wenn die Schulen geöffnet werden. Die Griechen haben es doch probiert – und dann nach sehr kurzer Zeit den Laden / Schulen wieder dicht gemacht. Erfahrungen sollten wir auch bei anderen sammeln.
Hotel-Öffnungen
Die Gastronomie und Hotelerie hat es im letzten Jahr gezeigt, wie trotz Corona-Pandemie ein – eingeschränkter – Hotelbetrieb funktionieren kann. Zwar hat es sich für viele Betriebe wirtschaftlich nicht rentiert. Doch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren beschäftigt. Nun sitzen alle zuhause und warten auf ihren Einsatz. So trifft der seit Dezember geltende zweite Lockdown die deutsche Hotelbranche noch härter als der erste. Sollten die erneuten Schließungen länger als das erste Quartal 2021 andauern, werde die Liquidität zahlreicher Betreiber versiegen. Danach gehe es für die Branche ums Überleben, so das Ergebnis der aktuellen Hotelstudie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland.
Im Rahmen der Kurzstudie wurden im Dezember 2020 Betreiber von 320 Hotels mit einer Kapazität von mehr als 50.000 Zimmern zu ihren Erfahrungen während der Covid-19-Krise und ihren Geschäftserwartungen befragt. Die Mehrzahl der deutschen Hoteliers rechnet frühestens ab 2023 mit einer Normalisierung der Geschäftslage. Erst ab 2023/24 wird eine branchenweite Break-even-Auslastung von 60 bis 65 Prozent erwartet – vorausgesetzt, der internationale Reiseverkehr ist wieder uneingeschränkt möglich.
„Die Covid-19-Krise hat die deutsche Hotelbranche hart getroffen. Nach gut zehn Jahren konstanten Wachstums, kam es 2020 zu einer Vollbremsung“, sagt Thorsten Loose, Senior Manager Real Estate bei PwC Deutschland. „Der zweite Lockdown hat noch fatalere wirtschaftliche Auswirkungen auf die Häuser als der Erste. Trotzdem ist es erstaunlich, wie resilient die Branche ist.“
Hotelbranche ächzt unter neuem Lockdown
Buchungsrückgänge von 40% bis 60% im Vergleich zu den Vorjahren haben den Hotelbetreibern schwer zugesetzt. In der Spitze wurden Rückgänge in den Buchungen um bis zu 90% erlebt, wenn das Hotel überhaupt geöffnet blieb. Je länger die Krise andauert, desto häufiger werden die Betreiber dazu gezwungen, ihren Liquiditätsbedarf über Preisnachlässe zu decken. Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen bieten nach wie vor keine ausreichenden Möglichkeiten, Liquidität zu sichern. Kurzarbeitergeld wird gezahlt, aber die Überbrückungshilfen fließen nicht ausreichend und bei der Anpassung von Pachtverträgen bestehen keine rechtlichen Möglichkeiten zu weitergehenden Änderungen.
Das Resultat der Misere: „Für Immobilieneigentümer sowie Finanzierer steht die Assetklasse Hotelimmobilien ganz oben auf der Risiko-Agenda. Distressed Debt Investoren warten bereits auf Investment-Opportunitäten“, sagt Thomas Veith, Real Estate Leader bei PwC Deutschland.
Schnellere Erholung in B- und C-Städten
Der Studie zufolge dürften sich die Top-7-Städte in Deutschland mit ihren Messe- und Konferenzangeboten langsamer von der Krise erholen als B- oder C-Städte. Während in den A-Städten Geschäftsreisende weiter ausblieben, würden inländische Touristen die internationalen Reisebeschränkungen verstärkt dazu nutzen, B- und C-Städte oder Regionen im Rahmen von Kurztrips kennenzulernen.
Parallel dazu beschleunigt die Pandemie den Wandel der Branche: Die bereits 2020 entwickelten, umfassenden Hygienekonzepte werden zunehmend zu Qualitätsmerkmalen und als markenprägend wahrgenommen. Verstärkt eingesetzte digitale Lösungen wie der online Check-In/Out, die Türöffnung per Smartphone (Keyless Entry) und Hybrid-Konferenzen dürften auch nach der Krise weiter zum Einsatz kommen. Dazu konnte die Tourismusmesse ITB weitere Ansätze liefern.
Doch die nun anrollende dritte Welle könnte viele Investitionsentscheidungen weiter hinausschieben oder ganz unmöglich machen. Denn wenn das Hotel vom Markt genommen werden muss, wird keine Investition erfolgen. Das sind weitergehende fatale Aussichten für die Tourismusbranche.