Weiterhin ist der stationäre Handel geschlossen. In den Schaufenstern hängt zum Teil noch die Winterware. Denn, von einigen Click & Collect Aktionen einmal angesehen, bewegt sich auf den Kleidungsständern nicht viel. Große Mengen unverkaufter Saisonware füllt die Läger, ein Überangebot an Bekleidung und Mode ist vorhanden. Luckx – das magazin hat nachgefragt, was so alles raus muss.
Lagerbestände
Schon in normalen Zeiten wird 130 Prozent der absetzbaren Ware produziert. Was ist mit dem Rest? Der wandert in die Tonne. Das hatte schon erste Auswirkungen. Aus den Produktions-, Import- und Exportstatistiken für 2019 sind schon erste Auswirkungen des jahrelangen Überangebots zu erkennen. Danach ist die sog. Inlandsverfügbarkeit (Produktion plus Import minus Export) bei Bekleidung gegenüber 2018 um 5,7 Prozent auf 4,150 Mrd. Bekleidungsteile gesunken. Bei Wohntextilien (ohne Bettwaren und Matratzen) fiel die in Deutschland angebotene Menge sogar um 16,0 Prozent auf 108 Mio. Teile. Hinzu kamen 442,6 Mio. Paar Schuhe (-1,0 %) in 2019.
Rein statistisch entfällt damit auf jeden der rund 83 Mio. Einwohner Deutschlands ein Angebot von 50 Bekleidungsstücken pro Jahr. Das mutet auf den ersten Blick sehr viel an. Allerdings entfällt ein Großteil auf Kleinteile wie Strumpfwaren/Strumpfhosen, Wäsche/Dessous, Handschuhe, Schals, Mützen sowie T-Shirts/Unterhemden. Das waren in 2019 insgesamt rund 2,5 Mrd. Teile, also rund 30 Teile pro Person. Etliche dieser Waren unterliegen einem schnellen Verschleiß oder sollten aus hygienischen Gründen regelmäßig erneuert werden.
Verbrauchsdaten
Auf Großteile entfällt dagegen mit 20 Artikeln pro Person und Jahr nur ein kleinerer Teil des Bekleidungsangebots. Bei Mänteln, Anoraks und Jacken lag 2019 die Inlandsverfügbarkeit für Damen, Herren und Kindern z.B. bei 136,8 Mio. Teilen, so dass jeder Einwohner 1,65 Teile kaufen konnte. Bei Pullovern/Strickjacken waren es 446 Mio. Teile (5,4 Teile pro Person) und bei Blusen/Hemden 246 Mio. Teile (3 Teile pro Person).
So kommt auch der Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels e.V. (BTE) zum schluss, dasst das Bekleidungsangebot in Deutschland derzeit grundsätzlich nicht überdimensioniert. Zwar dürften 2020 und 2021 etliche Großteile vor allem im Bereich Business- und Anlassmode nicht verkauft werden, dies ist aber primär der Corona-Pandemie geschuldet. Viele der nicht verkauften Bekleidungsteile wurden eingelagert. Im Zuge dessen haben Industrie und Handel für die aktuelle und die nächste Verkaufssaison ihre Produktionsmengen bzw. Einkaufsvolumina entsprechend heruntergefahren und den neuen Marktgegebenheiten angepasst.
Die Konsequenzen sind absehbar. Viele Anbieter haben ihr Geschäftsmodell angepasst: Mehr online, weniger stationärer Handel. Das führt auch zu weniger Personal im Textilhandel. Darüber hinaus haben die Produzenten in Asien ihre Produktion zurückfahren müssen oder ganz eingestellt. So verloren viele Arbeitskräfte auch dort ihre Beschäftigung.
Doch wie kann es weitergehen? Brauchen wir tatsächlich das 25zigste T-Shirt für 3 Euro? Der könnte statt der Billigware auch ein qualitativ höherwertiges Produkt für Kundenzufriedenheit sorgen? Eine Entscheidung, die jeder für sich treffen muss. Spätestens, wenn alles – fast – wieder normal läuft, könnte diese Diskussion vergessen sein oder erst richtig in Gang kommen.