Viele Deutsche möchten gern in das eigene kleine Häuschen investieren. Zwar sind die Hypothekenzinsen weiterhin extrem niedrig. Doch die Immobilienpreise sind dermaßen in die Höhe geschossen, dass die Finanzierung nicht mehr gestemmt werden kann. Bei einem Ende der Zinsbindung und deutlich höheren Zinsen könnten die Raten bei einer Steigerung nicht mehr finanziert werden. Wo trotzdem in Immobilien investiert wird, hat luckx – das magazin recherchiert.
Optimismus
Auf den wichtigsten europäischen Immobilienmärkten ist der Optimismus zurückgekehrt, obwohl die Pandemie noch nicht vollständig besiegt ist. Der von Union Investment in Deutschland, Frankreich und Großbritannien ermittelte Immobilien-Investitionsklimaindex hat sich im ersten Halbjahr 2021 in allen drei Ländern deutlich erholt und liegt wieder auf dem Vor-Corona-Niveau oder sogar leicht darüber. Spitzenreiter ist Großbritannien: Hier kletterte der nationale Index im Vergleich zu Erhebung im zweiten Halbjahr 2019 um 4,3 auf 68,7 Punkte. In Deutschland (66,7) stieg der nationale Index 3,5 Punkte über das Vor-Corona-Niveau. Nur Frankreich verpasst den Anschluss knapp: Im zweiten Halbjahr 2019 lag der nationale Index bei 67,6 und erreicht aktuell 67,2 Punkte. Damit scheint die Corona-Krise, die die Märkte stark gelähmt hat, zunächst einmal immobilienseitig überwunden.
„Mit steigender Impfquote und abnehmenden Reise- und Zugangsbeschränkungen sind auch die Immobilien-Investoren wieder optimistischer. Die Investmentmärkte beleben sich, die Beschäftigtenzahlen steigen wieder und auch bei der Vermietungsleistung sind Zuwächse zu verzeichnen. Vieles spricht dafür, dass wir uns trotz noch nicht vollständig überwundener Pandemie am Beginn eines neuen Immobilienzyklus befinden“, sagt Olaf Janßen, Leiter Immobilien-Research bei Union Investment.
Verbesserte Aussichten
Insbesondere haben sich die Erwartungen der 151 in den drei größten europäischen Volkswirtschaften befragten institutionellen Immobilien-Investoren deutlich verbessert. In allen drei Regionen liegt der Teilindex über dem Vor-Corona-Niveau: In Frankreich stieg der Teilindikator im ersten Halbjahr 2021 um eindrucksvolle 19,1 Punkte und liegt nun 2 Punkte über dem Ergebnis zu Beginn der Pandemie. In Großbritannien (57,2) kletterte der Indikator um 11,8 Punkte nach oben und liegt damit 10,6 Punkte über dem Vor-Corona-Niveau, in Deutschland (59,6) um 9,5 Punkte – 9 Punkte über dem Stand vor der Pandemie.
Dennoch geht die Corona-Pandemie nicht spurlos an den Immobilienmärkten vorüber. 80 Prozent der von Union Investment befragten Investoren rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit einer veränderten Nachfrage auf den europäischen Immobilien-Investmentmärkten. Das heißt, vor allem Objekt- und Mieterqualität werden nun deutlich stärker geprüft. 73 Prozent der Studienteilnehmer erwarten, dass die Käufer insgesamt vorsichtiger werden.
Büros und Wohnungen sind gefragt
Bei der Frage nach den Investitionsschwerpunkten der kommenden zwölf Monate liegen die Nutzungsarten Büro und Wohnen auf den ersten beiden Plätzen. Insgesamt 33 Prozent der Umfrageteilnehmer wollen primär in Büros investieren, 26 Prozent in Wohnungen. Das seit der Corona-Pandemie zunehmende Arbeiten im Homeoffice hat der Beliebtheit von Büroobjekten also keinen wesentlichen Abbruch getan. Nur 13 Prozent der Befragten wollen aufgrund der Homeoffice-Thematik auf Büroinvestments verzichten, nur drei Prozent beabsichtigen sich von Büroobjekten zu trennen. Allerdings achten 68 Prozent der Studienteilnehmer bei Büroimmobilien verstärkt auf Lage- und Ausstattungskriterien.
Anders als in Frankreich und Großbritannien stehen in Deutschland nicht Büros, sondern Wohnungen ganz oben auf der Einkaufsliste: 40 Prozent der Befragten wollen hier in den kommenden zwölf Monaten investieren. „Wohnimmobilien galten viele Jahre als die Langweiler im Portfolio. Inzwischen sind sie schon fast Superstars. Grund dafür ist, dass der Faktor Sicherheit im Zuge der Corona-Pandemie enorm an Bedeutung gewonnen hat und Wohnimmobilien als Stabilisator im Portfolio gelten. Zu Recht. Sie haben eine niedrige Korrelation zur zyklischen Entwicklung am Gewerbeimmobilienmarkt, liefern stabile Cashflows und haben gute, langfristige Wertsteigerungsperspektiven“, erläutert Olaf Janßen.
Investiert wird zuhause
Die befragten Investoren haben bei ihren Wohninvestments eine deutlich Präferenz für ihren Heimatmarkt, den sie in der Regel am besten kennen – und auch bereisen können, sollte es erneut zu internationalen Reisebeschränkungen kommen. So wollen 97 Prozent der deutschen Umfrageteilnehmer in Deutschland investieren, 90 Prozent der Franzosen in Frankreich und 82 Prozent der Briten in Großbritannien.
Alles was knapp ist, steigt im Preis. Und so rechnen die befragten Investoren in den kommenden zwölf Monaten vor allem bei den Nutzungsarten Logistik und Wohnen mit steigenden Mieten. „Die Logistik profitiert vom wachsenden Online-Handel und den zunehmenden Internetaktivitäten stationärer Einzelhändler. Daraus ergeben sich positive Nachfrageimpulse für Lager- und Distributionsflächen, insbesondere für moderne Logistikimmobilien und solche, die der Paketzustellung an den Endkunden dienen. Den Wohnimmobilienmarkt hat die Corona-Krise nur kurzfristig belastet, da durch umfangreiche staatliche Hilfsmaßnahmen ein schneller Anstieg der Arbeitslosenzahlen, wie er in anderen Krisen zu beobachten war, verhindert werden konnte“, erklärt Olaf Janßen.
Risiko
Die Einschätzung der Risiken für das eigene Portfolio unterscheidet sich je nach Land. In Deutschland gaben 53 Prozent der Befragten einen Mangel an geeigneten Investitionsobjekten als höchstes Risiko für ihr Geschäft an. In Frankreich sind es generell sinkende Mieterträge (48 Prozent der Befragten). Dennoch stehen derzeit vor allem der Einzelhandel und der Hotelbereich vor besonderen Herausforderungen. Die Hälfte der Umfrageteilnehmer stuft das veränderte Reiseverhalten und die damit verbundenen Herausforderungen für Hotels jedoch als relativ geringes Risiko ein, 15 Prozent halten es für hoch.
Einen sinkenden Bedarf an Einzelhandelsflächen beurteilen 41 Prozent der Befragten ebenfalls als ein geringes Risiko, 23 Prozent sehen hier für ihr Portfolio ein hohes Risiko. Es scheint darauf anzukommen, wie man investiert ist. „Im Bereich der Einzelhandelsimmobilien ist seit einiger Zeit eine Zweiteilung des Marktes zu beobachten. Einerseits gibt es eine große Investorennachfrage nach Handelsimmobilien mit Nahversorgungsfunktion, beispielsweise Supermärkten, Discountern oder Nahversorgungscentern. Auf der anderen Seite hat die Nachfrage nach Ladenlokalen in den 1a-Lagen sowie nach Shoppingcentern spürbar abgenommen“, sagt Olaf Janßen.