Was nach über 30 Jahren deutscher Wiedervereinigung nur noch wenigen bewusst ist, dass Berlin eine „Insel“ war. Um dorthin zu gelangen, mussten viele Kilometer über DDR-Autobahnen mit reichlich Grenzkontrollen zurückgelegt werden. Heute erinnert nur noch wenig daran. Auch die Versorgung bereitet Berlin viele Probleme. Welche Auswirkung das auf die Grüne Woche hatte, recherchierte luckx – das magazin. Fortsetzung von Teil zwei.
Neue Konzepte
1971 wurde das Konzept der Grünen Woche durch Lehr- und Sonderschauen wie beispielsweise zu EDV und Fischerei, zu Wald und Landschaft erweitert. Stand in den zwei Jahrzehnten nach dem Weltkrieg die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln noch im Vordergrund, so erfuhr die ästhetische Seite von Essen und Trinken mehr und mehr Beachtung. „Aus der Heimat schmeckt’s am besten“, die Deutsche Wein- und Sektstraße, „Appetit ahoi“ der Fischwirtschaft und immer mehr Blumen legten davon Zeugnis ab. Gleichzeitig verstärkte die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft ihre Bemühungen, den Absatz von Agrarprodukten zu fördern. Im engen Kontakt zu den Verbrauchern bot die Internationale Grüne Woche Berlin durch Fachinformationen und -beiträge Aufklärung über die Produktion und Veredlung landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Davon zeugen wechselnde Sonderschau-Themen wie „Vom Korn zum Brot“, „Vom Nutzen des Waldes“, „Gerste, Hopfen und Malz“, „Käse aus Deutschland“ bis hin zur „Extensiven Tierhaltung“.
Mit der Inbetriebnahme des Internationalen Congress Centrums Berlin (ICC Berlin), das durch ein Brückenbauwerk direkt mit dem Berliner Messegelände verbunden ist, stieg die Anzahl der Messe begleitenden Konferenzen auf über 250 Veranstaltungen bei jeder Grünen Woche an. Weitere Bereicherung erfuhr die Internationale Grüne Woche Berlin 1981 mit dem ersten Internationalen Forum Agrarpolitik, 1982 mit den ersten „Frische Foren“ für empfindliche Agrarprodukte, 1984 mit der ersten MultiServa für Gemeinschaftsverpflegungen und 1986 mit der ersten „Bundesschau Fleischrinder“, später gefolgt von „Schafen“ und „Kaltblutpferden“.
Blütezeit nach der Wende
Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl versprach mit der Grenzöffnung 1990 den neuen Bundesbürgern „blühende Landschaften“. Wie wir heute wissen, hatte er den Mund zu voll genommen. Doch insgesamt – nach nun über 30 Jahren Wiedervereinigung – geht es allen Bundesbürgern deutlich besser. Auch für die Internationale Grüne Woche begann 1990 eine neue Blütezeit. Nach der Vereinigung Deutschlands stand sie wieder allen Besuchern aus dem natürlichen Umland sowie aus den benachbarten Staaten Mittel- und Osteuropas offen. War zunächst aus Zeitgründen manches improvisiert, so demonstrierten ab 1991 auch äußerlich sichtbar die fünf neuen zusammen mit den alten Bundesländern in der ersten gesamtdeutschen Gemeinschaftsschau der Centralen Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) und der Bundesländer die Leistungsfähigkeit der Ernährungswirtschaft.
Neu in das Programm aufgenommen – und das mit großem Erfolg – wurden seitdem die Produktmärkte für Bier, Milch, Fleisch/Wurst, Tee/Kräuter/Gewürze und Seafood mit internationaler Beteiligung. Den Grüne-Woche-Teilnehmern bot sich ein umfangreiches Rahmenprogramm mit inzwischen rund 300 Vorträgen, Seminaren und Symposien, darunter das Internationale Forum Agrarpolitik des Deutschen Bauernverbandes und das Ost-West-Agrarforum des Bundeslandwirtschaftsministeriums.
Mit der ersten FRUIT LOGISTICA 1993 (seit 2004 findet die weltweite Leitmesse für den internationalen Fruchthandel zeitlich getrennt von der Grünen Woche statt), der Landmaschinenschau und der MultiServa als Fachveranstaltungen sowie der Heim-Tier & Pflanze (seit 1996 in die Grüne Woche integriert) und dem BioMarkt 1998 bekam die traditionsreiche Messe unter dem Funkturm neue attraktive Programmpunkte.
Zukunftsthemen
Mit dem abgeschlossenen Erweiterungsbau des Berliner Messegeländes auf 160.000 Quadratmeter im Jahr 1999 konnte der landwirtschaftliche Bereich der Grünen Woche um die Segmente „Tierzucht“ und „Nachwachsende Rohstoffe“ erweitert werden. Mit dem neuen Millennium wurde die Grüne Woche konzeptionell durch zukunftsorientierte Themen wie „Grünes Geld“ und „Erneuerbare Energien“ ergänzt. Der ErlebnisBauernhof startete seine Erfolgsgeschichte und zeigt seit dem Jahr 2000, wie moderne Landwirtschaft funktioniert. Zukunftsorientierte Themen wie „Multitalent Holz“ und „nature.tec“ – Fachschau für Bioenergie und nachwachsende Rohstoffe – bereicherten die Grüne Woche 2008. Die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE) und der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) präsentierten sich 2008 erstmals unter dem Motto „Power fürs Leben – Essen und Bewegen“.
Die Besucher konnten auf der IGW 2012 ihre Genusstour durch deutsche Lande erstmals auf einer „Deutschlandtour“ erleben. Die bisherige Länderhalle Deutschland (Halle 20) wurde durch sieben aufeinander folgende Messehallen aufgewertet. Die regionalen Spezialitäten von der Küste bis zu den Alpen werden seitdem noch authentischer als bisher präsentiert. Insgesamt 14 Bundesländer stellten Nahrungs- und Genussmittel aus den jeweiligen Regionen Deutschlands vor. Wird fortgesetzt.
Ein Gedanke zu „Wendezeit der Grünen Woche“
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