Caravaning

Ob Wohnmobil oder Wohnwagen – die Nachfrage scheint immer noch sehr hoch zu sein. Jedenfalls strömten bei der ersten Tourismus- und Caravaning-Messe am letzten Wochenende 80.000 Besucher in die Stuttgarter Messehallen. Doch leider gibt es viele Wermutstropfen, wie luckx – das magazin erfuhr.

Volle Messehallen

Die Messe CMT in Stuttgart zeigt den hohen Wunsch der Deutschen nach Urlaub, Reisen und Freizeitfahrzeugen. Doch das Bild muss differenzierter betrachtet werden. Reisen ja und immer mehr. Auch Camping ist angesagt. Doch der Run auf Freizeitfahrzeuge hält sich in Grenzen. Nicht nur die gestiegenen Kraftstoffpreise, sondern insbesondere die exorbitant erhöhten Fahrzeugpreise machen es den Interessenten schwer, sich für ein Wohnmobil oder Wohnwagen zu entscheiden. Auch die Folgekosten wie Campingplatz mit bis zu 70 Euro pro Tag lassen Reisende dann doch eher auf eine Pauschalreise ausweichen, als sich mit dem Wohnmobil über deutsche Autobahnen zu quälen. Camping ist eben nicht für jeden geeignet.

Das zeigen auch manche Äußerung in Foren. So werden Neukäufe erst einmal verschoben und es ist absehbar, dass nach dem kommenden Sommerurlaub viele Fahrzeuge auf dem Gebrauchtmarkt angeboten werden. Nun meldet die Caravaningindustrie für 2022 einen neuen Umsatzrekord mit Neu- und Gebrauchtfahrzeugen sowie Zubehör insgesamt über 14 Milliarden Euro. Das ist zwar nur ein leichtes Plus von 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Neuwagenproduktion setzte 7,5 Milliarden (+ 0,7 Prozent) um. Ebenfalls im Plus waren das Gebrauchtwagen- (5,2 Milliarden Euro) und Zubehörgeschäft (1,3 Milliarden Euro). Steigende Material- und Energieausgaben hatten sich branchenübergreifend in höheren Kosten widergespiegelt.

Insgesamt konnten aber rund 14 Prozent weniger in den Markt gebracht werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Fahrzeugpreise deutlich gestiegen sind. Ein Blick auf die Preistafeln an den Fahrzeugen bestätigt dies dann auch. Kostete ein Wohnmobil im August 2020 noch 80.000,- Euro, so werden für das gleiche Fahrzeug – bei geringerer Qualität – heute in Stuttgart 107.000,- Euro aufgerufen. Wir von luckx – das magazin haben einen sehr guten Marktüberblick und können sowohl die Preissituation, die Verarbeitung als auch die verwendeten Bauteile sehr gut einschätzen.

Steigende Kosten

Sicherlich, die Kosten sind durch die Corona-Pandemie (herzlichen Dank an China!), die Energiekrise, dem Ukraine-Krieg als auch die Zinssteigerungen überdeutlich gestiegen. Gebrochene Lieferketten wurden und werden weiterhin als Argument angeführt. Doch hier hat sich seit Monaten sehr viel geändert und ist auf ein „Normalmaß“ wieder reduziert. So kostet der Containertransport von China nicht mehr 20.000,- Euro wie vor einem Jahr, sondern ist wieder auf 1.700 bis 2.000,- Euro pro Container gesunken. Auch die Versorgung mit Chips ist deutlich entspannter. So musste der weltweite koreanische Lieferant von Chips schon reduzieren, weil die Abnahme deutliche gesunken ist. Aber es gibt natürlich nicht nur Chips, die Produktionshemmnisse darstellen. So fehlen Grundfahrzeuge und insbesondere Fahrgestelle des Hauptlieferanten Fiat. Dort gibt es weiterhin technische Probleme, wie aus Informationen von Marktkennern zu erfahren war. Das bedeutet dann leider auch, dass Wohnmobilhersteller aktuell bzw. in Kürze die Produktion trotz voller Auftragsbücher unterbrechen müssen.

Fahrzeugverkauf

Das Geschäft mit neuen Reisemobilen und Caravans machte auch 2022 den größten Anteil des Jahresumsatzes aus. 7,5 Milliarden Euro bedeuten ein neues Allzeithoch von 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mit der Produktion neuer Reisemobile setzte die Branche 6,2 Milliarden Euro um und lag damit rund 2 Prozent unter dem Wert aus 2021 – trotz voller Auftragsbücher und hoher Kundennachfrage. Der Handel mit Fahrzeugen aus zweiter Hand meldete einen leichten Zuwachs von 0,1 Prozent und betrug circa 5,2 Milliarden Euro. Parallel zum Neuwagenmarkt konnte das Angebotsvolumen an Gebrauchtfahrzeugen die große Nachfrage nicht komplett abdecken.

Seit November 2022 auf der Caravan- und Touristik-Messe in Leipzig scheint die Versorgung mit Neufahrzeugen wieder in Schwung zu kommen. Denn an den Windschutzscheiben der Verkaufsfahrzeuge war von sofortiger Verfügbarkeit die Rede. Wer dann auf die Händlerhöfe schaut, kann aus einer Vielzahl von sofort verfügbarer Fahrzeuge wählen.

Zwar konnten in Stuttgart schon wieder Zugaben beim Fahrzeugerwerb gesehen werden. Doch ob es im Frühjahr dann zu Preiszugeständnissen kommt, ist offen. Wenn aber weiterhin die Inflation anhält, die Kaufzurückhaltung der Kunden sich fortsetzt und „ein normales Leben“ ohne Maskenbeschränkungen möglich sein wird, werden Urlauber sich wieder auf die bequeme Pauschalreise einlassen. Angeboten wurde in den Stuttgarter Messehallen sehr viel.

Caravaning ist – noch – nicht Tod

Das Reisen mit Wohnmobil und Wohnwagen ist wohl eines der schönsten Urlaubsformen, die es gibt. Wer es mag. Denn diese Reiseform bedarf immer der Arbeit – auch im Urlaub. Zwar lässt sich fast immer an den schönsten Stränden und Bergen dieser Welt anhalten, picknicken oder auch übernachten. Doch es muss die Versorgung mit Energie und Wasser, Entsorgung von Abwasser und Fäkalien als auch kleinere Reparaturen und diverses anderes erledigt werden. Und natürlich: Das Fahrzeug muss bewegt werden. Das ist nicht jedermanns und jederfraus Sache mit bis zu sieben Meter fünfzig und drei Komma fünf Tonnen über die Autobahn, durch Bergtäler und über Alpenpässe, durch enge Gassen und knappe Stellplätze zu jonglieren. Doch wer einmal – nur einmal genügt – am Strand im Griechenland allein gestanden hat, kommt nicht mehr davon los.