Schon seit langem versuchen Hotels umweltgerechter zu werden. Manche Dinge dienen eher der Kostenreduzierung wie zum Beispiel die Mehrtagesnutzung von Handtüchern. Doch eigentlich müssen auch die Zertifizierungskriterien der Hotelkategorien geändert werden. So sind immer noch verpackte Butterstückchen auf dem Büfett oder kleine Shampoonfläschen im Bad für bestimmte Hotelsterne vorgeschrieben. Manche Hotelmanager müssen dann beide Verpackungsformen anbieten, um ihren eigenen Umweltkriterien gerecht zu werden. So gelangen immer noch 310 Millionen Tonnen Plastikmüll werden weltweit jedes Jahr erzeugt. Jede Minute gelangt eine LKW-Ladung Plastikmüll in die Weltmeere. Die Tourismusbranche ist gleichzeitig Leittragender und Verursacher des Müllproblems. Denn mit den Reisenden kommt die Plastikflut. Während der sommerlichen Hochsaison steigt etwa die Kunststoffmüllbelastung des Mittelmeeres und seiner Strände um 30 Prozent an. Eine aktuelle Studie des WWF Deutschland zeigt wirkungsvolle Maßnahmen, mit denen sich die Abfallmengen von Kunststoff im Hotelbetrieb vermeiden lassen.
Intakte Umwelt wichtig
Gerade die Tourismusbranche ist abhängig von einer intakten Umwelt. Deshalb muss sie sich verstärkt um einen umweltverträglichen Tourismus bemühen. Vermeiden, Wiederverwenden und Recyceln heißt kurz gefasst die Formel für eine praktikable, umfassende und effektive Strategie zur Vermeidung von Plastikmüll. Zu den wirksamsten Stellschrauben zählen eine Abfallinventur aller verbrauchten Einwegprodukte und Verpackungen, das Einsparen von Einwegverpackungen und Produkten sowohl im Beschaffungsprozess als auch im Hotelbetrieb, Trinkwasserspender oder Wasseraufbereitung anstelle von Plastikflaschen, sowie eine Mülltrennung, die ein optimales Recycling im Rahmen der regionalen Infrastruktur ermöglich. Der WWF appelliert auch dafür, Allianzen zu suchen. Im Schulterschluss mit gleichgesinnten Hotels, Reiseveranstaltern und Interessenvertretern in der Region können die kommunale Abfallinfrastruktur beeinflusst sowie das Angebot der Lieferanten verbessert werden.
Zudem sollten Hoteliers Mitarbeiter und Gäste über die Bemühungen zur Plastikvermeidung aufklären und einbinden. Denn auch die Erwartungen der Touristen können Hindernisse darstellen, etwa wenn portionierte Butter oder Marmelade als besonders hygienisch oder bereitgestellte Shampoofläschchen am Waschbecken als luxuriös empfunden werden. In Erinnerung der Gäste sollten eher saubere Strände und gesunde Meere bleiben. In eine Sackgasse führe außerdem das Vorgehen vieler Hotels, Einwegplastik durch Wegwerfprodukte aus anderen Materialien zu ersetzen. So haben Einwegprodukte aus Holz oder Papier haben nicht per se eine bessere Ökobilanz und verringern nicht das Müllaufkommen. Biokunststoffe lassen sich im Normalbetrieb nicht immer recyclen, werden in Kompostwerken oft aussortiert und landen dann in der Verbrennung oder Deponie. Am wirksamsten sind Vermeidung und Mehrwegalternativen.
Zertifizierung?
Viele Zertifizierungsprogramme für nachhaltigen Tourismus lassen das Thema Plastikvermeidung außen vor bzw. behandeln es zu unspezifisch. Der Bericht bietet deshalb Maßnahmen zur Vermeidung von Plastikmüll, die als Mindestanforderungen in keinem Kriterienkatalog fehlen sollten.
Für einen exemplarischen Praxis-Check befragte der WWF 13 kleine und große Hotels in Griechenland, Italien, Frankreich und Spanien. Es stellt sich heraus, dass der Hotelsektor durchaus zum Handeln bereit ist. Im alltäglichen Betrieb werden vor allem die Punkte Mülltrennung und Einkauf im Mehrweggebinden bereits umgesetzt. Zwei der zehn identifizierten Maßnahmen haben in der kleinen Stichprobe damit den Umsetzungsgrad grün. In anderen Themenfeldern kämpfen die Hotels noch mit der Umsetzung. Hohe Kosten etwa für Wasseraufbereitungsanlagen, unzureichende Angebote und fehlende Lieferanten, festgefahrene Gästeerwartungen, mangelnde Kenntnisse über umweltfreundliche Alternativen und die Lücken im Abfallmanagement der Urlaubsregion zählen zu den Hindernissen.
Die Lösung liegt im Zusammenspiel: Die Formel „Reduce – reuse- recycle“ sollte nach WWF Empfehlung in der politischen Gesetzgebung genauso zugrunde gelegt werden wie im täglichen Handeln von Tourismusbetrieben, Lieferanten, Abfallentsorgern vor Ort, Zertifizierungssystemen und Touristen.