Schubverstärkung

Vor rund 60 Jahre kam der erste Akku-Schrauber auf den Markt. Langes Strippen ziehen hatte sich damit erledigt. Und: wo es keinen Stromanschluss gab, konnten Schrauben maschinell schneller verarbeitet werden. Heute darf der Akku-Schrauber weder auf Baustellen noch im Heimwerkerkeller fehlen. So wurden nach und nach immer mehr Handgeräte mit einem Akku ausgestattet und unterstützen Handwerker bei der Arbeit. Doch damit ist es nicht getan. Auch im Freizeitbereich hält die mobile Stromversorgung ihren Einzug. Ob Tretroller oder Fahrrad, immer mehr Mitmenschen nutzen die Unterstützung durch akkubetriebene Fahrgeräte. Das wirkt sich auch auf den Verkauf von Zweirädern aus. 2019 wurden über 1,36 Million E-Bikes in Deutschland verkauft. Die Wachstumskurve für das elektrifizierte Rad zeigt also weiterhin nach oben. Experten rechnen damit, dass diese Erfolgsgeschichte in den nächsten Jahren noch weiter gehen wird – die Rahmenbedingungen sich aber ändern müssen.

Steigender Marktanteil

Der Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV) geht davon aus, dass der Marktanteil von E-Bikes mittelfristig statt bei prognostizierten 35 Prozent auf 40 bis 50 Prozent einpendeln könnte. Das wären in Stückzahlen ca. zwei Millionen verkaufte Elektroräder in Deutschland pro Jahr. Die Verantwortlichen bei Bosch sprechen ebenfalls davon, dass in Deutschland bald jedes zweite verkaufte Rad einen Elektroantrieb haben könnte.

Mittelfristig ist eine Stagnation des E-Bike-Marktes nicht in Sicht. Kurzfristig wird sogar ein weiteres sehr dynamisches Wachstum erwartet. Die Antriebsanbieter schauen deshalb zuversichtlich in die Zukunft – gerade weil das Thema in anderen europäischen Ländern erst an Fahrt aufnimmt.

Mittlerweile gibt es so gut wie kein Radsegment, in dem E-Motoren keine Rolle spielen. Der Erfolg von Cargobikes wäre ohne Motor wohl kaum vorstellbar. Die Ausweitung auf immer neue Einsatzgebiete und damit auch Zielgruppen hilft, das Thema Fahrrad medial am Kochen zu halten und das E-Bike noch stärker als eine Antwort auf aktuelle Probleme wie Luftverschmutzung, Platzmangel und verstopfte Straßen zu etablieren. Der weitere Erfolgsweg basiert deshalb auf einer Verbesserung der Rahmenbedingungen.

Für einen dauerhaften Erfolg von E-Bikes wird eine zeitgemäße Fahrradpolitik und vor allem auch eine intelligente Fahrradinfrastruktur benötigt. Dazu gehören flächendeckend breitere Radwege, Ladestationen und diebstahlsichere Abstellmöglichkeiten. Erst so kann sich das Mobilitätskonzept E-Bike in der Art durchsetzen, dass es eine Verkehrswende ermöglicht.

Das Produkt E-Bike scheint dabei auf den ersten Blick zwar ausgereift, aber für die Zukunft schlummert gerade bei der Konnektivität noch viel Potenzial – das aber jetzt erkannt wird. So bietet beispielsweise E-Bike-Hersteller Riese & Müller einen speziellen Chip an seiner E-Rad-Flotte an, der einerseits als Hilfe beim Diebstahl dient, andererseits in Zukunft auch Software-Updates durchführt oder bei einem Sturz Notfallmeldungen über das Smartphone versendet.

Neue Anbieter

Diese stetige Technisierung bringt wiederum neue Player in den Markt, die mit ihren Innovationen Änderungen anstoßen. Greyp aus Kroatien ist ein Beispiel. Das Team um Gründer Mate Rimac sieht sich nicht als Fahrradhersteller, sondern als digitaler Technologieführer. 22 der 70 Mitarbeiter sind IT-ler. Rimac widmet sich mit seinem Unternehmen Rimac Automobili eigentlich der Entwicklung von hochwertigen E-Autos. Das Thema E-Bike kam eher durch Zufall auf. Durch den Einsatz von technischen Entwicklungen aus dem Automobilbereich steht im Ergebnis ein E-Mountainbike, das durch seine digitale Technik und nicht durch seine Fahrradeigenschaften überrascht. Beispielsweise wird im Falle eines Diebstahls das gesamte Antriebssystem ausgeschaltet und kann nur mit dem Smartphone des Besitzers wieder gestartet werden. Außerdem verfügt das E-Bike über integrierte Kameras zum Filmen der Fahrt. Eine Übertragung per Livestream über diverse Social-Media-Kanäle soll bald möglich sein. Dafür ist ein eSIM-Chip verbaut, durch den das Bike ständig mit dem Internet verbunden ist. Über das Smartphone, das als Display fungiert, werden über eine Cloud Updates und Systemverbesserungen durchgeführt. Verkauft werden die E-Bikes übrigens über die Telekom als Anbieter der eSIM-Chips. Die Zukunft des E-Bikes beginnt.