Energiewende

Wie gelingt die Energiewende im Individualverkehr? Das ist die große, bisher unbeantwortete Frage. Mit Elektroantrieb, ergänzt durch Brennstoffzellentechnologie, wird aktuell der Versuch unternommen, das Ziel zu erreichen, die Emissionen im Straßenverkehr zu reduzieren. Doch welche Nebenwirkungen treten dabei auf? Bisher ist es wohl so, dass der erforderliche Strom zwar aus der Steckdose kommt, aber vor allem durch konventionelle Energieträger zur Verfügung gestellt wird. Aber die Speicherung (für E-Fahrzeuge) und Erzeugung von Wasserstoff (für die Brennstoffzelle) kann noch nicht vollumfänglich durch erneuerbare Energie bereitgestellt werden. U.a. fehlt es an Übertragungsleitungen und geeigneten Speichermedien. Für Letztere fehlt es an entsprechenden Rohstoffen in Europa wie Kupfer und seltene Erden. Die werden heute noch zum Teil unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen gewonnen. Was bleibt?

Abgasnachbehandlung

Um weiterhin den Individualverkehr zu erhalten und damit unser bisheriges Leben zu ermöglichen, ist die aktuelle Motorentechnik beim Emissionsverhalten zu optimieren. Worin bestehen die Herausforderungen bei der Abgasreinigung? Ein blick auf die Gesetzeslage zeigt die dramatischen Anforderungen an die Automobilbauer. So wurden zum Beispiel die Stickoxidemission für Dieselmotoren verschärft. Lag ihr Grenzwert in der Euro-3-Norm ab dem Jahr 2000 noch bei 500 mg/km, so gelten seit 2020 bei neuen Typzulassungen laut Euro 6d nur noch 80 mg/km als zulässig. Innerhalb von zwei Jahrzehnten ist das Limit auf weniger als ein Sechstel gesunken. Allein 56 Prozent der gesamten Verringerung brachte der Schritt von Euro 5 zu Euro 6. Am 1. Januar 2020 löste die Euro-6d-Norm die zuvor gültigen Euro-6d-TEMP-Grenzwerte bei neu homologierten Modellen ab. Ab 1. Januar 2021 müssen dann alle erstmals zugelassenen Neufahrzeuge die neuen Bedingungen erfüllen. Dabei gelten auch die strengen Vorgaben des RDE-Prüfverfahrens (Real Driving Emissions), das auf die Emissionen im realen Verkehrsalltag abzielt. Stickoxide – auch nach ihrem chemischen Kürzel NOx genannt – entstehen, wenn Stickstoff aus der Luft beim Verbrennungsvorgang mit Sauerstoff reagiert. Der Stickoxidanteil ist beim Dieselmotor besonders hoch, da diese Aggregate prinzipbedingt mit einem Luftüberschuss arbeiten.

Two SCR catalytic converters work together here: One is located directly behind the engine and the other is installed in the vehicle floor. They cover different operating situations and complement each other’s effects.

Mit steigenden Anforderungen durch strengere Abgasnormen müssen die Ingenieure den Wirkungsgrad der Abgasreinigung verbessern. Im Falle der Abgasnachbehandlung erfordert dies unter anderem größere Bauvolumina der Katalysatoren. Audi ist mit der aktuellen Neuentwicklung für den V6 TDI eine kompakte Kombination aller Technologien gelungen. Die außen an den beiden Zylinderbankseiten liegenden Abgasstränge strömen hinter dem Motor vor der Stirnwand zum Innenraum zusammen. Dort ist der Abgasturbolader angeordnet. Direkt dahinter folgt in der Abgasanlage ein Oxidationskatalysator, genannt NSC. Der Name steht für NOx Storage Catalyst, also Stickoxid-Speicherkatalysator. Daran schließt sich unmittelbar ein SCR-beschichteter Dieselpartikelfilter an (SDPF). Die Abkürzung SCR steht für Selective Catalytic Reduction. Weiter hinten im Abgasstrang unter dem Fahrzeugunterboden ist der zweite SCR-Katalysator untergebracht.

Wie funktioniert die mehrstufige Abgasreinigung?

Der motornahe Oxidationskatalysator (NSC) kann Stickoxide zwischenspeichern, bis er regeneriert wird. Dieser Katalysator entfaltet seine Wirkung schon bei niedrigen Motorbetriebstemperaturen, beispielsweise nach dem Kaltstart. Diese Regeneration erfolgt per kurzzeitiger Gemischanreicherung durch die Motorsteuerung. Außer der Speicherung und anschließenden Neutralisierung der Stickoxide oxidiert er so unverbrannte Kohlenwasserstoffe sowie Kohlenmonoxid zu Kohlendioxid und Wasserdampf. Dabei nutzt er die Sauerstoffmoleküle der zwischengespeicherten NOx.

Ein weiterer Schritt zur Verringerung von Stickoxiden erfolgt durch die Einleitung des zusätzlichen Additiv-Stoffes AdBlue. Da diese wässrige Harnstofflösung an zwei Stellen, an denen unterschiedliche Temperaturen herrschen, über je ein Dosiermodul in die Abgasanlage eindosiert wird, heißt das Gesamtsystem Twindosing. In der Abgasanlage erfolgt dann der chemische Prozess der Harnstoff-Thermolyse. Er wandelt das Additiv AdBlue zu Ammoniak um. Dieses reagiert auf dem motornahen SCR-beschichteten Dieselpartikelfilter (SDPF) und am zweiten SCR-Katalysator, der sich weiter hinten in der Abgasanlage befindet, mit den noch nicht umgewandelten Stickoxiden. Dabei entstehen Wasser sowie elementarer Stickstoff, der rund vier Fünftel unserer Erdatmosphäre ausmacht.

Welchen Nutzen bringt ein Twindosing-System?

Die doppelte Eindosierung der wässrigen Harnstofflösung AdBlue ist besonders effektiv. Sie nutzt die unterschiedlichen Bedingungen in verschiedenen Bereichen der Abgasanlage, um angepasst an die diversen Betriebssituationen die Wirksamkeit des Gesamtsystems zu steigern. Auf diese Weise gelingt es, über einen breiten Temperatur- und Betriebsbereich mehr als 90 Prozent der Stickoxide umzuwandeln. Damit trägt das Twindosing entscheidend dazu bei, die NOx-Emissionsgrenzwerte zu erfüllen. Fährt der Fahrer längere Zeit mit hoher Last, etwa auf der Autobahn oder im Anhängerbetrieb, steigen die Abgastemperaturen am motornahen SDPF deutlich an. Dadurch sinken dessen Stickoxid-Umwandlungsraten. Das ist dann die Bühne für die zweite Eindosierung von AdBlue vor dem zweiten aktiven SCR-Katalysator. Er ist wesentlich weiter hinten im Fahrzeugunterboden auf einem niedrigeren Temperaturniveau. So kann das Gesamtsystem über einen weiten Bereich hohe Umwandlungsraten realisieren.