Nur in besonderen Situationen gibt es dieses Antidepressivum auf Krankenschein. Gemeint ist die sportliche Betätigung. Dabei müsste gerade aufgrund der heilsamen Wirkung von Bewegung für die psychische Gesundheit die tägliche Sporteinheit verschrieben werden. Luckx – das magazin hat recherchiert, wie das „Medikament Sport“ wirkt.
Unbesiegbar
Nach einem anstrengenden Lauf, einer wunderschönen Bergtour oder auch einem entspannten Spaziergang kann so ein richtiges Hochgefühl eintreten. Man fühlt sich unbesiegbar, selbstbewusst und allen Herausforderungen gewachsen. Dieses Gefühl täuscht uns nicht; dass Bewegung körperlich und psychisch guttut, ist uns genetisch einprogrammiert. „Der Körper ist darauf ausgelegt, sich zu bewegen“, erklärt Dr. Karsten Wolf, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. „Einst bewegte sich der Homo sapiens zig Kilometer an einem Tag fort.“
Von der Bewegungsaktivität der frühen Menschen ist in modernen industrialisierten Gesellschaften wenig geblieben: Den größten Teil unserer Wege legen wir mit dem Auto oder öffentlichen Transportmitteln zurück. Das Arbeitsleben verlangt zudem überwiegend mentale Anstrengungen, anstatt muskuläre Leistungen, die darüber hinaus größtenteils im Sitzen ausgeführt werden. „Dieser Bewegungsmangel ist fatal: Er ist ein Nährboden für Stress und kann Stressfolgeerkrankungen begünstigen“, betont Dr. Karsten Wolf. „Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass Sport sowohl Prävention als auch wirksames Mittel zur Therapie akuter Krankheiten ist.“
Sport ist antidepressiv wirksam
Die positive Wirkung von Sport auf die psychische und seelische Gesundheit lässt sich medizinisch erklären: Durch die gesteigerte Durchblutung und die dadurch verbesserte Sauerstoffversorgung des Körpers werden Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol abgebaut. „Sport erhöht zudem die Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin und Dopamin“, erklärt Dr. Karsten Wolf. „Diese sind für ihre stimmungsaufhellende und ermüdungshemmende Wirkung bekannt, wirken also positiv auf unsere Psyche.“
Neben diesen allgemeinen Effekten ist Sport auch bei der Behandlung von Depressionen ausgesprochen wirksam. Die Wirkung zeigt sich unter anderem in einem Anstieg des Wachstumsfaktors BDNF (Brain-derived neurotrophic factor), der vor allem im Hippocampus gebildet wird. Bei Menschen mit Burnout und Depressionen ist dieser stark vermindert, weshalb einige Antidepressiva mitunter zu einem Anstieg beitragen. Körperliche Anstrengung, besonders Ausdauersport, hat denselben Effekt: der Serumspiegel an BDNF steigt an. Dieser Mechanismus sorgt neben anderen Faktoren für den stimmungsaufhellenden Effekt von Sport, liefert aber auch eine Erklärung für den präventiven Schutz vor neurodegenerativen Erkrankungen und Demenz. Patienten, bei denen eine depressive Erkrankung auch mit Sport behandelt wird, haben zudem eine geringere Rückfallquote.
Sport tut gut
Es ist also eine einfache Rechnung: Wer körperlich aktiv ist und Sport treibt, fühlt sich besser. Geschieht dies draußen in der Natur, ist der positive Effekt auf das Wohlbefinden sogar noch größer. So bringt Bewegung draußen besonders viel. Denn in der Natur ist für und Menschen evolutionär bedingt die Bewegung am nächsten zu unserem Ursprung. So können Menschen in der Natur besonders gut abschalten und regenerieren. Hilfreich sind Lichtwechsel, Temperaturschwankungen, Windgeräusche und Gerüche. Gerade diese mikroklimatischen Veränderungen sind die Grundlagen des Heilklimas. In unseren deutschen heilklimatischen Kurorten werden diese Prinzipien schon seit vielen Jahren mit großem Erfolg angewandt.
Dabei spielt auch der Faktor Licht eine wichtige Rolle: Helles Licht und Sonnenstrahlen haben einen positiven Einfluss auf unsere Stimmung. Bei Lichtmangel bildet unser Körper vermehrt das Schlafhormon Melatonin aus, und weniger das Wachhormon Serotonin – in der Folge zeigt sich zum Beispiel Antriebslosigkeit.
Das sporttherapeutische Training im Rahmen von psychotherapeutischen Behandlungen zielt neben den medizinischen und körperlichen Effekten auch auf die Steigerung des Selbstbewusstseins und des Selbstwertgefühls der Patienten ab. Hierzu trägt auch das Gemeinschaftsgefühl innerhalb von kleinen und größeren Gruppen bei. Als soziales Wesen ist für uns Menschen die Gemeinschaft mit anderen immanent wichtig. Gruppendynamische Prozesse sorgen für Glücksgefühle und sind daher auch ein Therapieansatz zum Beispiel bei den Heilklimatischen Wanderungen.