Die Sicherheit von elektrischen Anlagen stellt weltweit ein großes Risiko dar. Zwar können wir in Deutschland auf einen größeren Sicherheitsstandard zurückschauen. Doch immer noch befinden sich in älteren Gebäude Elektroinstallationen, die den heutigen Mindestanforderungen nicht mehr genügen. Weil nun der Bedarf an elektrischer Energie immer weiter wächst, sind neue Regelungen erforderlich, wie luckx – das magazin recherchierte.
Elektrische Anlagen
Im Rahmen seiner Stellungnahme zur Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie (EPBD) sprach sich das Europäische Parlament dafür aus, die elektrische Anlage künftig zu den gebäudetechnischen Systemen zu zählen. Damit erkennt es die Bedeutung der elektrischen Anlage für ein klimaneutrales, energieeffizientes Gebäude an. Das hat entsprechende Auswirkungen. So wurde auch der Begriff „Gebäudetechnische Systeme“ neu definiert und um die elektrische Anlage erweitert. Das Europäische Parlament, das dem Bericht des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) zur dritten Novelle der EPBD zustimmte, bestätigt damit den Standpunkt des Zentralverbandes der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH), der die elektrische Anlage als integralen Baustein für eine erfolgreiche Energiewende und als Herzstück eines energieeffizienten Gebäudes betrachtet.
„Die Elektrische Anlage bildet das Rückgrat der Energieversorgung im Gebäude. Mit wachsender Elektrifizierung über Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen), Wärmepumpen, und Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge gilt das mehr denn je. Ohne Modernisierung der elektrischen Anlage wird jedoch die Sektorkopplung im Gebäude behindert“, warnt ZVEH-Hauptgeschäftsführer Alexander Neuhäuser. Die elektrohandwerkliche Organisation hatte daher gegenüber der deutschen Politik – und parallel dazu auf europäischer Ebene über das elektrohandwerkliche Netzwerk EuropeOn – in den vergangenen Jahren immer wieder mit Nachdruck Maßnahmen zur Ertüchtigung der elektrischen Anlagen in Bestandsgebäuden angemahnt. Umso erfreuter zeigt sich Neuhäuser von der Überarbeitung der Richtlinie: „Wir begrüßen, dass die Schlüsselfunktion der elektrischen Anlage jetzt ein Stück weit anerkannt wird.“
Klimaneutral
Hintergrund für die Überarbeitung der EPBD ist, dass der Energieverbrauch im Gebäudebereich innerhalb der Europäischen Union (EU) bis 2030 deutlich gesenkt und eine Reduktion der Treibhausgasemissionen erreicht werden soll. 2050 soll der Gebäudebestand in den 27 Mitgliedstaaten dann sogar klimaneutral sein. Um diese Ziele zu erreichen, hatte die Europäische Kommission bereits im Dezember 2021 eine Überarbeitung der bestehenden EPBD vorgelegt. Sie ist Teil des klimapolitischen Großprojekts „Fit for 55“, mit dem die gesamte EU-Gesetzgebung in Energie- und Klimafragen neu aufgestellt werden soll. Die novellierte Richtlinie sieht unter anderem neue Energieeffizienzstandards für Gebäude sowie eine Steigerung der Renovierungsquote vor.
Elektroanlage nicht energiewendefähig
Die elektrische Anlage ist mit der Umstellung auf Erneuerbare Energien und dem damit verbundenen PV-, Wärmepumpen- und E-Mobilitäts-Hochlauf enormen Belastungen ausgesetzt. Belastungen, auf die der Gebäudebestand hierzulande nicht ausreichend vorbereitet ist. So sind – darauf weist die e-handwerkliche Organisation regelmäßig hin – aktuell 70 Prozent des Gebäudebestands in Deutschland mit ineffizienten, veralteten und nicht energiewendefähigen elektrischen Anlagen ausgestattet. Laut einer vom ZVEH durchgeführten Umfrage aus dem Frühjahr 2021 waren vor zwei Jahren noch in mehr als 40 Prozent der Gebäude zu wenig Stromkreise für die künftigen Herausforderungen vorhanden. 34,6 Prozent der Gebäude waren zudem mit veralteten Zählerplätzen ausgestattet; bei der Hälfte der Gebäude fehlte darüber hinaus eine Breitbandverkabelung – auch das ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche, für die Energiewende unabdingbare Digitalisierung und Elektrifizierung im Gebäudebereich.
„Digitale Gebäude können wesentlich zur Energiewende beitragen und die Lebensqualität durch Sicherheit und Service erhöhen. Dies muss die elektrische Infrastruktur jedoch leisten können, zumal die Sektorkopplung in den Gebäuden im Wesentlichen über Stromanwendungen umgesetzt werden wird“, so Alexander Neuhäuser. Der ZVEH-Hauptgeschäftsführer weist außerdem daraufhin, dass aktuelle Kernthemen wie PV, Speicher, Wärmepumpe und Ladepunkte auch gemanagt werden müssen und fordert daher einen ganzheitlichen Blick auf die Gebäudetechnik. Gleichzeitig gelte es seiner Ansicht nach, Investitionshürden schnell abzubauen. „Denn“, so Neuhäuser, „obwohl mittlerweile erkannt wurde, dass eine moderne elektro- und informationstechnische Gebäudeausstattung notwendig ist, um innovative Energiewende-Technologien nachhaltig nutzen zu können, fehlt es derzeit an niedrigschwelligen Förderprogrammen für eine Sanierung der elektrischen Anlage.“